Sie haben mich verkauft
kniete sich hinter mich und stieß dann mit aller Härte gegen mich. Ich spürte den Schmerz tief in mir und biss die Zähne zusammen. Er sagte nichts, während er heftig atmete; er keuchte wie ein Tier und stank auch so. Hinterher stützte er sich auf einen Ellenbogen und sah auf mich herab.
»Danke.«
Ich fühlte, wie er mich auf die Stirn küsste, dann stand er auf und verließ den Raum. Schweigend kam ich hoch und ging ins Badezimmer. Unter der Dusche stellte ich den Regler auf »Kalt« und fing an, meine Haut zu schrubben. Am liebsten hätte ich sie mir heruntergerissen, sie von meinem Körper gezogen, denn ganz gleich, wie intensiv ich mich wusch, ich wusste, ich würde nie mehr sauber werden. Ich sah an mir herunter und entdeckte rote Flecken auf meiner Haut und die ersten Spuren von Blutergüssen an den Stellen, an denen der Mann mich festgehalten hatte. Mein Unterleib schmerzte, woer mit Gewalt in mich eingedrungen war. Doch den Schmerz nahm ich kaum wahr, als ich in Gedanken noch einmal durchlebte, was passiert war – seine Hände, seine Haare, seine Lippen. Es war genau wie immer. Was war ich doch dumm gewesen, als ich geglaubt hatte, ich hätte dieses Leben hinter mir gelassen, sobald Sergej ins Gefängnis kam. Jetzt wusste ich, es würde immer so weitergehen.
KAPITEL 18
E s fällt mir schwer, mich an die Gesichter all der Männer zu erinnern, durch deren Hände wir gingen, als wir verkauft wurden. Im Gedächtnis geblieben sind mir dagegen einzelne Gesprächsfetzen. So weiß ich zum Beispiel noch, dass der mit den grauen Haaren, der mich vergewaltigt hatte, uns am Tag darauf an zwei andere Männer verkaufte. Diese beiden brachten uns zum Bahnhof.
»Kann ich jetzt meinen Pass und meine Fotoalben wiederhaben?«, fragte ich den einen. Ich hatte gesehen, wie der mit den grauen Haaren meinen schlichten kleinen Koffer übergeben hatte.
»Nein«, antwortete er. »Das ist zu unserer Sicherheit, damit du nicht wegläufst. Wir haben nämlich deine Adresse und kennen die Namen deiner Kinder. Umbringen können wir dich nicht, weil wir dich verkaufen müssen, aber wir können deine Kinder bestrafen. Kapiert?«
In dem Augenblick krampfte sich mir das Herz zusammen. Was ich mir auch immer erhofft haben mochte, ich wusste jetzt, dass ich nie und nimmer würde weglaufen können, und zwar aus Angst vor dem, was sie womöglich meinen Kindern antun würden. Die Furcht ist wie ein Käfig, der einen hinter unsichtbaren Gittern gefangen hält; und obwohl ich auf dem Bahnhof wie an jedem ganz gewöhnlichen Tag von ganz gewöhnlichen Menschen umgeben war, traute ich mich nicht, zu schreien oder wegzulaufen. Ich hatte einfach zu viel Angst. Es kam mir so vor, als hätte ich keinerlei Rechte mehr anmeinem eigenen Körper. Mein ganzes Leben lang hatten die Leute mit mir gemacht, was sie wollten, und jetzt war es wieder genau dasselbe.
Bald setzte man Anna-Maria und mich in einen Zug, und der Schaffner versteckte uns in seinem Dienstabteil, während wir über eine weitere Grenze fuhren. In der Dunkelheit und dem gleichmäßigen Rhythmus des fahrenden Zuges hatte der Mann Sex mit mir, und ich ließ es geschehen. Ich hatte keine Kraft mehr, mich zu wehren.
»Denk an deine Kinder«, flüsterte unentwegt die Stimme in mir.
Ich hatte keine Ahnung, woher wir kamen und wohin wir fuhren. Als der Zug endlich hielt, wurden wir abgeholt und in ein Hotel gebracht; ein weiterer Mann kam, um uns zu einem Haus zu fahren. Ich war fast erleichtert, als wir dort eintrafen. Es war ein einfaches, ländliches Haus, aber auf dem Fußboden lagen Teppiche, und eine alte Frau lächelte uns an. Da waren auch eine jüngere Frau, vielleicht die Schwester des Mannes oder seine Frau, und zwei kleine Kinder – ein Mädchen von etwa drei Jahren und ein Junge, der wie acht aussah.
Hier kann uns nichts Schlimmes passieren, das ist das Zuhause einer Familie, dachte ich, als er uns in ein Schlafzimmer führte und ich aus dem Fenster blickte und einen Garten mit gelben Blumen und Obstbäumen sah.
Aber als sich Anna-Maria später waschen ging, kam der Mann rein, schloss die Tür ab und zog sich die Hose aus.
»Nein«, sagte ich.
Ich wusste nicht, was für eine Sprache er sprach, aber das Wort versteht jeder.
»Nein, nein, nein«, sagte ich immer wieder, aber der Mann hörte mir gar nicht zu, als er mich aufs Bett stieß. Ich schrie, doch er legte mir einfach eine Hand auf den Mund. Es fühltesich an wie ein Messer in meinem Herzen, als ich an die
Weitere Kostenlose Bücher