Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sie haben mich verkauft

Sie haben mich verkauft

Titel: Sie haben mich verkauft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O Kalemi
Vom Netzwerk:
sah sein sorgenvolles Gesicht zu mir aufschauen, ehe er sich umdrehte und in diesen seltsamen neuen Ort namens Schule ging.
    Heute wäre Luda an der Reihe, und ich war nicht da, ihre eigene Mutter war nicht da. Es tat mir so leid für sie. Tränen rannen mir über das Gesicht, als ich so in dem Gebüsch saß.
    »Na komm«, sagte Ardy und stand auf. »Da ist unser Auto. Zeit, dass wir hier wegkommen.«

KAPITEL 23
    D rei Tage später sollte ich zum ersten Mal in einer Stadt namens Venezia Mestre arbeiten, einem Vorort des berühmten Venedig, von dem ich zu Hause nicht einmal etwas gehört hatte. Wir bewohnten ein Zimmer in einem kleinen, schäbigen Hotel, und Ardy sah mir zu, wie ich die Kleider anzog, die er für mich besorgt hatte – Hosen und eine kurze Lederjacke. Er hatte auch einen Minirock ausgesucht, aber den wollte ich nicht anziehen, denn dann sähe ich aus wie die Mädchen in amerikanischen Filmen. Die Jacke war in Größe 36. Ich hatte abgenommen; Sweta wäre zufrieden mit mir.
    »Aber wie soll ich denn mit den Männern reden?«, fragte ich.
    »Du brauchst bloß ein paar Sachen zu wissen«, sagte Ardy. » Mi chiamo Oxana heißt: Ich heiße Oxana, und io sono Russa bedeutet: Ich komme aus Russland. Ein Fick ist una scoppa , und es kostet die Kerle cinquanta milla lire ; blasen heißt boccino , und das kostet trenta milla . Wenn du keinen Arschfick willst, sagst du einfach no culo , und verpiss dich heißt vaffanculo .«
    »Aber was, wenn sie nicht bezahlen?«
    »Sieh einfach zu, dass du dir immer zuerst das Geld geben lässt. Schließlich hast du ja etwas, das die Kerle wollen.«
    »Was, wenn sie mich schlagen?«
    »Ich passe auf. Wenn du zu denen ins Auto steigst, fahre ich hinterher, und wenn du versuchst abzuhauen, werde ich da sein. Du bist nie allein, also wird dir auch keiner was tun.«
    Ardy hatte auf all meine Fragen eine Antwort. Es gab keinen Ausweg. Aber auch wenn ich Angst hatte, war ich doch innerlich merkwürdig ruhig, als ich mich zum Rausgehen fertig machte. Nur mein Körper erzählte die wahre Geschichte von dem, wie ich mich fühlte. Mir war kalt, ich war angespannt, kam mir vor wie ein Roboter. Ardy dagegen war fast aufgedreht, als werde er ein ganz bedeutender Mann, jetzt, da er eine Frau hatte, die für ihn anschaffen ging.
    Einer seiner Cousins, der in der Nähe wohnte, sollte uns fahren, und am Morgen hatte ich gehört, wie er Ardy erzählt hatte, dass er in knapp einem Jahr ein reicher Mann wäre, wenn ich nur gut arbeitete.
    »Wir machen halbe-halbe bei allem, was du verdienst«, sagte er mir immer wieder.
    Allzu große Hoffnungen hatte ich nicht. Er hatte mir nämlich auch gesagt, dass die elftausend Mark, die er für mich bezahlt hatte, Schulden seien, die ich mit meinem Lohn zurückzahlen müsse; ich hätte außerdem die Reise, die anteiligen Kosten für das Hotelzimmer, in dem wir wohnten, und das Geld zu zahlen, das er seinem Cousin für Benzin und seinen Zeitaufwand gab. Ich schätzte, es würde ziemlich lange dauern, ehe ich von dem Geld, das ich verdiente, etwas zu sehen bekam; erst mal würde alles draufgehen für die Schulden, die ich bei ihm hatte.
    Bald verließen wir das Hotel und fuhren zu einem langen Stück Schnellstraße, deren Seitenränder unbefestigt waren. Ein Stück weiter war eine Bar zu sehen. Mädchen standen an der Straße aufgereiht, aber ich sprach nicht mit ihnen.
    »Lass das eingeschaltet«, sagte Ardy und gab mir ein Handy.
    An dem Abend hatte ich keine Freier. Viele Autos fuhren vorbei, und manche hielten neben mir, und die Fahrer kurbelten das Fenster hinunter, um mich zu begutachten. Aber sie sahen die Angst in meinen Augen, wenn ich in dem gebrochenenItalienisch, das ich gerade erst gelernt hatte, flüsterte: »Wollen Sie ficken?«
    »Was, zum Teufel, machst du denn?«, schrie Ardy übers Handy, als wieder ein Auto wegfuhr. »So schaffst du keine Kohle ran, und dann muss ich dich weiterverkaufen, und dein nächster Boss wird bestimmt nicht so verständnisvoll sein wie ich.«
    Mir war kalt, als ich in der Dunkelheit stand und die Autoscheinwerfer vorbeihuschen sah. Wo wollten all diese Leute hin? Nach Hause zu ihren Familien? Was mochten sie denken, wenn sie mich am Straßenrand sahen? War ich nur eine von den Huren, die im Schatten standen, wo sie hingehörten?
    Neun Stunden stand ich da, ehe Ardy mich abholte, und fast lächelte ich in mich hinein, als wir ins Hotel zurückfuhren. Vielleicht würde er mich ja gehen lassen, wenn das wieder und

Weitere Kostenlose Bücher