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Sie haben sich aber gut gehalten!

Sie haben sich aber gut gehalten!

Titel: Sie haben sich aber gut gehalten! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilli Beck
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zweites Fläschchen, oder?»
    An jedem anderen Mütter-Bejubelungstag würde ich ihr zustimmen. Heute ist mir aber ganz und gar nicht danach. Obwohl ich mit Sicherheit Grund genug hätte, mich zu betrinken. Wer kann schon von sich behaupten, nach über zwanzig Jahren ein zweites Mal auf die Jugendliebe reingefallen zu sein? Wenn das kein Rekord ist. Und zwar ein ganz trauriger! Je länger ich darüber nachdenke, desto mieser geht es mir. Ich bin kurz davor, zu heulen und zu schreien und mit Gläsern zu werfen, das ganze Frust-Programm eben. Leider muss ich mich aus Rücksicht auf meine Familie zusammenreißen. Also verhalte ich mich gesittet, wie es sich für eine werdende Großmutter gehört, und nehme mir ein Beispiel an der werdenden Urgroßmutter. Die spricht nämlich den nächsten Toast aus.
    «Auf Marie, das Baby und eine schmerzfreie Geburt», erklärt Lotte, als ihr Glas wieder voll ist.
    Marie bedankt sich zaghaft lächelnd. «Hauptsache, es kommt gesund zur Welt.»
    «Na, wenn das kein Grund ist», findet Lotte, leert ihres in einem Zug und fordert Volker auf nachzuschenken.
    Nachdem auch ich ein zweites Glas Wein intus habe, bessert sich meine Laune. Erheblich. Ich nehme noch einen großen Schluck und beschließe, John und seine Gespielin noch vor dem Hauptgang zu begrüßen. Nüchtern betrachtet (was mir gerade zunehmend schwerfällt), hat er mir keine Versprechungen gemacht. Oder? Meine Gedanken schweifen ab zu dem wundervollen Moment, als ich gestern in seinen Armen lag. Ich höre, wie er mir zärtliche Worte ins Ohr flüstert. Wie er immer wieder betont, wie glücklich er sei, dass wir uns wiedergetroffen hätten – und dann seine Ex aufgetaucht ist. Wenn er jetzt mit ihr da draußen an der Bar sitzt, genügt mir das als Erklärung.
    Ich wappne mich, den Tatsachen ins Auge zu sehen, will mich erheben und tapfer losmarschieren, als mir mein Töchterchen einen Schubs verpasst.
    «Mama, nun sag doch endlich auch mal was», zischt Juliane mir ins Ohr.
    «Wozu?», frage ich unschuldig.
    Sie blickt mich vorwurfsvoll an. «Hast du denn nicht zugehört?»
    «Äh … Entschuldige, Schatz, worum geht’s denn?», frage ich, bemüht, interessiert zu klingen.
    «Papa glaubt, Mozart habe keine Lust auf
richtige
Arbeit, würde tagsüber lieber schlafen und nachts dann mal eben ein paar Platten auflegen», antwortet sie wutschnaubend.
    Ich kippe den Rest meines dritten Weinglases hinunter und sende Volker einen strengen Blick ans andere Tischende. «Ich wusste gar nicht, dass du so viel Ahnung von der Event-Branche hast», fordere ich ihn heraus. «Scheucht Ruth dich neuerdings durch die Nachtclubszene?»
    Meine Kinder starren mich schockiert an. So angriffslustig kennen sie mich nicht. Und noch vor knapp einer Stunde habe ich erklärt, auf Charlies Abi-Feier gelogen zu haben, um Streit zu vermeiden.
    Volker tupft sich den Mund ab, faltet dann seine Serviette umständlich zusammen und lehnt sich dabei gelassen in seinem Stuhl zurück. «Wie so ein lächerlicher Job aussieht, kann sich doch jedes Kind vorstellen. Dazu muss man sich nicht die Nächte um die Ohren schlagen. Dergleichen Aushilfsjobs sind allenfalls für Studenten akzeptabel. Einen angemessenen Lebensstandard kann man damit bestimmt nicht finanzieren.»
    Der feindselige Ton ihres Vaters lässt Juliane hochgehen. «Du hast doch keine Ahnung, Papa», fährt sie ihn an. «Auch ein Studium schützt heutzutage nicht vor Arbeitslosigkeit.»
    «Da muss ich Juliane aber zustimmen», mischt sich mein Vater nun ein und prostet Lotte zu.
    «Papperlapapp», ist Volkers unflätige Antwort auf Julianes These. «Ein Studium ist nach wie vor die beste Voraussetzung für eine Karriere. Und deshalb werde ich auch niemals dulden, dass du als Telefontante in so einer Larifari-Firma endest. Wenn du das vorübergehend machen möchtest, um ein wenig Taschengeld zu verdienen, bitte schön, aber –»
    «Pffhhh», unterbricht Juliane verächtlich schnaufend seinen Vortrag. «Wie willst du mir das bitte schön verbieten? Wir leben nicht mehr in der Steinzeit, ich bin volljährig und kann tun und lassen, was ich will. Mama denkt übrigens nicht so rückständig wie du! Und du solltest froh sein, dass ich mit dir über meine Pläne rede. Andere Kinder brechen einfach ihr Studium ab und scheren sich nicht die Bohne um die Wünsche ihrer Eltern. Aber mir liegt eben was an eurer beider Meinung.»
    Mozart hat Julianes Tirade schweigend zugehört. Er wirkt kein bisschen verärgert,

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