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Sie haben sich aber gut gehalten!

Sie haben sich aber gut gehalten!

Titel: Sie haben sich aber gut gehalten! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilli Beck
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obwohl Volkers Feinseligkeit doch vornehmlich gegen ihn gerichtet ist. Seine Gelassenheit wird mir langsam unheimlich. Warum verteidigt er sich nicht? Er lächelt nur freundlich und legt seine Hand auf Julianes, als wolle er sie beruhigen. Eine liebenswürdige Geste, die aber bei ihrem Vater die Sicherung durchbrennen lässt.
    «Freut mich, dass Sie sich so gut amüsieren, junger Mann», geht Volker nun zum Direktangriff über.
    Friedenstaube Lotte schüttelt entsetzt den Kopf. «Volker! Du vergreifst dich im Ton!»
    Der gerügte Sohnemann verschränkt abweisend die Arme vor der Brust. «Ich sorge mich nur um das Wohl meiner Tochter.»
    Mozart, der fünf Plätze entfernt vom
besorgten
Vater sitzt, wendet sich ihm mit freundlicher Miene zu. «Dafür bewundere ich Sie, Dr. Heller», sagt er verbindlich. «Aber Ihre Sorgen sind unbegründet, meine Firma schreibt schwarze Zahlen. Ich weiß also genau, was ich tue.»
    Die Besonnenheit, mit der Mozart meinem Exmann Kontra gegeben hat, scheint zu wirken. Jedenfalls erkenne ich eine leichte Verunsicherung in Volkers Gesicht.
    Mir hat Mike Mozart die Hoffnung zurückgegeben, dass nichts so schrecklich ist, wie es sich im ersten Moment oft darstellt. Es gibt sicher eine plausible Erklärung für die junge Frau an Johns Seite. Wenn sie tatsächlich jung ist. Ich würde Volker jede Übertreibung zutrauen, nur um mir eins auszuwischen. Wild entschlossen, die Wahrheitsfindung nicht länger aufzuschieben, lege ich meine Serviette auf den Tisch – als die Hauptspeise serviert wird.
    Nachdem die leckeren Meeresfrüchte verspeist sind, Teller und Fingerschalen abgeräumt wurden, entschuldige ich mich für einen Moment und verkünde, nun Herrn Ansbach begrüßen zu wollen.
    Volker kann sich nicht beherrschen, mir «Meine Empfehlung an den Herrn Makler» auf den Weg mitzugeben.
    Ich ignoriere diese alberne Provokation und verlasse hocherhobenen Hauptes den Tisch.
    John erblicke ich sofort an der kleinen Bar, an der wir beim Reinkommen vorbeigelaufen sind. Zögernd schreite ich auf ihn zu. Er sitzt auf einem Barhocker mit dem Rücken zu mir und trägt ein weißes Hemd zu einer schwarzen Jeans. Dicht neben ihm eine junge Frau, für die das Prädikat «Blonde Sirene» erfunden worden sein muss. Das Haar fällt wie glattgebügelt über die Schultern, wirkt aber etwas stumpf – sie sollte den Friseur wechseln. Und den Designer am besten gleich mit. Der übergroße Ausschnitt ihres pink-violetten Oberteils ist eindeutig unpassend für ein Mittagessen. Ihre Melonenbrüste springen ja beinahe auf den Teller. Außerdem sehen ihre Lippen nach einer Extraportion Silikon aus, ihre Augen sind ordinär stark geschminkt, und sie glitzert selbst in diesem Schummerlicht wie die Auslage von Cartier. An ihren Ohren hängen diamantbesetzte Kreolen, groß wie Armreifen, und am Hals eine Kette mit Herzanhänger, der direkt zwischen ihren Brüsten baumelt. Ob die Klunker echt sind, kann ich natürlich nicht beurteilen. Aber auffallend protziges Geschmeide ist meist nur billiger Tand.
    Mein Herz rast vor Wut und Enttäuschung. Doch ich bringe ein verbindliches Lächeln zustande und trete mit einem höflichen «Hallo, John» an die Bar.
    Überrascht dreht er sich um. «Äh, Rosy … Hallo!» Sein Blick flackert nervös. «Was für ein Zufall, vor einer halben Stunde war ich bei … äh, in Pasing, um meinen Wagen abzuholen.» Er rutscht vom Hocker und stellt mir die üppige Blondine vor. «Darf ich bekannt machen: Ki … äh, Frau Mäusken. Und das ist Frau Wittgenstein.»
    Wie bitte? Ich bin
nur
Frau Wittgenstein für ihn? Und seinen Wagen hat er nicht bei
mir
, sondern ganz unverfänglich in Pasing abgeholt?
    Johns distanziertes Benehmen wirkt wie eine eiskalte Dusche auf mich. Schlagartig bin ich wieder stocknüchtern – im doppelten Sinn.
    Die Blondine reicht mir die schmale Hand, an der ich keinen Ehering sehe. Also ist sie nicht irgendeine Kundin von außerhalb, denn das ist die einzige Erklärung, die mir spontan zu seiner Verteidigung einfällt.
    «Ach bitte, nennen Sie mich doch Kitty», säuselt sie so klebrig süß, dass ich sofort das Bedürfnis verspüre, mir die Hände zu waschen.
    Beherrscht ringe ich mir ein knappes «Angenehm» ab und entziehe ihr eilig meine Hand. So weit kommt’s noch. Ich duze mich doch nicht mit einer
Kitty
! Aber Sirenen müssen wohl so heißen.
    «Und Sie sind eine Kundin von John?», fragt die Blondine, als würden wir über Star-Friseure

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