Sie kam, sah und liebte
weil sie an Luc dachte und sich größte Mühe gab, ihn nicht schon wieder als Vorlage zu benutzen. Sie fuhr ihren Laptop herunter und öffnete Luc die Tür.
Heftiger Regen hatte sein Haar und die Schulter seiner Jacke durchnässt. Er schob eine Hand in die Tasche und zog eine weiße, etwa handtellergroße Schachtel hervor. »Ich hab’s gesehen und musste an dich denken«, sagte er.
Sie hatte keine Ahnung, was sie erwartete, als sie den Deckel hob. Im Grunde hatte sie gar keine Erfahrung damit, Geschenke von Männern zu bekommen, abgesehen vielleicht von billigen Dessous. Die ihrer Meinung nach sowieso immer eher ein Geschenk für den betreffenden Mann als für sie waren.
In der Schachtel lag, auf weißes Seidenpapier gebettet, ein Hai aus geschliffenem Kristall. Weder essbar noch offen im Schritt, und es war das persönlichste Geschenk, das sie je von einem Mann bekommen hatte. Es rührte sie mehr, als Luc sich je würde vorstellen können.
»Das ist wunderschön«, sagte sie und hielt den Fisch ins Licht. Vielfarbige Prismen schossen über Lucs Jacke und seinen Hals.
»Es ist nichts Großartiges.«
Da täuschte er sich, und wie er sich täuschte! Sie schloss die Finger um das Licht sprühende Tierchen, doch die Liebe, die sie bis in die tiefste Seele hinein empfand, ließ sich nicht bannen. Während sie zusah, wie er den Reißverschluss seiner Jacke herunterzog und diese dann aufs Sofa warf, sagte sie sich, dass sie ihm von der Honey-Pie -Episode würde erzählen müssen. Sie musste ihn vorwarnen und die ganze Sache irgendwie zum Guten wenden. Aber wenn sie ihm davon erzählte, lief sie Gefahr, ihn zu verlieren. Auf der Stelle. Noch an diesem Abend.
Sie konnte nicht darüber reden. Tat sie es, würde er die Beziehung wahrscheinlich beenden, und sie konnte es sich nicht leisten, dass irgendwer so viel von ihr wusste. Also hielt sie den Mund. Verschloss es in ihrem Inneren, wo es an ihrem Gewissen nagte, während sie versuchte, sich einzureden, dass er sich vielleicht doch nicht so sehr über den Artikel ärgern würde.
Sie hatte keinen Blick mehr auf den Artikel geworfen, seit sie ihn abgeschickt hatte. Vielleicht war er gar nicht so eindeutig, wie sie ihn in Erinnerung hatte. Sie schlang die Arme um Lucs Nacken. Sie wollte ihm so gern sagen, dass es ihr Leid tat und dass sie ihn liebte. »Danke«, sagte sie, »ich finde dein Geschenk wirklich hinreißend.« Dann führte sie ihn ins Schlafzimmer und entschuldigte sich insgeheim auf die einzige Art, die ihr einfiel.
Als die erste Märzwoche gekommen und gegangen war und Luc die Honey-Pie -Episode nicht zu Gesicht bekommen hatte, wurde sie ruhiger. In Los Angeles ließ sie ihn wissen, dass sie nicht mit ihm schlafen konnte, weil sie Krämpfe hatte und unter PMS litt. Nach dem Training kam er in ihr Zimmer, einen Kübel Eis in der einen, ein Heizkissen und eine Tüte M&Ms in der anderen Hand.
»Ich habe den Trainer überredet, mir das hier zu besorgen«, sagte er und reichte ihr das Heizkissen. »Und ich habe dir die Süßigkeiten mitgebracht, die du am liebsten magst.«
An dem Abend, als er sie in ihrem Kuh-Pyjama gesehen hatte, hatte sie M&Ms gegessen. Er hatte es nicht vergessen. Sie fing an zu weinen.
»Was zum Kuckuck ist denn jetzt los?«, fragte er und wickelte das Eis in ein Handtuch.
»Ich bin einfach in weinerlicher Stimmung«, sagte sie, aber es war mehr. So viel mehr. Nebeneinander setzten sie sich aufs Bett, den Rücken ans Kopfende gelehnt, und Luc legte ein Kissen unter sein linkes Knie.
»Dein Knie macht dir zu schaffen«, sagte Jane überflüssigerweise und half ihm, es in Eis zu betten.
Er schluckte mehrere Schmerztabletten. »Heute ist es nur das linke, und auch nur ein bisschen.«
Augenscheinlich doch entschieden mehr, denn schließlich hatte er sich Eis besorgt. Während des Interviews in seiner Wohnung hatte er ihr erklärt, dass die alte Verletzung ihn nicht mehr behelligte. Und jetzt vertraute er ihr so weit, dass er sie sehen ließ, was sie ohnehin schon geahnt hatte. Er hatte tatsächlich noch manchmal Probleme mit den Knien. Sie rückte dicht an ihn heran und nahm seine Hand.
»Was ist?«, fragte er.
Sie sah ihn von der Seite her an. »Nichts.«
»Diesen Blick kenne ich, Jane. Da ist etwas.«
Sie versuchte, ihr Fotografenlächeln abzustellen, was ihr aber nicht gelang. »Weiß sonst noch jemand von deinen Problemen mit diesem Knie?«
»Nein.« Sein Blick heftete sich auf ihren Mund und wanderte dann hinauf zu ihren
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