Sie kam, sah und liebte
geschrieben.«
»Was?«
»Ich schreibe die Honey-Pie -Serie.«
»Was?«
Sie holte tief Luft und sagte: »Ich bin Honey Pie .«
»Genau.«
»Ich bin’s wirklich«, sagte sie unter Tränen.
»Warum behauptest du das?«
»Verdammt noch mal! Ich kann nicht glauben, dass ich es dir beweisen muss. Ich habe nie gewollt, dass du es erfährst!« Sie wischte sich die Tränen von den Wangen und verschränkte die Arme vor der Brust. »Wer sonst konnte wissen, dass du mich gefragt hast, ob ich friere oder erregt bin? Wir waren allein in meiner Wohnung.«
Und dann fanden die Puzzleteile Stück für Stück ihren richtigen Platz. Die Dinge, von denen nur er und Jane wussten. Die Notizzettelchen, die er in ihrem Kalender gesehen hatte und die sie an irgendeine noch zu treffende » Honey-Pie- Entscheidung« erinnern sollten. Jane war Honey Pie . Das konnte nicht sein. »Nein.«
»Doch.«
Er stand auf und sah Jane über den Raum hinweg an. Sah die dunklen Locken, die er so gern berührte. Ihre zarte weiße Haut und den rosa Mund, den er so gern küsste. Diese Frau sah aus wie Jane, doch wenn sie tatsächlich Honey Pie war, dann war sie nicht die Frau, die er zu kennen glaubte.
»Du musst keinen Privatdetektiv anheuern«, sagte sie, als wäre das ein verdammter Trost. »Und du musst keinen von den Jungs verdächtigen.«
Er starrte ihr in die Augen, als könnte er dort die unfassbare Wahrheit lesen. Was er sah, war Schuldbewusstsein. Er fühlte sich plötzlich wie ausgehöhlt. Er hatte ihr so sehr vertraut, dass er sie in seine Wohnung und in sein Leben gelassen hatte. Und in das Leben seiner Schwester. Er kam sich vor wie der dümmste Esel aller Zeiten.
»Ich habe den Artikel an dem Abend geschrieben, als du mich zum ersten Mal geküsst hast. Man könnte sagen, du hast mich inspiriert.« Sie ließ die Hände schlaff herunterhängen. »Ich habe ihn geschrieben, lange bevor wir uns näher gekommen sind.«
»So lange nun auch wieder nicht.« Seine Stimme klang fremd in seinen eigenen Ohren. Hohl, wie sein Inneres, und er wartete darauf, dass seine Wut aufwallte und die Leere ausfüllte. »Du hast von Anfang an gewusst, wie ich über diesen Mist denke, der über mich geschrieben wird. Ich habe es dir gesagt.«
»Ich weiß, aber sei doch bitte nicht sauer. Oder vielmehr: Sei sauer, denn du hast jedes Recht dazu. Es ist nur so, dass ich …« Wieder füllten sich ihre Augen mit Tränen, und sie wischte sie mit den Fingern weg. »Ich fühlte mich so sehr zu dir hingezogen, und du hast mich geküsst, und dann habe ich darüber geschrieben.«
»Und hast den Artikel zum Abdruck in einer Pornozeitschrift freigegeben.«
»Ich hatte gehofft, du würdest dich geschmeichelt fühlen.«
»Du weißt, dass ich mich von so etwas nicht geschmeichelt fühle.« Die aufgestaute Wut ließ seine Brust anschwellen. Er musste raus hier. Er musste weg von Jane. Fort von der Frau, in die er sich verliebt hatte. »Du hast dich wohl köstlich amüsiert, als ich glaubte, du wärst ein bisschen prüde. Als ich dachte, meine Fantasien würden dich schockieren.«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein.«
Nicht genug damit, dass sie sein Vertrauen missbraucht hatte, nein, sie hatte ihn auch noch zum Narren gemacht. »Was werde ich noch über mich lesen müssen?«
»Nichts mehr.«
»Schön.« Er stapfte zur Tür und streckte die Hand nach der Klinke aus.
»Luc, warte! Geh nicht.« Er hielt inne. Ihre Stimme klang erfüllt von Tränen und von dem gleichen stechenden Schmerz, der in seinen Eingeweiden wühlte. »Bitte, wir können das klären. Ich kann alles wieder in Ordnung bringen.«
Er drehte sich nicht um. Er wollte sie nicht sehen. »Das glaube ich nicht, Jane.«
»Ich liebe dich.«
Ihre Worte waren wie ein Messer in seinem Rücken, und die Wut, die er so lange beherrscht hatte, brach sich schließlich Bahn. Er hatte schon befürchtet, vor Wut platzen zu müssen. »Dann will ich lieber nicht wissen, wie du Menschen behandelst, die du nicht liebst.« Er stieß die Tür auf. »Bleib mir um Himmels willen vom Halse, und lass meine Schwester in Ruhe.«
Er hastete den Flur entlang. Das wirre Muster des Teppichs verschwamm vor seinen Augen. Jane war Honey Pie . Seine Jane. Obwohl er wusste, dass es die Wahrheit war, fiel es ihm furchtbar schwer, das zu glauben.
Er betrat sein Zimmer und lehnte sich gegen die geschlossene Tür. Während er sie für prüde hielt, hatte sie Pornos geschrieben. Während er sie für verklemmt hielt, wusste sie viel mehr
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