Sie kam, sah und liebte
abfeuern, schoss er den Dart tief in die Doppel-Zwanzig und holte insgesamt fünfundsechzig Punkte. Die finsteren Falten auf seiner Stirn, mit denen er auf sie zukam und ihr die Darts gab, verrieten ihr, dass er mit seinem Rückstand von fünfundsiebzig Punkten keineswegs zufrieden war.
»Wenn es Punkte dafür gäbe, dass man den Dart durch die Scheibe schießt, hättest du eine Chance auf den Sieg«, sagte sie. »Beim nächsten Mal solltest du dich lieber auf Finesse konzentrieren statt auf Muskelkraft.«
»Ich bin der Typ, der sich auf Finesse verlässt.«
Was du nicht sagst. Sie nahm Aufstellung, und in dem Moment, als sie den Pfeil abschoss, meldete sich Luc von der Seite her. »Wie schaffst du es, dein Haar immer so straff zurückzubinden ?« Die anderen Chinooks lachten, als hätte Luc einen tollen Witz gerissen.
Sie senkte den Arm uns blickte zu ihm hinüber. »Wir spielen nicht Hockey. Beim Dartsspiel sind Blödeleien nicht vorgesehen.«
Er lächelte knapp. »Ab jetzt schon.«
Gut. Sie würde ihn trotzdem schlagen. Während er von der Seitenlinie her lästerte, holte sie mit drei Würfen glatte fünfzig Punkte. Ihr bisher schlechtester Wurf. »Du liegst mit einhundertsechzehn Punkten zurück«, erinnerte sie ihn.
»Nicht mehr lange«, prahlte er, ging zur Linie, warf ein doppeltes Ochsenauge und eine einfache Zwanzig.
Dingdong. Zeit, dass sie sich auch aufs Blödeln verlegte. »Hey, Martineau, das da zwischen deinen Schultern, ist das ein Kürbis oder dein vakanter Kopf?«
Er warf ihr einen vernichtenden Blick zu. »Was Besseres fällt dir nicht ein?«
Auch die übrigen Chinooks gaben sich unbeeindruckt.
Darby neigte sich leicht zu ihr und flüsterte: »Das war wirklich ziemlich lahm.«
»Was zum Teufel heißt vakant?«, fragte Rob.
Darby antwortete an Janes Stelle. »Es heißt leer oder hohl.«
»Warum sagst du dann nicht einfach ›leer‹, Sharky?«
»Genau, beim Blödeln benutzt man solche Wörter nicht.«
Jane runzelte die Stirn und verschränkte die Arme unter der Brust. Gegen das Wort vakant war überhaupt nichts einzuwenden. »Es passt euch bloß nicht, weil es nicht mit F anfängt. «
Luc warf seinen dritten Dart und erzielte insgesamt achtzig Punkte. Zeit, mit den Spielereien aufzuhören und Ernst zu machen. Jane trat an die Linie, hob den Arm und wartete darauf, dass die Lästereien begannen. Doch Luc blieb stumm, was ihr noch mehr auf die Nerven ging als seine Beleidigungen. Sie warf eine Doppel-Zwanzig, aber als sie erneut zielte, sagte Luc: »Trägst du je was anderes als Schwarz und Grau?«
»Natürlich«, antwortete sie, ohne ihn anzusehen.
»Stimmt ja.« Dann, als sie gerade im Begriff war zu werfen, fügte er hinzu: »Dein Kuh-Pyjama ist blau.«
»Woher weißt du, was für einen Pyjama sie hat?«, fragte einer der Jungs.
Mr. Information antwortete nicht, und sie sah zu ihm hinüber, wie er da stand, im Kreis seiner Kameraden, die Hände in die Hüften gestützt, ein Lächeln auf den Lippen.
»Neulich abends habe ich noch mal mein Zimmer verlassen, um mir eine Tüte M&Ms zu kaufen«, erklärte sie. »Ich dachte, ihr wärt längst alle im Bett, und deshalb bin ich im Pyjama gegangen. Luc hat sich an mich herangeschlichen.«
»Ich bin nicht geschlichen.«
»Klar doch.« Sie machte sich wurfbereit und traf die Doppel-Zehn. Und er wartete exakt den Moment ab, in dem sie ihren dritten Pfeil warf, um zu sagen: »Sie trägt eine Lesbenbrille. « Jane verfehlte die Scheibe. Das war ihr seit Jahren nicht passiert!
»Das stimmt nicht!« Erst, als sie es schon abgestritten hatte, fiel ihr auf, dass der Widerspruch vielleicht ein bisschen zu heftig ausgefallen war.
Luc lachte. »Das sind so scheußliche kleine schwarze Quadrate, wie sie diese militanten Frauenrechtlerinnen immer auf der Nase haben.«
Die anderen Chinooks stimmten in sein Lachen ein, und dann sagte Darby: »Oh, ja, lesbisch, ganz klar.«
Jane zog die Pfeile aus der Scheibe. »Sind sie nicht. Sie sind vollkommen heterosexuell.« Himmel, was redete sie da? Heterosexuelle Brillengläser? Diese Jungs trieben sie in den Wahnsinn. Sie holte tief Luft, um ihre Nerven zu beruhigen, und reichte Luc die Darts. Sie würde sich von diesen dummen Machos nicht aus dem Konzept bringen lassen. »Ich bin nicht lesbisch. Wenn ich auch weiß Gott nichts gegen Lesben einzuwenden habe. Wenn ich lesbisch wäre, würde ich mich outen und stolz darauf sein.«
»Das wäre eine Erklärung für die Schuhe«, bemerkte Rob.
Jane senkte
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