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Sie kam, sah und liebte

Sie kam, sah und liebte

Titel: Sie kam, sah und liebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gibson Rachel
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klopfte an Maries Tür, und auf ihr leises Gemurmel hin trat er ein. Er hatte damit gerechnet, sie in dem schwarzen Samtkleid mit den Puffärmeln und den aufgenähten kleinen pinkfarbenen Rosen zu sehen. Sie hatte ihm das Kleid neulich gezeigt, und er fand es richtig süß für ein Mädchen in ihrem Alter. Marie war jedoch nicht angekleidet, sondern lag im Pyjama auf dem Bett. Das Haar hatte sie zu einem Pferdeschwanz frisiert, und sie sah aus, als hätte sie geweint.
    »Warum ziehst du dich nicht an? Dein Date dürfte in ein paar Minuten da sein.«
    »Nein, er kommt nicht. Er hat gestern Abend angerufen und abgesagt.«
    »Ist er krank?«
    »Er behauptet, er hätte vergessen, dass er irgendwas mit seiner Familie verabredet hatte, und dazu könnte er mich nicht mitnehmen. Aber das ist gelogen. Er hat jetzt eine Freundin, und mit der geht er zur Fete.«
    Etwas blitzte weiß glühend hinter Lucs Augen auf. Etwas zwang ihn, die Zähne zusammenzubeißen und die Hände zu Fäusten zu ballen. Kein Mensch durfte es sich erlauben, seine Schwester zu versetzen und zum Weinen zu bringen. »Das kann er nicht machen.« Luc trat weiter ins Zimmer und blickte auf Marie herunter. »Wo wohnt er? Ich fahre hin und rede mit ihm. Ich werde ihn zwingen, mit dir zur Party zu gehen. «
    »Nein«, keuchte sie entsetzt und setzte sich auf die Bettkante. Mit weit aufgerissenen Augen starrte sie Luc an. »Das ist so was von peinlich!«
    »Gut, ich zwinge ihn nicht, mit dir auszugehen.« Sie hatte Recht. Es wäre peinlich für Marie, wenn der Typ sie nur unter Zwang zur Party mitnahm. »Dann fahre ich eben hin und trete ihm nur in den Arsch.«
    Sie zog die dunklen Brauen fast bis zum Haaransatz in die Stirn. »Er ist minderjährig.«
    »Stimmt. Gut, dann trete ich seinem Vater in den Arsch. Ein Kerl, der seinen Sohn dazu erzieht, ein Mädchen zu versetzen, hat schon aus prinzipiellen Gründen einen Arschtritt verdient.« Luc meinte es völlig ernst, aber aus irgendeinem Grund entlockte er Marie mit seinen Worten ein Lächeln.
    »Meinetwegen würdest du Mr. Anderson in den Arsch treten ?«
    »In den Allerwertesten, wollte ich sagen. Nicht Arsch. Natürlich würde ich das tun.« Er setzte sich neben seine Schwester. »Und wenn ich es selbst nicht schaffen sollte, kenne ich ein paar Hockeyspieler, die ihm die Fresse polieren würden.«
    »Stimmt.«
    Er ergriff ihre Hand und betrachtete ihre kurzen Fingernägel. »Warum hast du mir nicht gesagt, dass er angerufen und abgesagt hat?«
    Sie wandte den Blick ab. »Ich dachte, das interessiert dich nicht.«
    Mit der freien Hand drehte er ihr Gesicht zu sich, sodass sie ihn ansehen musste. »Wie kannst du so etwas denken? Natürlich interessiert es mich. Du bist schließlich meine Schwester.«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Ich hab gedacht, Tanzen und so interessiert dich nicht.«
    »Tja, mag sein, dass du Recht hast. Ich habe für Tanzveranstaltungen und Tanzen allgemein nicht viel übrig. Als ich noch in der Schule war, bin ich nie zu solchen Tanzfesten gegangen, weil …« Er unterbrach sich und stupste mit dem Ellbogen ihren Arm an. »Ich kann überhaupt nicht tanzen. Aber du bist mir wichtig.«
    Sie zog einen Mundwinkel herab, als ob sie ihm nicht glaubte.
    »Du bist meine Schwester«, betonte er noch einmal, als wäre damit alles erklärt. »Ich habe dir doch gesagt, dass ich mich immer um dich kümmern werde.«
    »Ich weiß.« Sie senkte den Blick in ihren Schoß. »Aber sich um jemanden kümmern und jemanden gern haben, das ist nicht dasselbe.«
    »Für mich schon, Marie. Ich kümmere mich nicht um Leute, die ich nicht gern habe.«
    Sie entzog ihm ihre Hand und stand auf. Sie durchquerte den Raum bis zu einer Kommode, auf der ein Haufen Armbänder, Plüschbärchen und vier getrocknete Rosen lagen. Luc wusste, dass die weißen Rosen vom Sarg ihrer Mutter stammten. Er verstand nicht, warum sie sie mitgenommen und bis jetzt aufbewahrt hatte, besonders, wenn sie sie doch immer wieder zum Weinen brachten.
    »Ich weiß, dass du mich wegschicken willst«, sagte sie, ihm den Rücken zukehrend.
    O Mann. Er hatte keine Ahnung, wie sie das herausgefunden hatte, aber das war wohl auch nicht so wichtig. »Ich dachte, du wärst vielleicht glücklicher, wenn du mit Mädchen in deinem Alter zusammenleben würdest.«
    »Lüg nicht, Luc. Du willst mich loswerden.«
    Stimmte das? War die Tatsache, dass er sie loswerden wollte, um wieder sein gewohntes Leben führen zu können, das eigentliche Motiv für seine

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