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Sie kamen bis Konstantinopel

Sie kamen bis Konstantinopel

Titel: Sie kamen bis Konstantinopel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank S Becker
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Dienern Wein bringen und wartete. Eine Stunde mochte vergangen sein, als sie endlich Dauds Schritte vernahm. Zögernd betrat er ihr Zimmer, lächelte sie an, setzte sich dann auf eine Bank zwischen die Seidenkissen.
    Beide schwiegen. »Wie geht es dir und Fatima?«, fragte er zuletzt.
    »Uns geht es gut«, antwortete Pelagia kühl, »und dir offenbar noch besser. Wer ist sie?« Sie fixierte den kleinen, drahtigen Mann, der sich seine Hakennase rieb.
    »Wen meinst du?«, entgegnete er ausweichend und streichelte Diana, die, sich schnurrend an seinem Bein rieb.
    »Na, wen wohl?«, fuhr sie ihn an. »Das Mädchen, das du mitgebracht hast!«
    »Sie ist …«, plötzlich wirkte Daud verlegen, fasste sich jedoch sogleich wieder. »Sie ist eine Sklavin, die mir der Beherrscher der Gläubigen geschenkt hat. Für meine Verdienste um den Aufbau der Flotte. Aber das ändert nichts zwischen dir und mir.«
    »Ach so? Weiß Mu'âwija denn nicht, dass es mich gibt?«
    »Doch, aber wie du weißt, dürfen wir Muslime bis zu vier Ehefrauen nehmen, zusätzlich natürlich Beischläferinnen. So hat es der Prophet, gepriesen werde sein Name, einst bestimmt.«
    »Und hat er auch bestimmt, dass ihr euch solche Gaben gleich ins Bett holen müsst?«
    »Natürlich nicht. Das Mädchen ist einfach ein großer Gunstbeweis des Kalifen. Sie abzulehnen, hätte ihn sehr erzürnt.« Daud lächelte versöhnlich und griff nach ihrer Hand. »Du bleibst die Frau, die ich liebe!« Pelagia atmete tief durch. Mit zitternden Fingern ergriff sie das Weinglas. Mühsam beherrschte sie sich, nahm einen tiefen Schluck und schenkte sich nach.
    »Und bist du – um dem Kalifen zu gefallen – schon mit ihr im Bett gewesen?«
    »Nein«, gab Daud scharf zurück, »und mäßige deinen Ton.« Er stand auf und ging zur Türe, wo er sich nochmals umwandte. »Aber wenn du dich weiterhin so aufführst, werde ich das wohl bald nachholen!« Seine Stimme hatte jetzt die gewohnte Festigkeit zurückgewonnen. »Gute Nacht!«
    Pelagia sah ihm nach, dann warf sie das Glas an die Wand, wo es zerschellte. Das Klirren weckte Fatima, die im Nebenzimmer geschlafen hatte und zu weinen begann.
    ***
    Die nächsten Tage ließ sich Daud kaum blicken, und wenn, dann nur, um in Schirins Begleitung seine Tochter auf den Arm zu nehmen. So fand Pelagia, die ihre Heftigkeit bereits bereute, keine Gelegenheit, sich mit ihm auszusöhnen. Dafür verbrachte sie viel Zeit mit Helena, die zwar als Amme nicht mehr gebraucht wurde, jetzt jedoch als Dienerin im Haus arbeitete und mit der Zeit fast so etwas wie eine Freundin geworden war.
    »Kommt der Herr gar nicht mehr zu dir?«, fragte sie eines Morgens stirnrunzelnd, als sie das Bett machte.
    Pelagia errötete, dann seufzte sie. »Nein, er ist anders geworden, seit damals …« Sie verstummte, um nicht von der Totgeburt sprechen zu müssen. »Und seit dieses Mädchen im Haus ist, war er gar nicht mehr bei mir.«
    »Sie heißt Layla«, bemerkte Helena sachlich, »und ist eine sechzehnjährige Sklavin. Nach einem Sieg über ihr Volk, das in die griechischen Provinzen eingefallen war, hat der Kaiser der Rum Tausende von ihnen in den Osten seines Reiches verschleppt. Dort sollten sie die Grenze gegen die Armee des Kalifen verteidigen. Bei der erstbesten Gelegenheit sind aber viele davon übergelaufen. Der Kalif hat sie mit offenen Armen empfangen und in Apameia angesiedelt.«
    Pelagia stutzte unwillkürlich, als die Dienerin die arabische Bezeichnung für das Römerreich gebrauchte. »Aber wieso trägt sie einen sarazenischen Namen?«
    »Weil sie zu ihrem Glauben übergetreten ist«, antwortete Helena und verzog spöttisch den Mund. »Manche wissen halt, wie man sich bei den Siegern lieb Kind macht. Auch du«, bei diesen Worten sah sie Pelagia vorwurfsvoll an, »tätest gut daran, von ihr zu lernen und etwas weniger halsstarrig zu sein. Wenn du deinen Mann halten willst, so …«
    »Danke, aber deine Ratschläge brauche ich nicht«, schnappte Pelagia. »Kümmere du dich lieber um deine Arbeit.«
    Helena zuckte mit den Schultern und schwieg.
    Einige Tage später, als Pelagia abends in einer griechischen Schriftrolle las, die sie im Bücherbazar gekauft hatte, trat Daud ins Zimmer. Einen Augenblick stand er schweigend vor ihr, dann kniete er sich neben sie und küsste sie auf die Wange.
    »Was hast du da?«
    »Ein Roman des Kallisthenes über den großen Alexander«, erklärte sie. »Das war ein Makedonier, der vor einem Jahrtausend hier in Damaskus

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