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Sie kamen bis Konstantinopel

Sie kamen bis Konstantinopel

Titel: Sie kamen bis Konstantinopel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank S Becker
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gestanden, um die Säulen mit den geschraubten Reliefbändern zu betrachten, die seit fast drei Jahrhunderten Kaiser Theodosius' Siege verherrlichten.
    Nur wenige Schritte vom Theodosius-Forum entfernt hatten die drei eine Herberge gefunden, die weniger verwanzt wirkte als die Absteigen am Hafen. Danach jedoch hatten sich ihre Wege getrennt. Urso und Kallinikos, die sich ein Zimmer teilten, wanderten von einer Kirche zur nächsten – der eine, um die religiösen Gebräuche zu erforschen, der andere, um die Architektur zu studieren.
    Pelagia jedoch war an diesem Morgen die große Mese-Straße nach Osten gegangen. Bald hatte sie das runde Forum mit der Säule überquert, auf der im Morgenlicht die Statue erglänzte, die Kaiser Konstantin als Sonnengott darstellte. Im folgenden Abschnitt waren die Kupferschmiede angesiedelt, deren hell klingendes Hämmern schon von weitem durch die Straße hallte. Schließlich war sie zum Augusteion gelangt, einem länglichen Platz mit zur Mitte hin abfallenden Stufen, die ihm den Anschein einer rechteckigen Arena verliehen. Diesen Ort hatte sie sofort ins Herz geschlossen, lagen doch hier die Geschäfte der Parfümverkäufer. Sie schmunzelte über die Klugheit der Kaiser, gerade vor dem Tor des Palastes dieses Gewerbe anzusiedeln, denn fast immer schwebte ein Duft nach Rosen oder Moschus in der Luft.
    Jetzt schnupperte sie, zögerte, sah sich um. Der Schatten der hundert Fuß hohen Säule, die inmitten des Platzes aufragte, lag wie der Zeiger einer gigantischen Sonnenuhr auf den Stufen. Bettler wärmten ihre verkrüppelten Glieder in der Novembersonne, dunkel gekleidete Mönche eilten zur nördlich gelegenen Hagia Sophia. Hinter Pelagia lag die säulengeschmückte Fassade des Zeuxippeions im Schatten. Doch die Tore der einst prachtvollen Thermen waren verrammelt und die Becken standen leer, seit der große Valens-Aquädukt, der einst Konstantinopel mit Wasser versorgt hatte, bei der Awarenbelagerung vor einem halben Jahrhundert unterbrochen worden war.
    Sie gab sich einen Ruck und wandte sich zur südöstlichen Schmalseite des länglichen Platzes. Dort lag das Chalke genannte Eingangstor des kaiserlichen Palastes. Zweimal war sie schon hier gewesen, zweimal hatte sie nach Worten gesucht, um die Wachen anzusprechen, die unter ihren spitzen Helmen durch sie hindurchsahen. Beide Male jedoch hatte sie der Mut verlassen. Doch wenn es ihr heute wieder nicht gelang, das spürte sie, würde sie es nie schaffen.
    Ihr Blick schweifte zur Spitze der Säule empor, von der herab das riesige bronzene Reiterstandbild Kaiser Justinians die Stadt beherrschte. Eigentlich, ging es Pelagia durch den Kopf, müsste dort oben seine kluge Frau Theodora stehen. Denn als bei einem Volksaufstand der Kaiser schon alles verloren gegeben hatte und fliehen wollte, hatte allein sie durch ihre Entschlossenheit seinen Thron gerettet. In ihrer Jugend hatte Pelagia diese, von Prokopios überlieferte, Geschichte wieder und wieder gelesen, Theodora bewundert und sich vorgenommen, einmal genauso zu werden wie sie. Abermals gab sie sich einen Ruck: Weshalb zögerte sie eigentlich noch?
    Pelagia befühlte das Rollsiegel an ihrer Halskette, atmete tief durch und ging energisch auf die Wachen zu. Sie hatte es sich einige Goldstücke kosten lassen, sich nach Art der feinen Damen der Hauptstadt einzukleiden. Wenn sie nur bestimmt genug auftrat, hochmütig die Soldaten ignorierte …
    »Halt! Wohin?« Ein Speer versperrte ihren Weg, der barsche Ton ließ voreilige Hoffnungen zerstieben. Doch sie kannte den Namen des kaiserlichen Oberhofmeisters und ließ ihn jetzt so selbstverständlich fallen, als seien sie alte Freunde. »Zu Demetrios natürlich!«
    Der Wachsoldat schien innerlich Haltung anzunehmen. »Kennt er Euch? Wen darf ich melden?«
    »Pelagia Gabinia. Mit wichtiger Botschaft aus Syrien!«
    Der Soldat winkte einem Kameraden, der in der Wachstube hockte und sich sogleich auf den Weg machte. Pelagia durfte auf einer Bank in einer Ecke der Wachstube Platz nehmen.
    Dann geschah lange Zeit nichts. Der Zeiger der Sonnenuhr an der Wand war bereits einen Stundenstrich vorgerückt, als endlich ihr Name aufgerufen wurde. Ein Junge in bestickter Jacke geleitete sie in den Innenhof, eine Treppe hinauf, einen Gang mit vielen Türen entlang, dann pochte er dreimal an ein zweiflügeliges Portal aus dunklem Holz.
    Das erste, was Pelagia innen erblickte, war ein unglaublich fetter Mann. Er saß hinter einem breiten Tisch aus hellem

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