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Sie kamen bis Konstantinopel

Sie kamen bis Konstantinopel

Titel: Sie kamen bis Konstantinopel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank S Becker
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Stunden ungern mit Weichlingen«, entgegnete sie leichthin und leitete vorsichtig einen Angriff ein. »In hellenischer Vorzeit wäre ich zu den Gladiatoren in die Kaserne geschlichen.«
    »So hätte ich dich gar nicht eingeschätzt«, erwiderte er. Sein Gegenzug war harmlos, sie fuhr mit ihrer Strategie fort.
    »Mein bestes Erlebnis war mit einem Mann, der …« Sie setzte ihre Figur, blickte Demetrios erwartungsvoll an.
    Er zog rasch, unkonzentriert. »Der was?«, fragte er, wobei seine Unterlippe zitterte. Pelagia schmückte die Nacht, in der sie Daud damals gereizt hatte, noch etwas aus, während sie ihre Angriffsstrategie weiterverfolgte. »Nach einem solchen Vorspiel …«, schloss sie genüsslich, um dann auf das Spielbrett zu deuten. »Bitte, Ihr seid dran.«
    Der Eunuch reagierte sichtlich nervös. Noch immer schien er den sich entwickelnden Angriff nicht bemerkt zu haben. »Was ist danach?«, fragte er und leckte sich die Lippen.
    »Danach …«, Pelagia senkte die Stimme, »fühle ich mich wie Theodora.« Lächelnd brachte sie ihren Rukh in Position.
    »Die einstige Kaiserin?«, erkundigte sich Demetrios und zog die Brauen hoch. »Wieso das?« Er begann einen seitlichen Angriff, für den er aber noch drei bis vier Züge brauchen würde, wie Pelagia schnell überschlug.
    »Wird von ihr nicht berichtet, dass sie bedauert habe, von der Natur nur mit drei Körperöffnungen für den Beischlaf ausgestattet worden zu sein?« Sie schob einen Bauern in eine ungedeckte Position, aus der heraus der nächste Zug einen Doppelangriff eröffnen würde.
    Demetrios lachte, doch es klang gekünstelt. »Ja, ja der gute alte Prokopios mit seiner Geheimgeschichte.« Er sah auf das Spielbrett. »Was soll das? Willst du etwa verlieren?«
    »Wer weiß«, erwiderte Pelagia mit unbewegter Miene. »Vielleicht habe ich beschlossen, dem Kaiser keine Hilfe aufzudrängen. Vielleicht reizt es mich mehr, mal wieder so richtig rangenommen zu werden … Bitte vergesst Euren Zug nicht!«
    Der Eunuch rutschte auf seinem Sessel hin und her, seine Fettmassen wabbelten, eine Schweißperle rann ihm von der Stirne. Er leerte den Weinbecher, goss nach, prostete Pelagia zu.
    »Darauf sollten wir trinken, mein Täubchen!«
    »Gerne – aber Ihr seid noch immer dran!« Pelagia gab sich gelangweilt, ging zum Fenster, lehnte sich hinaus. Doch aus den Augenwinkeln beobachtete sie genau, wie der Blick des Eunuchen zwischen ihr und dem Spielbrett hin- und herwanderte. Plötzlich tat er einen Zug.
    »Nun ist es an dir!« Die hohe Fistelstimme klang gequetscht.
    Pelagia richtete sich langsam auf und schloss die Fensterflügel.
    »Es wird kalt draußen«, bemerkte sie mit betonter Gleichgültigkeit, während sie innerlich zum Zerreißen gespannt zum Tisch zurückkehrte. Demetrios hatte den Bauern geschlagen! Jetzt konnte die Falle zuschnappen.
    Sie setzte eine andere Figur so vor, dass diese den gegnerischen General angriff, der zugleich von ihrem aufgedeckten Rukh bedroht wurde. »Ich fürchte, Ihr seid in Schwierigkeiten«, bemerkte sie, nahm einen tiefen Schluck aus ihrem Weinbecher und lehnte sich gemächlich zurück.
    Ungläubig starrte der Eunuch auf den Doppelangriff. »Das …«, stammelte er und schüttelte den Kopf, »du verfluchtes Hurenstück!« Seine Augen wurden klein und böse, der Mund zusammengekniffen. Abrupt schob er das Brett von sich, dass die restlichen Figuren durcheinanderpurzelten. »Du hast gewonnen!«, zischte er.
    »Oh, tatsächlich?«, gab Pelagia mit gespielter Verwunderung zurück. »Dann muss sich der Nebenraum wohl weiterhin in der christlichen Tugend der Enthaltsamkeit üben!« Sie stand auf. »Wann kann ich meine Audienz haben?«
    Demetrios ballte die Fäuste, öffnete sie wieder, seine Unterlippe zitterte. Zuletzt fasste er sich.
    »In einer Woche«, presste er hervor. »Am zweiten Dezember. Sei zur sechsten Stunde hier. Ich hoffe für dich, dass du etwas wirklich Wichtiges vorzubringen hast.«
    »Das habe ich, danke vielmals.« Pelagia ging zur Türe und verließ den Palast.
    ***
    In der Herberge traf sie auf Urso und Kallinikos. Freudestrahlend berichtete Pelagia von der kommenden Audienz, ohne jedoch Einzelheiten preiszugeben. Beide beglückwünschten sie und erzählten, dass auch sie etwas zu feiern hätten. Sie hatten ein kleines, heruntergekommenes Haus gefunden, das in der Nähe der Apostelkirche lag und das sie kaufen und herrichten würden. Kurz entschlossen gingen die drei in eine nahe Schänke, um ihre

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