Sie kamen bis Konstantinopel
Nussbaumholz, vor ihm stand in gebeugter Haltung ein Schreiber, Griffel und Wachstäfelchen in den Händen. Der Eunuch strich sich über das volle, schwarz glänzende Haar. Sein Gesicht erinnerte Pelagia an das eines wohlgemästeten Schweines. Die kleinen, klugen Augen musterten sie. Flüchtig und abschätzig.
Unter Kopfschütteln säuselte er mit hoher Stimme. »Dich habe ich noch nie gesehen. Ich erwartete jemand anderen. Aber da du schon einmal hier bist …« Er winkte dem Sekretär, sich zu entfernen.
Pelagia schluckte. Hilfe suchend glitt ihr Blick durch das Zimmer, erfasste die marmorverkleideten Wände, die Regale voller Bücher, das Fenster zum Hof, den kleinen Tisch mit einem Spielbrett.
»… darfst du so lange reden!« Die fleischige Hand, an der mehrere Goldringe glänzten, wies auf eine Wasseruhr und zeigte eine halbe Daumenbreite. »Stiehlst du mir aber meine Zeit, lasse ich dich aus dem Palast werfen!«
Pelagia atmete tief durch und straffte sich. »Ich komme aus Damaskus. Mit wichtigen Neuigkeiten für den Kaiser.«
»So?« Eine Augenbraue wanderte in die Höhe. »Vertraue alles mir an. Ist es von Bedeutung, werde ich es dem Basileus zur Kenntnis bringen.« Der Eunuch betrachtete seine Finger, nahm ein Hölzchen und schien etwas unter seinem linken Daumennagel entfernen zu müssen. »Ich höre.«
»Nein. Es ist für den Kaiser persönlich. Oder zumindest für den Oberbefehlshaber der Armee.«
»Oh! Für den Oberbefehlshaber der Armee?!?!«, äffte Demetrios sie nach. »Nun, vielleicht hat der für eine hübsche Frau Verwendung. Aber erst nach Dienstschluss!« Seine Blicke musterten sie. »Obwohl du mir schon nicht mehr die Frischeste zu sein scheinst …«
Pelagia erstarrte, schluckte ihren Ärger jedoch herunter. »Die Sarazenen wollen diese Stadt angreifen …«
»Ach wirklich?«, kicherte der Eunuch. Es klang, als würde ein Schwein gekniffen. »Meinst du wirklich, für diese Erleuchtung hätten wir deiner bedurft?«
»Das nicht. Aber ich habe etwas, das in dem kommenden Kampf von höchstem Nutzen sein kann. Nur will ich auch etwas …«
»Lass mich raten«, er beugte sich vor, riss dabei die kleinen Augen auf. »Ein großes Geheimnis, das dem Basileus mindestens tausend Goldstücke wert sein sollte.« Er lehnte sich wieder zurück. »Heilige Jungfrau, wenn du wüsstest, wie viele Spinner mir jede Woche eine solche Geschichte vorwinseln. Weißt du was?« Er zeigte auf die Wasseruhr. »Deine Zeit läuft ab. Und ich finde dich nicht unterhaltsam. Oghuz!« Die Türe öffnete sich und ein stiernackiger, kahl geschorener Hüne trat ein.
»Mein Herr befiehlt?«
»Schaff sie raus!«
Pelagia tat so, als habe sie nichts gehört. Einer plötzlichen Eingebung folgend, ging sie zu dem Spielbrett.
»Das habe ich in Damaskus auch einmal gespielt«, sagte sie leise.
Demetrios sah sie spöttisch an. »Du? Eine Frau?« Doch mit der erhobenen Rechten gebot er Oghuz, innezuhalten.
»Ja, ich. Eine Frau. Die Schatrandsch spielt. Wollt Ihr mich auf die Probe stellen?«
»Ein köstlicher Einfall. Das …«, der Eunuch wiegte nachdenklich den Kopf in dem speckigen Nacken, »… das könnte sogar spaßig werden. Nur, um was sollen wir spielen?«
»Ganz einfach. Wenn ich gewinne, verschafft Ihr mir eine Audienz beim Kaiser!«
»Der ist sehr von den Bürden seines Amtes in Anspruch genommen. Gestern bot mir jemand fünfzig Solidi für eine solche Gnade. Aber da du nicht gewinnen wirst, ist die Frage viel wichtiger, was du dagegen setzt.« Er blickte sie lauernd an. »Hättest du fünfzig Goldstücke im Beutel?«
Pelagia schüttelte den Kopf. Ihr waren gerade noch neun geblieben.
»Ich dachte es mir«, nickte der Eunuch zufrieden. Dann verzogen sich die Speckfalten seines Gesichts zu einem boshaften Lächeln. »Aber ich könnte meinem treuen Oghuz einen Gefallen erweisen. Gefallt sie dir?« Demetrios wandte sich an den Hünen, der die Frau aus seinen Schlitzaugen angrinste und nickte.
»Jawohl, mein Herr.«
»Gut, ich schlage Folgendes vor: Wenn du gewinnst, bekommst du die Audienz. Wenn du verlierst, bekommt Oghuz dich. Für einen ganzen Tag und eine Nacht. Zum freien Gebrauch nach seinem Belieben. Wobei ich gehört habe, dass ihm viel beliebt. Stimmt das, Oghuz?«
»Jawohl, mein Herr«, antwortete der Mann.
»Als demütiger, bescheidener Christ werde ich mich naturgemäß mit Zuschauen begnügen«, fuhr Demetrios fort. »Nun, was hältst du davon?«
Pelagia sah den Hünen an, der sie mit
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