Sie kamen bis Konstantinopel
eilig des Wegs?«
»Nach Rom, wie ich Eurem Vater schon gesagt habe.«
»Allein, habt ihr ihm auch den Grund genannt?« Lantpert wandte sich an die Umstehenden. »Hört gut zu. Wegen einer Sünde, ließ dieser Bischof wissen, müsse er zum heiligen Vater. Um Buße zu tun!« Er legte die Hand auf seine Brust. »Um was für eine Sünde könnte es sich da wohl handeln? Bei einem so untadeligen Mann Gottes? Hat er den Messwein verschüttet? Oder sich beim Gebet versprochen? Gar die heilige Schrift fallen lassen? Nein, das sagte er meinem Vater nicht.« Lantpert schüttelte mit betrübter Miene den Kopf. »Es war etwas anderes. Dieser ehrwürdige Bischof …«, dabei machte er eine angedeutete Verbeugung, »oder sollte ich besser sagen, dieser geile Hurenbock«, bei diesen Worten spuckte er dem vor ihm stehenden Haimhram ins Gesicht, »… hat meine Schwester Uta verführt!« Die letzten Worte hatte er geschrien, doch jetzt senkte er wieder die Stimme.
»Und der Heilige Vater, was für eine Buße wird der ihm wohl auferlegen? Zehn Psalter täglich extra beten? Eine Woche bei Wasser und Brot? Dazu eine Ermahnung, so etwas doch nicht wieder zu tun?« Lantpert legte scheinheilig die Stirn in Falten. »Wozu überhaupt der weite Weg? Die Buße kann doch auch gleich hier vollzogen werden!« Er sah sich um. »Hier, in …«, er blickte einen der Bauern fragend an, der »Hei… Helphindorf« stammelte.
»Im schönen Helphindorf also. Genau hier soll es sein.«
Patricius, der vermeinte, ein Flackern in den Augen des Bischofs zu lesen, erhob seine Stimme. »Ihr habt kein Recht, einen Mann der Kirche zu richten!«
»Ach, habe ich nicht? Packt ihn!« Zwei Bewaffnete ergriffen Patricius' Arme, während Lantpert von dem Felsen sprang und sich drohend vor ihm aufbaute. »Wer bist du, Peregrinus, mir das zu sagen? Stehst du über mir? Über dem Bischof? Bist du vielleicht Gott?« Bei jedem Satz schlug er dem Mönch hart ins Gesicht. »Soviel zu deinem Recht!«
Er wandte sich um und lachte, als er sah, wie die Bauern zwischen den Häusern in die Dunkelheit davonrannten, gefolgt von den vier Dienern. »Also dann los!«
Patricius, dem das Blut aus der Nase lief, wurde zusammen mit dem Bischof in das Innere der Scheune gestoßen. Lantpert nahm die Laterne, sah sich um und zeigte auf eine Leiter, die an der Wand lehnte.
»Bindet den Hurenbock darauf fest!«, herrschte er seine Knechte an.
Haimhram ließ es ohne Widerstand geschehen, dass man ihn so fesselte, dass seine Arme über dem Kopf hochgebunden waren.
»Nein, Hände und Füße frei lassen, ihr Tölpel«, fauchte Lantpert. Danach betrachtete er prüfend die liegende Leiter mit dem ausgestreckten, die Gliedmaßen leicht gespreizten Körper. »Komm her«, befahl er einem seiner Männer, der soeben mit einer Säge durch die Türe trat. Dann wandte er sich an seine Begleitung.
»Die beste Buße, so scheint mir, ist die, welche zukünftige Sünden verhindert. Ohne Hände beispielsweise fehlt das wichtigste Werkzeug, Schlimmes zu tun.« Er schien eine Weile nachzusinnen, strich sich über den Kinnbart, um gedankenvoll hinzuzufügen: »Aber noch sicherer scheint es mir, wenn auch die Füße fehlen, um sich an den Ort der Übeltat zu begeben.« Er zeigte auf den rechten Fuß des Bischofs, der begonnen hatte, ein Gebet zu sprechen. »Fang an. Aber nicht zu hastig. Wir haben Zeit.«
Patricius kam sich vor wie in einem Nachtmahr. War dieses Ungeheuer wirklich der eitle, etwas prahlerische Sohn des Herzogs, dem er in den letzten Monaten gelegentlich über den Weg gelaufen war? Ein getaufter Christ, der sonntags in der kleinen Kirche von Reganesburg zur Messe kniete? Und warum sagte Haimhram nichts, ließ sich lieber verstümmeln, als die Wahrheit zu gestehen? Verzweifelt sah er sich um, ob nicht von irgendwo Hilfe käme. Doch niemand war zu sehen; der hohe Raum versank in Düsternis, kaum von der Laterne erhellt.
Der Mann setzte die Säge am Fußgelenk an und zog sie einmal vor und zurück. Der gefesselte Körper bäumte sich auf, ein Stöhnen unterbrach die gemurmelten Gebete. Fragend sah der kniende Knecht zu seinem Herrn auf.
»Weiter – oder habe ich etwas von aufhören gesagt?«
Bei der nächsten Bewegung der blutigen Säge zerriss ein Schrei aus dem Munde des Bischofs die Stille. Patricius fühlte, wie sich der Griff des Mannes lockerte, der seinen rechten Arm festhielt, als dieser sich vorbeugte, um besser sehen zu können. Er spannte alle Kräfte an, riss sich los,
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