Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sie kamen bis Konstantinopel

Sie kamen bis Konstantinopel

Titel: Sie kamen bis Konstantinopel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank S Becker
Vom Netzwerk:
Lobdenburg?«
    »Genau. Den du dazu gebracht hast, Heide zu bleiben.«
    »Ja, hätte ich ihn denn anlügen sollen«, fuhr Padraich auf, »ihm Honig ums Maul schmieren? Ihm versprechen, seine ganze mörderische Heidensippschaft könne mit ins Paradies einziehen?«
    »Natürlich nicht.« Haimhrams Ton war versöhnlich, doch der Griff um Padraichs Unterarm fest. »Nur – woher, mein Sohn, nimmst du die Gewissheit, dass es unmöglich sei? Wieso setzt du Gottes Gnade so enge Grenzen? Bist du dir gewiss, dass jede noch so fromme Tat des alten Gibuld nichts ausgerichtet hätte? Ich glaube«, bei diesen Worten ließ der Bischof los und sah ihn ernst an, »dir fehlt es an Demut. Geh in dich und bitte den Herrn, dir zu helfen.«
    Padraich lief rot an, schlug die Augen nieder und nickte. »Danke für die Zurechtweisung. Ich habe sie verdient.«
    Haimhram lächelte. »Bei dieser Gelegenheit habe ich noch eine Bitte. Ich kann deinen irischen Namen schwer aussprechen. Du heißt nach dem heiligen Mann, der eure Insel zum Glauben bekehrt hat. Das war ein Römer, der aus Britannien verschleppt wurde, und den wir Patricius nennen. So möchte ich auch zu dir sagen können: Patricius. Ist dir das Recht?«
    Der Mönch nickte, um nach einer Weile hinzuzufügen: »Gehören zu den vorhin erwähnten schlechten Vorbildern auch die Agilolfinger hier?«
    Haimhram wiegte den Kopf. »Theodo, der Herzog, wohl nicht. Aber sein Sohn Lantpert ist aufbrausend. Dazu misstraut er allen Franken, also auch mir. Demnächst findet ein großes Gastmahl statt, zu dem ich eingeladen bin. Komm mit und sieh selbst.«
    So kam es, dass Padraich oder Patricius, wie er sich jetzt nannte, zwei Wochen später am Ende des langen Eichentisches saß, an dem das Gefolge des Herzogs tafelte. Fackeln erhellten den großen Raum, Diener trugen Platten mit gegrillten Ferkeln herein und andere schenkten Bier aus, während ein Spielmann sich abmühte, das Stimmengewirr mit seinem Leierspiel zu durchdringen.
    »Da, der Blonde da drüben ist Lantpert«, bemerkte der Bischof leise. Dabei zeigte er auf einen jungen Mann, der gerade einem anderen auf die Schulter schlug. Er hatte eine spitze Nase, vorstehende Lippen und langes, gelocktes Haar, das auf sein mit roten Borten besticktes Leinenhemd fiel. Immer wieder strich er sich mit der Linken über den Kinnbart, führte den Krug zum Mund, schlug mit der Faust auf den Tisch und lachte laut.
    Patricius betrachtete ihn eine Zeitlang, dann fragte er: »Und die junge Frau ihm gegenüber, ist das Uta?«
    Das braunhaarige Mädchen trug goldene Bommelohrringe, ein Stirnband sowie ein blaues Umhangtuch, das vorne durch eine Fibel mit blutroten Almandineinlagen zusammengehalten wurde. Er hatte sie schön öfters aus der Ferne gesehen, wenn sie wie ein junges Reh die Wiese vor dem Haus des Herzogs überquerte.
    »Ja, das ist sie«, entgegnete Haimhram.
    Den Rest des Abends beobachtete Patricius Uta, ihren Bruder Lantpert sowie die anderen Männer am Nebentisch, sah ihre Blicke, mit der sie das Mädchen verschlangen, und war mit einem Male froh, schon vor vielen Jahren auf solche Versuchungen verzichtet zu haben. Und doch durchfuhr es ihn wie ein Messerstich, als einmal ihre Augen die seinen trafen, und es ihm schien, als würde sie ihm zulächeln …
    ***
    Die nächsten Monate war Patricius viel auf Reisen. Er wanderte mit dem Bischof durch das Land, gemeinsam predigten sie den Glauben, schlossen Ehen und tauften, wo kein Priester vor Ort war. Ihr Weg führte sie bis nach Augustaburg, wo sie am Grab der heiligen Afra beteten und mit dem dortigen Bischof über die schwierige Lage der Kirche sprachen, bevor sie den Heimweg antraten.
    An einem warmen Augustabend wollte Patricius noch einen kleinen Spaziergang an der Donau machen und hatte gerade das Nordtor erreicht, da rief eine leise Frauenstimme: »Sei gegrüßt, Mönch.«
    Er wandte sich irritiert um, sah niemanden und wollte schon weitergehen, als sich eine schlanke Gestalt aus der Düsternis des Tordurchgangs löste.
    Verblüfft erkannte er Uta. »Was wollt Ihr von mir?«
    »Ich muss dich sprechen.«
    »Hier?«, fragte er verwundert.
    »Nein, komm mit, zu den Weiden am Fluss.« Ihr Gesicht war ernst, das lange Haar am Hinterkopf zu einem Knoten gebunden, der von einer durch ein Lederstück gesteckten beinernen Nadel zusammengehalten wurde, um den Hals trug sie eine Kette aus blauen Glasperlen.
    »Was wollt Ihr von mir, an diesem … nun, für uns beide eher ungebührlichen

Weitere Kostenlose Bücher