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Sie kamen bis Konstantinopel

Sie kamen bis Konstantinopel

Titel: Sie kamen bis Konstantinopel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank S Becker
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eindringlich, der sich wie ein gefangener Vogel fühlte. »Ja«, drängte die Mutter und Padraich nickte beklommen. »Ja.«
    »Dann sei willkommen.«
    Mit einem Gruß verabschiedete der Mönch die Frau, die mit raschen Schritten zum Tor ging. Padraich sah ihr nach und erhaschte einen letzten Blick von seiner Mutter, bevor sich die Türflügel schlossen und der große Riegel vorgeschoben wurde.
    »Sieh mich an, mein Junge.« Padraichs Kopf fuhr herum. »Erschrecke ich dich?«
    Die Stimme des Mannes war mild, aber mit einem fremdländischen Akzent, wie ihn der Junge noch nie gehört hatte. Er schüttelte zögernd den Kopf. »Nein, aber es … Sie sehen so ungewohnt aus!«
    Der Mönch lächelte. »Das verstehe ich. Anfangs geht das allen Neuen so.« Er sah dem Jungen in die Augen. »Ich komme von weit her, aus Ägypten. Aus einem Kloster, das der heilige Antonius in der Wüste gegründet hat. Weißt du, wer das war?«
    Verlegen schüttelte Padraich erneut den Kopf. »Nein, ich weiß nichts. Meine Eltern sind arme Leute …«
    Er dachte an seinen Vater und musste schlucken. »Aber ich bin hier, um zu lernen. Alles will ich lernen, alles!«
    Bruder Eirenäus schmunzelte. »Da bist du bei mir richtig, denn ich lehre Latein und Griechisch. Aber das kommt später, zuerst musst du vieles andere lernen.«
    Er winkte dem Jungen. »Jetzt zeige ich dir das Kloster. Den Eingangsbereich hast du ja schon gesehen. Hier aber sind wir im eigentlichen Klosterbezirk, den nur die etwa hundert Mönche, die Novizen und die Schüler der Klosterschule betreten dürfen.«
    Padraich sah sich mit großen Augen um. Er kam sich vor wie in einem Dorf, so viele Häuser drängten sich auf der grünen Wiese, die den Raum innerhalb der Mauer ausfüllte.
    »Gleich vor uns steht das wichtigste Gebäude, unser Teampull.« Padraichs Augen folgten der ausgestreckten Hand, die auf eine aus sorgfältig behauenen Steinen errichtete, mit Schindeln gedeckte Kirche wies. Über dem niedrigen, rechteckigen Erdgeschoss erhob sich ein hoher Giebel, an dessen Spitze sich zwei geschnitzte Balken kreuzten; ein großer Querstein überspannte den Eingang mit der schmucklosen Türe. Noch manche andere Gebäude zeigte ihm der Mönch, deren Bedeutung er erst im Laufe der Zeit begriff: Die Bibliothek mit dem Skriptorium, das Haus des Abtes, die Küche, den Gemeinschaftsraum, die Latrine sowie die zahlreichen Kegelhäuser, in denen jeweils zwei bis drei Brüder lebten. Dazu kamen im Besucherbereich eine Brauerei, der Speicher, ein Hühnerstall, die Wohnungen der Knechte und Schüler, eine Kirche und das Hospiz für Gäste.
    Dies alles wurde in den nächsten Jahren zu Padraichs neuer Heimat. Er lernte, sich dem strengen Tagesablauf zu fügen, der durch Gebete, Gottesdienste und die Schule geprägt war. Neben der irischen Sprache, Lesen und Schreiben wurden die Geschichten der Bibel und Theologie gelehrt, gefolgt von Latein. Die Grundlagen unterrichtete Bruder Eirenäus anhand der Grammatik des Aelius Donatus, doch bald gingen sie zu den Schriften von Cicero und anderen heidnischen Autoren über. Dazu kamen Astronomie, Geschichte, Rechnen, Medizin und Recht. Da Padraich aufgeweckt und fleißig war, durfte er später auch zu Pater Eirenäus in dessen Griechischklasse, wo er manches über die heilige Stadt Jerusalem erfuhr, in der der Ägypter einst ein Jahr an der Grabeskirche verbracht hatte. So wuchs er in der Geborgenheit einer eng umgrenzten Gemeinschaft auf, die von der strengen Klosterregel mit ihren Geboten und Strafen bestimmt war. Doch zugleich durfte sein Geist in fernen Welten wandern und Wissen aufnehmen, von dem außerhalb des Klosters kaum jemand etwas gehört hatte.
    Abends vertilgte er große Portionen von Brot und Haferbrei, dazu gab es Molke, an Sonntagen gekochte Gänseeier und an hohen Festtagen auch einmal ein Stück Schweinebraten. Mit den Jahren wurde er groß und stark, da er früh in der Landwirtschaft half und Eirenäus ihm, wenn die Klostermahlzeit nicht ausreichte, stets noch etwas zusteckte. Doch auch die anderen Mönche mochten den pflichtbewussten, stets hilfsbereiten Jungen mit den regelmäßigen Gesichtszügen und dem klaren Blick. So war es für ihn keine Frage, dass er mit fünfzehn Novize wurde und bald begann, in der Klosterbibliothek zu arbeiten. Dort lernte er Kilian kennen, einen grazilen, dunkelhaarigen Jungen, der zwei Jahre älter war als er. Da er aus der Sippe des örtlichen Herrschers, des Ri, stammte und der Neffe des Abtes war,

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