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Sie kamen bis Konstantinopel

Sie kamen bis Konstantinopel

Titel: Sie kamen bis Konstantinopel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank S Becker
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voran, von den Böen geschubst, bis sie zu guter Letzt den Bischofspalast erreichte. Ein Diener führte sie hinauf, verbeugte sich und verschwand, als ihm Patricius bedeutete, dass seine Dienste heute nicht mehr benötigt würden. Regale voller Codices füllten den Raum, dessen Ende ein großer Tisch mit einem Bücherstapel einnahm. Mitten darauf stand ein Weinkrug samt grünen Gläsern, umgeben von zahlreichen Öllampen, deren Flämmchen flackerten, wenn der Wind am Fenster rüttelte.
    »Setz dich«, sagte Patricius, nachdem er ihr den Mantel abgenommen hatte, und wies auf einen Stuhl. »Worum geht es?«
    Pelagia berichtete, was sich in den letzten Tagen zugetragen hatte, und schloss mit der Frage. »Was, meinst du, kann ich tun, um den Kaiser wohlwollend zu stimmen?«
    Der Mann sah sie prüfend an und strich sich mit der Hand über die Wange, wobei Pelagia erneut auffiel, dass Ring- und Mittelfinger gleich lang waren. »Was willst du wirklich?«, wollte er wissen. »Geht es dir um den Fischer oder um dich selbst?«
    »Um Petros natürlich«, stieß sie empört hervor.
    »Bist du ganz sicher?« Die blauen Augen schienen sie zu durchdringen – freundlich, aber unerbittlich.
    Pelagia schlug verlegen den Blick nieder. »Ja, natürlich …«, sie schwieg einen Augenblick, dann fuhr sie trotzig fort, »aber ich will auch, dass der Kaiser mich bemerkt. Ich will …«
    Unschlüssig verstummte sie, während Patricius sie nachdenklich musterte. »An den Hof wolltest du schon immer, nur hat man dich bei dem Festbankett in Rom nicht so beachtet, wie du es erhofft hattest. Nach Syrakus konntest du zwar als Übersetzerin mitkommen, doch hast du seitdem nichts gewagt. Und nun versuchst du es als Bittstellerin …« Bedächtig drehte er ein Schreibrohr in der Hand. »Kann es sein, dass deine Ansprüche vor lauter Angst in unerfüllbare Höhen gewachsen sind? Weil du ahnst, dass es am Hofe nichts geschenkt gibt? Dass du vielleicht in eine Schlangengrube steigen müsstest?«
    Pelagia spürte, wie ihr das Blut ins Gesicht schoss. Nicht wenige Männer hatten in den letzten Jahren um sie geworben, doch in der Tat war ihr keiner Recht gewesen. Widerwillig nickte sie, wobei sie unwillkürlich an ihr Rollsiegel fasste. »Ja, das kann sein. Ich dachte, alles würde, nun ja, viel einfacher sein.«
    Patricius lächelte sie an, nahm den Weinkrug und schenkte zwei Gläser voll. Als er eines der Frau reichte, schienen die Flammen der Lampen auf dem Glas zu tanzen. »Trink, das wird dir helfen, offen und aufrichtig zu sein. Zu mir – und zu dir selbst.«
    Pelagia wollte erst ablehnen, da sie Wein nicht gewohnt war, doch dann nahm sie das Glas. Die rote Flüssigkeit war süß, schwer und half ihr tatsächlich, nach einigen Schlucken auszusprechen, was ihr auf dem Herzen lag.
    »Ich dachte, ich würde dem Kaiser vorgestellt, würde am Hof einen Mann kennenlernen, der sich in mich verliebt …«, gestand sie traurig, »… und den ich auch lieben kann. Ein Mann, der mich versteht, der stark ist und mich beschützt.« Sie brach ab, um noch einen tiefen Schluck zu nehmen. Auch Patricius leerte seinen Wein, schenkte beiden nach und stand auf. Er war jetzt Mitte dreißig und sein regelmäßiges, gut geschnittenes Gesicht wies ein Netz von Fältchen um die Augen auf, was ihn jedoch nur noch attraktiver erscheinen ließ. Schlagartig wurde Pelagia bewusst, dass mehr als nur Furcht sie davon abgehalten hatte, ihr Glück ernsthaft bei Hofe zu versuchen.
    »Wenn ich dir einen Rat geben darf«, unterbrach seine Stimme ihre Gedanken, »dann versuche an dem Abend, dir den Kaiser gewogen zu machen. Liege ihm nicht nur mit Klagen und Bitten in den Ohren. Unterhalte ihn – sing etwas, spiel die Kithara.«
    Seine Stimme klang sachlich, doch sie bemerkte, wie seine Unterlippe zitterte. Pelagia stand auf und spürte, wie stark der Wein bereits ihre Sinne benebelte. Um ihre Unsicherheit zu überspielen, antwortete sie rasch. »Das ist gewiss ein guter Rat. Natürlich sind meine Ängste und Träume dem Kaiser gleichgültig.« Sie schwankte leicht und fragte unvermittelt: »Stimmt es, dass er das Geld für einen Feldzug braucht?«
    Patricius nickte und vermied ihren Blick. »Ich weiß selbst nichts Genaues. Aber man sagt, dass er eine große Flotte ausrüsten will, um Alexandria anzugreifen. Dazu würde ein Geheimnis passen, das mir der Bischof anvertraut hat.«
    Er sah sie mit dem Finger auf den Lippen an und ging zur Türe, das Weinglas in der Hand,

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