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Sie kamen bis Konstantinopel

Sie kamen bis Konstantinopel

Titel: Sie kamen bis Konstantinopel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank S Becker
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sie sich schon so lange sehnte. Sie schloss die Augen und wartete auf die Berührung. Patricius legte vorsichtig seine Arme um sie, zögernd, als fürchte er, etwas zu zerstören. »Komm …«, sagte sie leise und öffnete die Lippen. »Ich will …« Sie hörte seinen Atem, spürte sein Herzklopfen und sehnte sich nach dem, was jetzt kommen würde, auch wenn sie im Innersten ihres Herzens zugleich Angst davor hatte.
    Doch dann ließ der Mann seine Arme sinken.
    »Ich möchte gerne … aber ich kann nicht«, stöhnte er, wobei jedes Wort ihm unendlich schwer zu fallen schien. »Selbst wenn mich der Papst vom Mönchsgelübde entbunden hat …«
    Ein Blitz tauchte die Bibliothek in grelles, kaltes Licht, fast zeitgleich mit einem ohrenbetäubenden Donnerschlag. Pelagia spürte, wie Patricius zusammenzuckte und sie von sich schob.
    »Ich kann nicht, ich darf nicht …« Er schrie es, als ob er Angst habe vor einem höheren Willen, der sich in den Naturgewalten zeigte.
    Pelagia erstarrte. Schlagartig überfiel sie ohnmächtige Wut, gemischt mit Enttäuschung und dem Gefühl der Erniedrigung.
    »Dann vertrockne doch im Dienste deines Gottes!«, fauchte sie ihn an. »Dem Gott der Verbote, der am liebsten die Menschen straft, die er geschaffen hat!« Sie griff sich ihren Mantel, rannte zur Türe und stürzte auf den Gang hinaus.
    »Halt, bleib, wohin willst du …«
    Patricius' Stimme klang bittend, aber sie rannte weiter, verfolgt vom Hall ihre Schritte, und wünschte sich zugleich, noch andere Schritte zu hören. Aber niemand folgte ihr.
    Atemlos stemmte sie die Flügeltüre des Portals auf und stolperte hinaus. Das Wasser schoss eine Handbreit hoch über die Straße, zerfurcht von den Einschlägen unzähliger Tropfen. Nach wenigen Augenblicken rann ihr der Regen über das Gesicht. Pelagia war dankbar dafür, denn so konnte niemand ihre Tränen sehen.
    ***
    Am Abend des übernächsten Tages machte sie sich zum Palast des Kaisers auf. Sie hatte sich von ihren Ersparnissen ein neues, mit bunten Mustern besticktes Kleid gekauft, dazu ein Paar goldener Ohrringe mit Korallen, für die ihr der Juwelier einem Sonderpreis gemacht hatte. Zwei Schritte hinter ihr folgte ihr Diener, der eine Kithara trug.
    Patricius war sie nicht mehr begegnet. Am Tag nach dem Treffen in der Bibliothek hatte ein Bote ein Päckchen abgegeben, das sie mit zitternden Händen aufgerissen hatte. Innen war nur ein in Tuch gewickelter kleiner Gegenstand gewesen. Dazu ein Brief, in dem Patricius ihr höflich mitteilte, dass er noch am gleichen Tag zu den Langobarden aufbrechen müsse und ihr den Segen Gottes für ihren weiteren Aufenthalt wünsche. Doch nach seiner sorgfältigen Unterschrift hatte da noch ein seltsamer Satz gestanden. »Ich lege etwas bei, das mir einst ein alter Mönch gegeben hat. Möge es dir das Glück bringen, das mir versagt blieb.« Als sie das Tuch öffnete, fiel ein kleiner, runder Stein heraus, der die Form eines Seeigels hatte. Den Tränen nahe wollte ihn Pelagia zuerst wegwerfen, behielt ihn aber zuletzt doch, nicht ohne sich zu schwören, jegliche Hoffnung auf Patricius aus ihren Gedanken zu tilgen.
    Am kaiserlichen Palast angekommen – der in Wahrheit nicht mehr als das geräumige Wohnhaus einer vornehmen Familie war – ließen sie die Torwachen sofort passieren. Ein Diener führte sie in den großen Saal, der im ersten Obergeschoß lag. Von den Fenstern hatte man einen weiten Blick über die Bucht von Syrakus. Über den Hügeln schwebte der Ball der Sonne, deren Schein alles mit einem warmen Rot übergoss. Etwa fünf Schritte von den Fenstern entfernt stand ein großer Tisch, an dem eine Reihe reich gekleideter Männer so saß, dass sie über das Meer blicken konnten. In ihrer Mitte erkannte Pelagia sogleich Kaiser Konstans. Seine Schnurrbartspitzen ragten über die fleischigen Wangen hinaus, sein gewelltes Haupthaar wurde von einem mit Perlen und Edelsteinen geschmückten Diadem gekrönt. Er war in ein Gespräch mit einem jungen, ausgesprochen gut aussehenden Mann vertieft, der neben ihm saß, der Pelagia bei ihrem Eintreten intensiv musterte und ihr fast unmerklich zuzulächeln schien. Der Diener wies ihr in einer Ecke einen Platz an, von dem aus sie alles im Raum beobachten konnte. Der Tonfall und die Gebärden der Gäste verrieten ihre Bedeutung, ihre Rangordnung sowie ihr stetes Buhlen um die Aufmerksamkeit des Herrschers. Vor ihnen standen reich verzierte Glaskelche, in denen roter Wein schimmerte. Immer

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