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Sie kamen bis Konstantinopel

Sie kamen bis Konstantinopel

Titel: Sie kamen bis Konstantinopel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank S Becker
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wieder wurden die Becher gehoben und geleert, nur um sofort von Bediensteten aufgefüllt zu werden. Eine gute Stunde verstrich, während der Pelagia nur ein Glas Wein und ein Teller mit gebratenen Sardinen gereicht wurde. Immer wieder zog sie einen kleinen Spiegel hervor, um ihr Aussehen zu überprüfen: Ihr ebenmäßiges Gesicht mit den hohen, geschwungenen Augenbrauen, ihre dunkel umrandeten grünen Augen, die unter dichten, langen Wimpern hervorsahen und die perfekte Reihe Zähne, die die vollen Lippen beim Lächeln entblößten. Die Korallenohrringe passten wunderbar dazu. Pelagia war sich sicher, dass dieser Abend über ihr Schicksal entscheiden würde.
    »Ruhe!« Des Kaisers befehlsgewohnte Stimme verriet kaum, dass er getrunken hatte. »Lasst uns auf General Mizizios und die Soldaten anstoßen, die er zu unserer Verstärkung herangeführt hat!« Er hob einen goldenen Pokal, nahm einen langen Schluck, und alle Gäste taten es ihm gleich.
    Der schöne junge Mann mit der sonnengebräunten Haut, den schwarzen Locken und den großen, dunklen Augen, die vorhin Pelagia so eingehend betrachtet hatten, stand lächelnd auf, verbeugte sich tief und hob sein Glas. »Auf unseren Kaiser – und dass ihn Gott über seine Feinde triumphieren lassen möge!«
    Erneut tranken alle, dann machte der Kaiser eine knappe Handbewegung. Ein Bediensteter führte Pelagia heran, die vor dem Tisch auf die Knie sank, sich verbeugte, bis ihre Stirn den Boden berührte, und sich wieder aufrichtete, als der Kaiser es ihr gestattete.
    Der Raum wurde nun von zahllosen Öllampen erhellt, die an Ketten von Bronzeleuchtern herabhingen. Das allgemeine Gemurmel erstarb, als Konstans mit geöffneter Hand auf die junge Frau wies. »Bring dein Anliegen vor!«
    Pelagia verharrte einen Augenblick wie gelähmt, bevor sie all ihren Mut zusammennahm und ihre Erlebnisse schilderte. Sie schloss mit den Worten: »Ich bitte um Gnade für den armen Fischer, dessen Sohn der Steuereinnehmer als Sklave verkaufen will!«
    Der Kaiser sah sie nachdenklich an, wobei er sich über die Bartspitzen strich. »Wie war noch der Name des Steuereinnehmers?«
    »Das weiß ich nicht«, antwortete Pelagia sichtlich verlegen. »Er wurde immer mit Judex angesprochen.«
    »Wie jeder höhere Beamte«, entgegnete Konstans kopfschüttelnd. »Weißt du wenigstens, wie die Soldaten hießen?«
    »Nein, sie wollten ihre Namen nicht nennen. Sie gaben vor, sie vergessen zu haben …«
    Gelächter erfüllte den Raum. Pelagia wäre am liebsten im Erdboden versunken und schalt sich innerlich eine Närrin, damals nicht hartnäckiger gewesen zu sein. »Aber es müsste doch möglich sein … wenn man den Namen des Ortes weiß …«
    »Du meinst also, ich sollte eine offizielle Untersuchung einleiten, um«, bei diesen Worten blickte sie der Kaiser mit spöttisch herabgezogenen Mundwinkeln an, »die namenlosen Übeltäter zu ermitteln?« Er wandte sich gönnerhaft an die Gäste. »Habt ihr das gehört?« Pflichtschuldiges Gelächter machte die Runde. Konstans nahm einen Schluck Wein, bevor er sich erneut Pelagia zuwandte. »Weißt du, worum es hier geht?«
    Sie schüttelte stumm den Kopf.
    »Aber du weißt, dass vor einigen Jahrzehnten unter den Sarazenen ein Prophet aufgetaucht ist? Dass sie daraufhin begonnen haben, das Römische Reich anzugreifen, um uns eine Provinz nach der anderen zu entreißen? Dass sie sogar schon Africa geplündert haben, ja dass selbst diese Insel vor ihren Überfällen nicht verschont blieb? Nur dass unsere Flotte sie hier in die Flucht schlagen konnte?«
    Zu jeder der Fragen nickte Pelagia, als sei sie wieder im Unterricht ihres Hauslehrers, was den Kaiser zu befriedigen schien.
    »Und damit diese Plage nicht wiederkehrt«, fuhr er fort, »dazu brauchen wir Soldaten. Die ihrerseits Löhnung erwarten, für die wir Steuern erheben. Manchmal auch mit Nachdruck einfordern müssen, wenn dir dieser Ausdruck lieber ist. Verhält es sich nicht so?« Mit diesen Worten richtete er sich an die anderen Gäste, die lebhaft nickten. Danach senkte er seine Stimme, so dass sie fast lauernd wirkte. »Oder glaubst du etwa, irgendwer würde freiwillig bezahlen? Vielleicht meinst du sogar, es sei gleichgültig, ob diese Provinzen unter unserer christlichen Herrschaft verbleiben oder unter das Joch der häretischen Sarazenen fallen?«
    Pelagia schüttelte stumm den Kopf, worauf der Kaiser leichthin fortfuhr.
    »Du siehst, dass mein unbekannter Beamter nur seine Pflicht getan hat. Dir

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