"Sie koennen aber gut Deutsch!"
müssen, sich diese zu teilen ebenso wie ihre Ressourcen, sie gemeinsam zu gestalten, sie so zu verändern, dass jeder sich darin zurechtfindet, damit zurechtkommt. Eine Gesellschaft der Vielfalt muss mit Verunsicherung umgehen können, denn Vielfalt schafft auch Verunsicherung, manchmal blendet sie einen gar vor lauter Buntheit,
Grellheit, und das muss sie dann wiederum auffangen können; und auch damit zurechtkommen können, dass zu einer Gesellschaft der Vielfalt auch diejenigen gehören, die diese vielleicht nicht gutheiÃen oder zumindest beängstigend finden.
Ein anderes Wort für Vielfalt, da wir gerade bei Begrifflichkeiten sind, für die Vielfalt von Ideen und Lebensstilen, wäre Demokratie.
Wenn man bereit ist, von Vielfalt zu sprechen, könnte man auch endlich über Diversität sprechen. Schon längst ist in der einschlägigen Fachliteratur anderer Länder von Diversität die Rede, während man bei uns immer noch zu Begriffen wie Integration, Migration greift. Wenn man von Diversität spricht, spricht man nicht vorrangig von Problemen. Man spricht nicht mit Angst in der Stimme, also mit der Angst zum Beispiel, jemand könnte sich der Integration verweigern. Die Fragestellung ist eine andere. Die Fragestellung ist eine positive, weil man nach dem Nutzen dieser Vielfalt, dieser Verschiedenheit fragt, weil man sie als Motor für gesellschaftliche Entwicklung begreift. Die Haltung dabei ist keine Erwartungshaltung, bei der die Mehrheit darauf wartet, dass sich die Minderheit anpasst. Die Haltung ist eine interessierte, in der es nicht um Mehr- oder Minderheiten geht, sondern darum, was jeder Einzelne mit seiner Herkunft, seinem Erfahrungsschatz zum groÃen Ganzen beitragen kann. Ein Ansatz, der von Unternehmen genutzt wird â Diversity Management ist da der Fachbegriff â, die ihren Gewinn maximieren wollen. Die nicht Probleme, die aufgrund von Vielfalt entstehen könnten, lösen wollen, sondern â das muss man sich noch einmal im Vergleich zu den Konnotationen von Begriffen wie »Ausländer« oder »Migrant« auf der Zunge zergehen lassen â ihren Gewinn maximieren wollen. Weil sie erkennen und davon profitieren â und zwar nicht etwa aus Mitmenschlichkeit,
sondern aus reinem Gewinnstreben â, dass unterschiedliche Menschen unterschiedliche Fähigkeiten, Begabungen und Ideen mitbringen, die alle zusammen das Unternehmen weiterbringen. Das Konzept lässt sich auf Gesellschaften, auch auf die deutsche, übertragen. Und wem es nicht gelingt, Vielfalt als ein positives Gesellschaftsmerkmal, als eine Bereicherung, noch nicht einmal als eine Herausforderung, mit der man umgehen kann, zu sehen, der hat immer noch die Möglichkeit, wirtschaftlich-gewinnorientiert zu denken: Schaffen wir es, das Potenzial, das Kapital einer vielfältigen Gesellschaft zu nutzen, die Gesamtheit unserer Verschiedenheiten und Gemeinsamkeiten zu erkennen und zur Gestaltung unserer Gesellschaft zu aktivieren, dann wird dieses Land davon profitieren, werden die Probleme, die Vielfalt eben auch mit sich bringt, leichter zu lösen sein. Klingt das nicht vielversprechend für diejenigen in unserem Land, für die Vielfalt nicht unbedingt eine Bereicherung ihres eigenen Lebens darstellt, die aber dem Land an sich Prosperität und internationales Ansehen wünschen? Das ist nicht meine Denkart, das ist keine Denkart, die ich persönlich sympathisch finde, aber darum geht es auch gar nicht. Unser Land besteht aus Menschen nicht nur unterschiedlicher Herkunft, was zu akzeptieren ich allen ans Herz lege, sondern genauso aus Menschen mit unterschiedlichen Meinungen und Einstellungen, die ihren Platz in einer Demokratie finden. Wenn bei uns im Haus eine griechische Familie einzieht, die Eltern beide Ãrzte, die hierhergekommen und eingeladen worden sind, weil hier Mediziner fehlen, und ich mich darüber freue, weil es unser Haus noch bunter macht, weil es neue Einflüsse gibt, während die Nachbarin im Flur zu mir sagt: »Naja, so bekommen wir zumindest die Fachkräfte, die wir brauchen!«, dann ist es eine andere Sichtweise als meine. Ich muss diese andere Art der Wahrnehmung
nicht sympathisch finden, sondern nur akzeptieren. So wie die Nachbarin â aus rein wirtschaftlichen und arbeitsmarkttechnischen Gesichtspunkten â billigt, dass unser Haus und somit auch unser Land vielfältiger werden.
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