"Sie koennen aber gut Deutsch!"
Integrationspolitik in Deutschland
Die Politik, also die Politiker, die Regierung, die Opposition (die Ex-und-Möchtegern-Regierung), die Minister samt ihren Ministerien, und jeder, der sich selbst diesem Milieu zurechnen würde, hat einen Selbstschutzinstinkt. Den Trieb, sich vor möglichen Angriffen, Vorwürfen, gar Vorwürfen der Untätigkeit (tatenlose Politik!) zu schützen, um am Leben oder vielmehr an der Macht zu bleiben. Man schützt sich, mit Reden und Vorschlägen und vagen Ideen, die wie Taten aussehen oder wirken sollen, in der Realität aber nichts weiter vermögen auÃer vorgetragen zu werden, um bald im Nirvana zu verschwinden. Der Rest ist Kulisse: Gremien, Untersuchungskommissionen, Berichte zur Lage von irgendwas ⦠Mit der Konsequenz, dass am Ende alles beim Alten bleibt, auch wenn diejenigen, die sich Politiker nennen, sich selbst auf die Schulter klopfen und stolz verlautbaren: Wir haben etwas getan. Das Gremium gegründet, die Kommission ins Leben gerufen, den Bericht in Auftrag gegeben. Oder sie geben zum Beispiel stolz bekannt: Wir haben einen Gipfel, nämlich einen Integrationsgipfel, initiiert, wir haben eine Beauftragte, nämlich die Beauftragte für Migration, Flüchtlinge und Integration, bestellt. Und dann freut man sich, so getan zu haben, als hätte man etwas getan, und alles scheint für die Dauer der Pressekonferenz ganz gut.
Aber fragt dann jemand: Womit genau ist diese Integrationsbeauftragte denn beauftragt worden? Sich um die Integration zu kümmern? Wie kann ein einzelner Mensch sich um die Integration so vieler Menschen in einem ganzen Land
kümmern? Was tut, was kann so eine einzelne Integrationsbeauftragte denn überhaupt bewirken? Sie kann weitere Kulissen aufbauen. Zum Beispiel in regelmäÃigen Abständen einen Bericht in Auftrag geben, den »Bericht zur Lage der Ausländerinnen und Ausländer in Deutschland«. Obwohl man sich eigentlich schon vor Jahren dazu entschlossen hat, die Ausländerinnen und Ausländer politisch korrekt »Menschen mit Migrationshintergrund« zu nennen, heiÃt dieser Bericht noch genauso. Mit anderen Worten: Obwohl man sich vor Jahren dazu entschlossen hat, mit diesem neuen Begriff auch beim Mikrozensus eine offizielle Teilung in ein »Ihr« und ein«Wir« vorzunehmen, damit auch dem Letzten klar wird, auf welcher Seite er steht bzw. stehen muss, damit die ehemaligen Ausländerinnen und Ausländer nicht plötzlich aus Versehen ins »Wir« rutschen.
Der letzte »Bericht zur Lage der Ausländerinnen und Ausländer in Deutschland«, immerhin der achte, aus dem Jahr 2010, stellt so überraschende Tatsachen fest wie die, dass in Deutschland keine Chancengleichheit existiert. Nur: Ãberraschend für wen? Er stellt beispielsweise fest, dass Migranten unter anderem viel länger nach einem Arbeitsplatz suchen müssen als Deutsche, im Durchschnitt 17 Monate lang auf eine Lehrstelle warten müssen, 17 Monate, in denen sie was tun? Nicht zu verzweifeln versuchen? Sich aus Verzweiflung gar zurückziehen, sich vielleicht extremistischen Organisationen nähern? Diese Tatsache findet dann auch die Integrationsbeauftragte nicht schön und kommt entrüstet zu dem Schluss: »Es darf niemand wegen seiner Herkunft aussortiert werden.« Und das ist dann auch schon die ganze Konsequenz aus dem Bericht. Sie (nicht sie persönlich, selbstverständlich; aber so viel Polemik sei an dieser Stelle erlaubt) geht nicht etwa in die Betriebe, um diese auf ihr fremdenfeindliches Auswahlverfahren
der Auszubildenden aufmerksam zu machen. Sie legt keine Quoten fest, nach denen jeder Betrieb auch eine bestimmte Anzahl »Jugendlicher mit Migrationshintergrund« einstellen muss. Sie ergreift auch sonst keinerlei MaÃnahmen, die dazu führen könnten, dass sich die Einstellung in den Betrieben, und damit im gesamten Land, ändern würde. MaÃnahmen, die dazu führen würden, dass bei der Einstellung von Auszubildenden oder sonstigen Arbeitnehmern andere Kriterien als der Klang des Namens oder der Geburtsort eine Rolle spielen. MaÃnahmen, dass im Ausland erworbene Abschlüsse schneller und unkomplizierter anerkannt werden. MaÃnahmen, die Stadteile mit schwieriger sozialer Lage gezielt fördern. Sie äuÃert sich moralisch richtig zu den aus moralischer Sicht zu beanstandenden und im »Bericht zur Lage der Ausländerinnen
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