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Sie kommen!: Ein Blog vom Ende der Welt (German Edition)

Sie kommen!: Ein Blog vom Ende der Welt (German Edition)

Titel: Sie kommen!: Ein Blog vom Ende der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Madeleine Roux
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erleben. Nach einer Stunde oder zwei mit meinem Bruder muss ich entweder ein bisschen duselig sein oder es kommt zum Brudermord.«
    »Ich wusste, ihr seht euch ähnlich.«
    »Wir können später tratschen. Lass uns konzentriert bleiben, ja?«, kommandiert er. Auf dem Betonboden rutsche ich näher an ihn heran, stelle die Flaschen und die Schachtel mit den T-Shirts direkt neben sein Bein. »Gut, jetzt greif in meine Tasche.«
    »Ja sicher, netter Versuch.«
    »Hör mal, Schätzchen, wenn ich wollte, dass du mir den Sack massierst, würde ich fragen. Nein, ich will, dass du mein Messer rausholst.«
    »Sie haben dich nicht durchsucht?«
    »Doch, eine Horde waffenklirrender Iowa-Countryjungs hat es wirklich genossen, mich abzutasten. Sie fanden heraus, dass alles, was ich dabeihabe, kleiner ist als alles, was sie dabeihaben, und sie haben recht. Was sollte ich machen? Sie mit einem Taschenmesser erstechen? Sie haben Gewehre.«
    »Du wärst überrascht, was man mit Gegenständen des Alltags alles machen kann«, sage ich und lächele in mich hinein.
    »Ich erkundige mich später. Nimm das Messer. Da müsste auch ein Feuerzeug sein.«
    In seiner linken Tasche befindet sich ein Schweizer Messer, gerade groß genug, um einige der wesentlichen Werkzeuge zu enthalten. Es ist ein schönes Messer mit seinem eingravierten Namen. Und ich stoße auf ein Feuerzeug, ein glattes silbernes Zippo. In diesem Moment lebt das schlimme Gefühl in meinem Magen so richtig auf und verwandelt meine Innereien in Matsch, in dem das Unbehagen wimmelt. Ich bin nicht gut mit Blut, und ich habe so ein Gefühl, dass …
    »Chirurgie für Anfänger: Tu nichts, was ich dir nicht ausdrücklich gesagt habe. Verstanden?«
    »Halt mal, halt mal, Chirurgie? Ich schneide das Ding aus dir raus?«
    »Möchtest du lieber deine Zähne benutzen? Ja, du musst es herausschneiden. Ist das ein Problem?«
    »Ich habe nur …«
    »Angst?«
    » Nein . Ich bin nur nicht gut mit … du weißt schon … Blut und Venen und Eingeweiden und solchem Zeug.«
    »Süße, wenn du so lange durchgehalten hast, dann hast du bestimmt schon jede Menge Scheiße gesehen, hab ich recht?«
    »Sicher.«
    »Und wie ich aus dem finsteren Lächeln vor einer Sekunde schließe, hast du auch schon ein oder zwei Leute umgebracht. Auch richtig?«
    »Ich … ja. Auch richtig.«
    »Du kannst eine Waffe gegen jemanden einsetzen, aber du kannst keine Waffe benutzen, um mir zu helfen? Nebenbei, dass du hier bist und nicht Maria oder mein Bruder, bedeutet, dass du Hilfe suchst. Sie haben das Zauberwort ›Arzt‹ gesagt, und du hast dein Leben riskiert, um mich zu holen, also entweder brauchst du mich oder du willst eine Heilige werden. Also, was ist los? Ist jemand da draußen verletzt, jemand, der dir etwas bedeutet?«
    »Also schön, da ist was dran«, sage ich und muss schwer schlucken. »Allerdings ist es ziemlich dringend . Und überhaupt, wieso bist du noch nicht gestorben? «
    »Wenn ich an dem Scheißding ziehe und keine Möglichkeit habe, die Blutung zu stoppen, verblute ich. Die Zeit läuft mir davon, und wahrscheinlich hätte ich es bald allein versucht, wenn du nicht aufgetaucht wärst. Es ist ziemlich kompliziert, weißt du?«
    »Okay«, sage ich.
    »Wenn ich meinen verdammten Arm gebrauchen könnte, wäre es nicht so ein Problem, aber wie die Dinge liegen …«
    »Schon gut. Ich hab’s kapiert. Also, womit fangen wir an?«
    Julian streckt sein verletztes Bein aus und winkelt das andere an. Ich rücke langsam näher, fühle, wie mein Magen sich verkrampft, als führe ich Achterbahn. Es ist viel fürchterlicher, als Untoten die Axt in den Kopf zu hauen. Eine falsche Bewegung, ein Ausrutscher, ein Zögern, und ich könnte mit meiner Inkompetenz einen unschuldigen Mann töten.
    Kein Druck!
    »Du schwitzt«, sagt er.
    »Ich bin im Begriff, dir das Bein aufzuschneiden, etwas Benehmen, bitte.«
    »Immer schön der Reihe nach«, sagt er. »Wir, ähm, brauchen zuerst noch mehr Hilfsmittel.«
    »Was?«
    »Keine Angst. Wir können wahrscheinlich etwas benutzen, das es hier drin gibt.«
    »Zum Beispiel?«, frage ich und lasse meinen Blick über die leeren Regale wandern. Julian späht ebenfalls in der Gegend herum, prüft die hier und da verstreuten diversen Gegenstände.
    »Das wird nicht gerade schön , aber …«
    »Wird es funktionieren?«, frage ich.
    »Wahrscheinlich.«
    »Das muss reichen«, sage ich und erhebe mich achselzuckend. Es ist ja sein Bein. »Was brauchen wir?«
    »Schnapp dir den

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