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Sie kommen!: Ein Blog vom Ende der Welt (German Edition)

Sie kommen!: Ein Blog vom Ende der Welt (German Edition)

Titel: Sie kommen!: Ein Blog vom Ende der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Madeleine Roux
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Überlebenden, die aus der Kälte hereingebracht werden.
    »Es ist nur … Du hast seit längerem nicht viel Zeit mit den Jungs verbracht, oder mit Ned.«
    »Hmph«, sagt sie und wirft ihre Haare zurück. »Oh. Stimmt .«
    »Ich … entschuldige. Ich wollte keinen wunden Punkt berühren.«
    »Nein, ist in Ordnung … ich habe nur … vergiss es, nicht wichtig, nicht mehr.«
    Ich zerre sie ein Stückchen zurück in den Korridor und stelle mich so vor sie, dass sie nicht entwischen kann. Es fühlt sich beschämend an, so mit älteren Frau umzugehen. Einer Frau, die stark und machtvoll sein sollte. Ich wünsche mir zu sehen, wie sie aufwacht, den Nebel abschüttelt, in den sie geraten ist. Es dämmert mir, dass sie keine Freunde gefunden, sondern sich einfach nur versteckt hat.
    »Ist irgendwas im Argen zwischen dir und Ned?«
    »Nein.«
    »Corie, komm schon.«
    »Wir … wir haben …« Sie blickt sich wild um, ihre dunklen blauen Augen blitzen über meine Schultern. Mit einem Achselzucken beißt sie sich auf die Unterlippe. Sie ist wunderschön. Es ist schwer, sie nicht einfach zu umarmen und zu trösten. Ich stelle sie mir als junges Mädchen vor, wie sie ins Sonnenlicht rennt, ihr schnurgerades Haar fliegt in alle Richtungen. Sie muss atemberaubend gewesen sein, eine echte Herzensbrecherin. »Die Dinge zwischen uns … wir wollten eine Trennung versuchen. Ich wollte mich scheiden lassen, aber er hat mich überzeugt, uns erst mal nur auf Probe zu trennen.«
    Das ist für mich unvorstellbar. Ich bin nicht unbedingt eine Befürworterin der Ehe – meine Mom kam nach dem Tod meines Dads klar, ohne sich je nach einer Wiederheirat zu sehnen –, aber ich kann ums Verrecken nicht nachvollziehen, warum man sich von jemandem wie Ned trennen will. Er ist immer noch energisch und engagiert, während Corie mehr und mehr wie eine Statistin in einem Tim-Burton-Film wirkt. Der Anblick ihrer aschfahlen Haut um ihre Lippen und Augen lässt mich darüber nachgrübeln, ob sie genug zu essen bekommt.
    »Ned scheint ein großartiger Kerl zu sein. Ich bin sicher, das war nur eine holprige Phase. Alle Paare machen so was durch.«
    »Er ist ein großartiger Kerl, darum sind wir immer noch zusammen. Ich weiß nicht … ich fühle mich wie ein Feigling, aber ich kann nicht aufhören, über die Trennung nachzudenken. Schwer zu glauben, dass ich ihn fast verlassen hätte. Und dann, tja, dann brach die Hölle los, und ich konnte ihn nicht verlassen. Nicht zu diesem Zeitpunkt und nicht so. Ich weiß gar nicht, Allison, warum ich ständig darüber nachgrüble.«
    Allmählich ergibt alles eine fürchterliche Art von Sinn. Wie sie sich entfernt hat, die Religion, die Unterernährung. Ich bin sicher, dass eine Trennung, ganz besonders jetzt, genügt, eines Menschen Glauben auf eine harte Probe zu stellen.
    »Hey, hey, ist schon gut. Wir müssen alle durch die Scheiße, und du weißt ja, Leute ändern ihre Meinung. Das können sie, Corie, und daran ist nichts falsch. Keiner muss es wissen, gar keiner. Und sieh mal, es wird später genug Zeit sein, um über alles nachzudenken, über Hochzeiten und Zukunft und all das Zeug. Aber gerade jetzt sollten wir uns mit ganzer Kraft darauf konzentrieren, in Deckung zu bleiben und diesen Ort lebenswert und sicher zu machen, okay?«
    »Okay«, sagt sie mit sehr dünner Stimme. Ich lasse ihren Ellenbogen los und reibe ihn ein wenig. Es scheint nicht richtig, sie ohne eine kleine Geste des Trostes gehen zu lassen. Sie drückt sich mit roten, geschwollenen Augen und Fingerspitzen, die sorgenvoll das Kinn stützen, an mir vorbei. Wenn sie nur Vertrauen hätte, nur Evan und Mikey ansehen würde, wenn sie sehen könnte, was sie hat, wie viel Glück. Dann höre ich einen Schnipsel Musik aus Mary Poppins und …
    »Ist hier alles in Ordnung?«
    Ich drehe mich um und finde mich einer furchterregenden Kette Munition gegenüber, die mir ins Gesicht starrt. Als ich den Kopf hebe, entdecke ich ein Paar verblüffter grüner Augen über den Geschossen. Es ist Collin, und er lächelt entschuldigend. Wunderbar . Ich mag es nicht, wenn große Männer ein solches Gesicht machen. Es ist zu übercharmant.
    »Collin!«, entfährt mir ein Schrei und meine Wangen färben sich rosa. »Alles ist gut. Ich habe nur ein bisschen mit Corie geschwatzt.«
    »Geht’s ihr gut?«
    »Ich denke schon«, murmele ich. »Jaah, sie schafft’s schon.«
    »Verstehe.«
    Es wird peinlich. Ich spüre, wie er drauf und dran ist, dieses Gespräch aufzugeben,

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