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Sie kommen!: Ein Blog vom Ende der Welt (German Edition)

Sie kommen!: Ein Blog vom Ende der Welt (German Edition)

Titel: Sie kommen!: Ein Blog vom Ende der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Madeleine Roux
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nach Ned suche, erwische ich mich dabei, dass ich Let’s Go Fly A Kite pfeife. Sofort verstumme ich, enttäuscht, dass mein Unterbewusstsein sich anschickt, mich zu beherrschen. Ich finde Ned unten in den Eingeweiden der Arena. Es ist nicht verboten, die Heimtrainer an die Generatoren anzuschließen. Collin war verwegen genug, für mich eine Ausnahme zu machen, und so bin ich zu etwas Generatorzeit gekommen, um mein Laptop aufzuladen. Aber p ssst , das bleibt unter uns.
    Außer den Hometrainern stehen Hantelbänke, Gewichte und jede Menge Zeug zur Verfügung, um in Form zu bleiben. Ned bringt mir das Gewichtheben bei. Es fühlt sich gut an, Kraft gegen etwas Greifbares zu richten, etwas, das ich sehen und in der Spannung meiner Muskeln fühlen kann. Meine Form ist erbärmlich, und Ned treibt mich gnadenlos durch das Armeetraining, das er vor Jahren absolviert hat. Er ist ein begeisterter Squash-Spieler und war in der Rudermannschaft seiner Universität. Festzustellen, das ein Mittdreißiger-Daddy fitter ist als ich, ist erniedrigend. Aber ich nutze das konstruktiv, als Motivation.
    Bei meiner Ankuft absolviert Ned gerade eine Reihe Push-ups und schreit wie ein Verwundeter, als er fertig ist und sich auf die Seite rollen lässt. Ned ist ein bisschen kleiner als Collin, mit dicken Beinen und einem Quadratkinn, scharf wie eine Eisenkante. Sein messingblondes Haar beginnt sich an den Schläfen zu lichten. Er hat die Wochenend-Rasenmähen-Bräune und ein gerade geschnittenes Gesicht mit ausgeprägt maskulinen Zügen, ausgenommen seine weniger schönen und ungewöhnlichen Lippen. Ich habe besser aussehende Männermode-Modelle gesehen, aber nicht viele. Ich werfe ihm ein Handtuch zu, das er fängt, bevor es sein Gesicht trifft.
    »Danke«, sagt er und tupft sich Stirn und Nacken ab. »Fertig oben?«
    »Wenn ich noch eine stinkende Achselhöhle rieche und noch einen pickeligen Fuß untersuchen muss, nehm ich mir das Leben.«
    »Ha, ha!«, lacht er zwischen kurzen Atemstößen. Seine Augen blitzen, als er sich aufsetzt und knarrend stöhnt. »Sollte es hier nicht kühler sein? Ich sterbe.«
    »Es ist nirgendwo kühler«, sage ich und setze mich auf eine Bank. Von den niedrigen Decken hallt trotz des dicken Bodenbelages alles wider. Die Maschinen und Geräte sind brandneu, gut gewartet und wurden von generösen Gönnern der Universität gespendet. »Hier trainieren jetzt so viele Leute, dass oben ein Klima herrscht wie im Regenwald.«
    »Ja, aber in Regenwäldern ist es schwül, weil sie Dschungel sind, nicht wegen zu vieler Schweißkörper«, sagt er und schneidet dabei dasselbe Gesicht wie sein Sohn. »Was gibt es?«
    »Hm?«
    »Du siehst … ich weiß nicht. Dir sind irgendwie die Gesichtszüge entgleist.«
    »Oh«, sage ich und kratze mich beiläufig an der Schulter. Ich bin nicht sicher, ob ich das glaubhaft überspielen und mir eine plausible Lüge zurechtspinnen kann. »Ted ist ein Arschloch, er ist mir blöd gekommen, das ist alles.«
    »Ja?«
    »Er sagt, dass wir zu viele werden und dass das gefährlich ist. Er glaubt, unser Wasser sei vielleicht verseucht.«
    »Wir kochen alles auf einer Herdplatte ab«, sagte Ned und stützt die Ellenbogen auf die Knie. Seine Beine sind dicht mit braunen, lockigen Haaren bedeckt.
    »Ja, das tun wir auch, aber nicht jeder ist so vorsichtig.«
    »Tja, wir könnten auf andere Teile des Gebäudes ausweichen, oder auf ganz andere Gebäude. Es gibt viele Möglichkeiten«, sagt er. »Aber du bist nicht überzeugt?«
    »Was ist, wenn einer reinkommt? Einer von denen? «
    »Aber wir untersuchen jeden.«
    »Das weiß ich, Ned, aber trotzdem … Es ist nur … Es ist nicht idiotensicher, weißt du?«
    »Hör zu«, sagt er, entfaltet seine langen Beine und steht auf. »Du musst aufhören, so zu denken. Ich habe mich in den letzten Wochen in einigen netten Abgründen des Bewusstseins befunden, und du darfst dir nicht erlauben, so zu werden. Du bist stärker als das. Ich weiß es.«
    »Richtig, du kennst mich immerhin schon, wie lange, drei Tage?«
    »Das spielt keine Rolle. Du weißt es doch selbst, das musst du einfach. Wir haben keine Zeit für Spielchen. Du musst jemanden ansehen und entscheiden: Ich kann dir trauen, oder ich kann es nicht«, sagt er und setzt sich neben mir auf die Bank. In seinem feuchten Shirt riecht er schwach nach Salz und Babypuder.
    »So? Ich bin nicht wirklich gut darin, solche schnellen Urteile zu fällen.«
    »Tja, ich schon, Dummchen, und ich sage dir: Du musst

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