Sie kommen!: Ein Blog vom Ende der Welt (German Edition)
Gesicht in Falten, mache mich bereit für den großen Wurf, das eine Ende des Knotens in meinen Eingeweiden, mit dem ich seit Tagen herumlaufe … »Es ist wegen Ihrer Frau. Das … verstört mich. Es verstört mich, dass Sie sie verloren haben. Das ist so falsch und schlimm, so … verstörend.«
»Dass es Sie verstört, erwähnten Sie schon.«
»Tut mir leid.«
»Tatsächlich mehrere Male.«
»Tja.«
»Allison«, sagt er, und das ist keine Stimme, die aus dem Radio kommt, sondern eine Stimme direkt neben mir, nah und warm. Sie jagt mir eine Gänsehaut über die Unterarme. Er legt eine große, schwere Hand auf mein Knie, und ich kann sogar durch meine Jeans fühlen, dass seine Handflächen schwitzen. »Ist das alles?«
»Ob das alles ist?«
»Ich will nicht, dass Sie sich über mich und sie den Kopf zerbrechen, okay? Ich bin älter als Sie, Allison. Ich habe viel mehr erlebt als Sie. Ich kann aber mit Sicherheit sagen, dass ich in meinem ganzen Leben nichts erlebt habe, was auch nur ansatzweise mit dieser extrem beschissenen Lage hier vergleichbar wäre. Ich kann diese Situation hinterfragen, kann sie hassen oder wegen ihr in Raserei geraten, soviel ich will, aber die Tatsache bleibt bestehen: Wir sind jetzt hier. Ich muss Ihnen doch wohl nicht sagen, dass jeder Tag vergänglich und jeder Moment ein Geschenk ist. Ich sollte Ihnen nicht beweisen müssen, dass ich fähig bin, einen Schlussstrich unter die Vergangenheit zu ziehen. Verstehen Sie, was ich sagen will?«
»Ja.«
»Nämlich?«, fragt er und fixiert mich im Halbdunkel mit seinen grünen Augen. Seine Züge sind jetzt nicht mehr so undeutbar, es scheint fast, als habe er einen Teil der Rüstung abgelegt, die ihn sonst in sicherem Abstand hält.
»Sie haben gesagt, ich soll aufhören, so eine Idiotin zu sein, und künftig darauf verzichten, mir über jeden Scheiß, jeden Quark und jeden Atemzug Gedanken zu machen.«
»Richtig.«
»Also dann … ist es gar nicht verstörend?«, frage ich und merke dabei, dass sein Knie meins berührt. Ich habe fast völlig ausgeblendet, dass wir umzingelt sind, auf allen Seiten eingeschlossen von Leuten wie uns – Überlebenden, Menschen.
»Es ist nicht verstörend«, sagt er.
»Es ist nicht verstörend.«
Stunden vergehen, ehe ich in das andere Zelt zurückkehre. Es ist schön, mir vorzustellen, dass ich jetzt zwei Zelte habe, dass ich zwei Zuhause haben kann. Vielleicht bin ich jetzt ein bisschen wie ein Nomade. Vielleicht sind wir das alle.
KOMMENTARE
Dave im Mittelwesten:
13. Oktober 2009 22:01 Uhr
Bitte … hat IRGENDWER irgendwelche Informationen darüber, wie man es aufhalten kann? Mein Sohn hat sich infiziert, und ich habe … also … er ist sicher verwahrt. Er kann niemanden verletzen, aber ich weiß, dass er leidet. Er ist wie im Wahn, sagt nie ein Wort, gibt nur tiefes Knurren von sich, wenn ich in seiner Nähe bin. Aber ich bin sicher, dass das nicht anhält. Das darf einfach nicht sein. Kann jemand bitte irgendeinen Rat geben??? Ich poste dies überall, wo ich vielleicht Hilfe finden kann.
Logan:
13. Oktober 2009 22:27 Uhr
Du musst loslassen. Denk nicht drüber nach. Mach dich nicht verrückt. Werd ihn einfach los.
Isaac:
13. Oktober 2009 23:53 Uhr
Er ist nicht mehr dein Sohn. Es ist Zeit, ihn gehen zu lassen.
16. O KTOBER 2009 – U NSICHTBARE M ONSTER
»Hast du das abgekocht? Und das Verfallsdatum überprüft?«
Die magischen Worte, die ich bei jeder Tasse Wasser murmele, die wir reichen, und bei jeder Packung Tütensuppe, die wir herausgeben, wirken wie der Text aus einem Drehbuch. Meistens werden meine Fragen mit Grunzen oder Seufzen beantwortet.
»Ich weiß, dass Sie hungrig sind, aber Sie können das nicht essen, wenn es abgelaufen ist.«
»Mein Kind verhungert!«, sagen sie, klammern sich an Auflauf oder Rüben und halten die Verpackung verzweifelt fest.
»Das weiß ich, aber es ist nicht sicher. Kleine Kinder sind besonders anfällig. Sie können krank werden und sterben. Ergreifen Sie alle Vorsichtsmaßnahmen, Kochen Sie alles ab!«
Mehr und mehr Überlebende sind krank geworden. Ich weiß nicht, ob Ted recht hatte, es vom Wasser kommt oder von etwas anderem. Vielleicht ist Nahrung ranzig geworden oder eine Grippe geht um, und wir sind alle in Panik und versuchen die Ursache, die Quelle zu finden.
Ich ahne, wie unsere Vorfahren sich am Anfang gefühlt haben müssen. Dass Wasser der größte aller Schätze ist, die Muttermilch die Wiege des Lebens. Wasser, der
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