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Sie kommen!: Ein Blog vom Ende der Welt (German Edition)

Sie kommen!: Ein Blog vom Ende der Welt (German Edition)

Titel: Sie kommen!: Ein Blog vom Ende der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Madeleine Roux
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Vaters.
    »Das ist wahr. Aber nicht annähernd so verrückt, wie ich sonst werde.«
    Früher oder später musste es passieren.
    Ich erkenne sofort, wen ich vor mir habe. Es ist wie bei Hitler oder Dschingis Khan oder Imperator Palpatine … Man braucht nur einen Blick und weiß auf Anhieb, das ist die Figur, die hinter allem steht. Sie war eine der Wortführerinnen, eine der Frauen, die zielgerichtet darauf hingearbeitet haben, Collin in Misskredit zu bringen und ein neues Regime einzuführen. Ich glaube, ihr Name ist Sadie oder Sally, ich kann mich nicht erinnern, ich weiß nur, dass ich ihre kalten, berechnenden Augen und ihre verdreckte Dauerwelle schon oft gesehen habe. Sie ist nicht viel größer als ich und dürr, mit unschön eingefallenen Wangen dort, wo einst fröhliche Rundlichkeit herrschte. Ich kann Corie hinter ihr erkennen, die unter dem Türrahmen stehen geblieben ist. Die Tragödie ihres Lebens, all ihre Fehler sind ihr schmerzhaft in das traurige, schöne Gesicht geschrieben.
    Sadie/Sally hat eine abgesägte Schrotflinte – unzweifelhaft ein weiteres gestohlenes Schmuckstück von Collin – und richtet sie genau auf den kleinen Evan.
    Ich denke an Collin, an Ted, an Dapper, daran, wie nahe wir dem Weg nach draußen und zu ihnen zurück schon waren.
    »Die Waffe runter«, sagt sie und starrt Ned an. Er blickt erst mich an, dann seine Kinder. In seinen Augen lodert Verzweiflung. Ich will nicht, dass er sie runternimmt, aber ich weiß, er muss und er wird.
    Langsam kniet Ned nieder und legt die Waffe auf den Boden. Ebenso langsam steht er wieder auf und zeigt seine geöffneten, leeren Hände. Sadie oder Sally lächelt und macht kehrt. Sie bedeutet uns, ihr zu folgen, die Waffe immer noch auf Evan gerichtet. Ich weiß, dass die Frau wahrscheinlich nicht sehr stark ist, aber ich bin schwach. Ich weiß es. Immer noch spüre ich Helgas Schulterblätter, die meine Lungen zerdrücken. Wenn ich nur etwas mehr Kraft hätte …
    »Sachte jetzt, ganz langsam«, sagt sie.
    Als wir hinaustreten, stehen die Stahltüren offen, und eine dichte Wolke schwarzer Asche schlägt mir ins Gesicht. Der Gestank lässt mich würgen. Sadie oder Sally schwenkt den Lauf auf uns, und wir gehen in einen Raum, den ich jetzt als die frühere Cafeteria erkenne. Die langen, grauen Tische mit den daran befestigten blauen oder hellgrünen Stühlen liegen auf der Seite. Langsam werden in der Szenerie Figuren sichtbar, quellen aus der Wand aus Rauch hervor. Sie sind zu weit weg, um sie zu erkennen, aber sie bilden eine Art Wall, mit den Rücken zu uns.
    Meine Augen folgen den wirbelnden Rauchschwaden in den hinteren Teil der Cafeteria, wo sie eine Feuerstelle gebastelt haben. Umrahmt von liegenden Tischen brennen einige aufgetürmte alte Schreitische und Schränke. Meine Sicht wird klarer, und ich erkenne Renny, die dicht an der Mauer aus Gemahlinnen steht. Eine Waffe ist auf ihren Rücken gerichtet.
    »Bringt sie her!«
    Corie zerrt Evan und Mikey davon, hört nicht auf ihren Protest, bringt sie von uns weg. Kein gutes Zeichen.
    Renny kommt zu uns, ihre Lippen eine dünne Linie aus Verachtung.
    »Was habt ihr gemacht?«, fragt sie mich mit einem blöden Lächeln.
    »Lange Geschichte.«
    »Halt den Mund«, sagt Sadie oder Sally und wedelt mit der Schrotflinte herum, als wäre sie ein Zepter. Es braucht kein kundiges Auge, um zu erkennen, dass sie nicht mit der Waffe umgehen kann. Zu ihrem Glück streut diese Kanone so, dass ein blinder Affe einen damit niederstrecken könnte. Auf diese Distanz gibt es für uns keine Hoffnung.
    Renny, Ned und ich stehen Schulter an Schulter. Sadie oder Sally schreitet vor uns auf und ab, die Flinte fest in ihren knochigen Händen. Sie sieht schießwütig aus, bereit zu explodieren. Die unbeschreibliche Hitze rollt in dicken Wellen von der Feuerstelle heran. Ich kann nicht genau sagen, wonach es riecht, aber mit Sicherheit nicht nach Barbecue. Das Getrommel kommt von ein paar Frauen im Schneidersitz, die auf Plastikeimer einhämmern. In der Nähe tanzt eine Hand voll Frauen, sie werfen die Hände in die Luft und springen wie in religiöser Ekstase. Merkwürdigerweise sehe ich keinen Mann, nicht mal einen gefesselten oder sonst wie gezwungenen.
    »Pläne geändert?«, frage ich, als ich das Fehlen eines Adams bemerke.
    »Er war nicht hilfsbereit.«
    »Braver Junge«, flüstert Ned.
    »Ich nehme an, er ist der wundervolle Duft, den wir gerade wahrnehmen? L’air de’ infid è le ?«
    »Tatsächlich«,

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