Sie sehen aber gar nicht gut aus!
angeschlossen hat und die man im Realfall nur zur Inhalation verwenden kann. Menschen mit einer Lungenerkrankung besitzen so etwas zum Beispiel, um sich zu Hause selbst mit Sauerstoff versorgen zu können. Wenn Sie mit dieser Konstruktion in der Realität versuchen würden, unter Wasser einzuatmen, hätten Sie in nullkommanix die Lungen voller Wasser. Doch wie hätte es anders sein können, der Sanitäter schafft es natürlich und rettet die Notärztin selbstlos und heroisch aus der Gefahrensituation. Mit nur einem kleinen Schönheitsfehler: Die Ärztin ist danach leider reanimationspflichtig. Scheinbar mussten die letzten Sendeminuten eine besondere Spannungsklimax erreichen.
Die Reanimation und Defibrillation sind in diesem Zusammenhang beliebte Stilmittel, die nicht nur den Patienten, sondern auch den Zuschauer in maximale Spannungszustände versetzen sollen. Wenn Strompaddels am Defibrillator betätigt werden, bäumen sich die Patienten unter gewaltigem Zucken auf. Ein explosionsartiges Geräusch des sich entladenden Stromes ertönt und impliziert, dass den Patienten jetzt 100 000 000 Volt durchfahren.
Eine defibrillationswürdige Herzrhythmusstörung ist übrigens zum Beispiel das Kammerflimmern. Stellen Sie sich einfach vor, dass die Herzzellen nicht so arbeiten, wie der Boss das gerne haben möchte. Normalerweise »hören« die Herzzellen auf den »Boss« und ziehen sich allesamt ungefähr zur gleichen Zeit zusammen. Sie bewirken damit, dass das Blut in den Organismus gepumpt wird. Der Boss ist in diesem Fall der Sinusknoten, der im rechten Vorhof des Herzens platziert ist. Wenn das Herz flimmert, schlagen alle Herzzellen so, wie es ihnen in diesem Moment gerade gefällt – und der Sinusknoten wird ignoriert. Dies ist fatal und kontraproduktiv für den menschlichen Kreislauf, der damit zum Erliegen kommt, da die wild gewordenen Herzzellen kein Blut mehr pumpen. Unbehandeltes Kammerflimmern führt nach kurzer Zeit zum sicheren Tod.
Bei der Defibrillation »haut« man den Herzzellen mit dem Stromhammer auf den Kopf und bewirkt, dass diese im Optimalfall alle gleichzeitig und kurz innehalten und anschließend wieder auf den Boss hören. Eine elektrische Peitsche sozusagen. Das aus Filmen bekannte explosionsartige Geräusch ist natürlich Quatsch mit Soße. Das Gerät gibt 200 bis 360 Joule Energie ab. Die Spannung wird zwischen einer und 20 Millisekunden angelegt und beträgt bis zu 750 Volt. Die Stromstärke erreicht bis zu 15 Ampere. Ein überzeugender Grund, den Patienten während der Schockabgabe nicht zu berühren.
So weit, so gut. Zurück zum Medicopter -Einsatz. Die Ärztin liegt auf der Erde, das EKG-Gerät zeigt Kammerflimmern. Dies erkennt auch der Obersanitäter sehr richtig und defibrilliert mehrmals hintereinander unter jämmerlichem »Komm schon, komm endlich«-Gerufe. Nach dem dritten Stromstoß zeigt der EKG-Monitor einen scheinbar gesunden Sinusrhythmus. Und jetzt beginnt das Unbegreifliche: Der Obersanitäter schreit, dass er jetzt Adrenalin bräuchte, da die Ärztin es ohne nicht schaffen würde. Dem unkundigen Zuschauer wird hier suggeriert, dass die Truppe ohne Adrenalin an der Endstation angekommen wäre. Tatsächlich würde das Adrenalin dem gesunden Herzrhythmus hier allerdings schaden, da es Kammerflimmern auch auslösen kann. Fatalerweise hat jemand das Adrenalin bei der Rettung der Ärztin verloren. Als der EKG-Monitor daraufhin erneut Kammerflimmern anzeigt, bricht der Sanitäter in schlimmstes Geheule aus. Theoretisch müsste es jetzt so weitergehen, dass die Herzdruckmassage kontinuierlich fortgeführt wird. Nach fünf Zyklen würde einmal defibrilliert. Wenn der Herzrhythmus eingesetzt und sich stabilisiert hätte, würde man sich Gedanken um den Transport in eine Zielklinik machen. Der Obersanitäter unternimmt jedoch nichts weiter, als zu winseln.
Und jetzt passiert das nächste »Wunder«: Das EKG piept auf einmal und zeigt einen gesunden Herzrhythmus. Zur Erinnerung: Kammerflimmern kann nicht selbstständig in einen normalen Rhythmus zurückkehren, sondern lediglich durch einen Stromstoß, auch Defibrillation genannt, dorthin befördert werden. Der Zuschauer wird hier völlig für blöd verkauft – es ist zum Weinen.
Die Serie endet damit, dass die Ärztin wohlbehalten auf der Intensivstation ankommt und diese auch völlig gesund wieder verlässt. Kein neurologisches Defizit, nichts ist von dem minutenlangen Herzstillstand übrig geblieben. Doch wenn ein Mensch bereits
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