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Sie sehen aber gar nicht gut aus!

Sie sehen aber gar nicht gut aus!

Titel: Sie sehen aber gar nicht gut aus! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Strzoda
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hatte er daher nie genommen.
    Er war ein begeisterter Grillfan. Beim Grillen konnte er so schön entspannen und abschalten. Konnte sich fallen lassen und dem Alltagstrott und den ganzen Problemen entkommen, die das Leben mit sich brachte. An diesem Tag hatte er seinen nagelneuen Grill ausgepackt, den ihm seine Mutter erst einige Wochen zuvor zum 19. Geburtstag geschenkt hatte. An diesem Tag war eine gute Gelegenheit, um das Ding einzuweihen.
    Sein fensterloses Zimmer lag im Souterrain der Erdgeschosswohnung, in deren Wohnzimmer eine schmale Wendeltreppe mit gusseisernem Geländer nach unten führte. Er hatte den Grill in seinem Zimmer aufgebaut und die Kohle angezündet. Das entstehende Kohlenmonoxid würde langsam anfangen zu wirken und ihm das Bewusstsein rauben, bis dann schließlich der Tod durch Ersticken eintreten würde. Der Grill kokelte vor sich hin, und das CO zeigte allmählich Wirkung, es machte Thomas gleichgültig, ja sogar etwas euphorisch. Dann nahm die Müdigkeit überhand, und er dämmerte langsam ein.
    Thomas hatte jedoch nicht mit seiner Mutter gerechnet. Sie kam bereits um kurz nach 17 Uhr aus der Arbeit, da sie sich außerplanmäßig noch mit einer Freundin treffen wollte. Als sie über den hinteren Teil der Wohnung durch den Garten an die Terrassentür kam, entdeckte sie den gelben Zettel, der genau auf Augenhöhe klebte: »Vorsicht: Kohlenmonoxid! Lebensgefahr!«.
    Wegen des sommerlichen Wetters war Fußball in der Wache angesagt. Das fröhliche Gekicke im Hof sorgte immer für einige Lacher im Kollegenkreis, da hier auch die Kollegen mitspielten, deren unglückliche Bewegungsmuster in Kombination mit ihrem eher massigen Äußeren an abstrakte Tanzfiguren aus dem Technobereich erinnerten. Stellen Sie sich Rainer Calmund beim Tanzen vor und wie dessen lässig-barocke Hüfte einen Tango schaukelt.
    Mein Wachleiter, dessen Fensterfront in den Hof mündete, fand das Gekicke meist weniger lustig. Als ich am anderen Ende des Hofs die Lederkugel mit all meiner Kraft trat, flog der Fußball einen Bogen und verfehlte Lenny deutlich. Begleitet vom Dröhnen einer vibrierenden Fensterscheibe, knallte die Kugel wie eine Granate gegen das Fenster, hinter dem mein Wachleiter saß und dem Geschoss den Rücken zudrehte. Oh, oh.
    Seine Reaktion erinnerte mich an schockierte Fußgänger im Straßenverkehr. Manchmal standen Passanten an der Ampel, drehten uns den Rücken zu und bemerkten uns erst, wenn wir kurz vor Erreichen der Ampel das Martinshorn anschalten. 120 Dezibel aus kurzer Distanz – da bleibt kein Höschen trocken. Das Höschen des Wachleiters in diesem Fall vermutlich auch nicht.
    Die Kaffeetasse des Wachleiters ploppte ihm aus der Hand und knallte auf den Laminatboden. Die schwarze Brühe spritzte aus der Tasse und lief in jede Fuge. Das Wachleiterhemd war natürlich ruiniert. Die vor Zornesröte leuchtende Birne hätte bei Dunkelheit das Müngersdorfer Fußballstadion erhellen können. Blutdruck: vermutlich 290 zu 150. Die Stimmung wurde leider auch nicht besser, als Lenny ihm einen »Valiumleckstein« zur Beruhigung anbot. Wenn man in dieses Gesicht sah, hatte man nur einen Gedanken: schnell weg!
    Der Einsatz hätte also nicht passender kommen können. Nachdem wir von der Leitstelle alarmiert worden waren, verließen wir schnellstmöglich die Garage, dabei drangen noch Wortfetzen wie »unmöglich«, »Sauerei« und »sollen bloß verschwinden« an mein Ohr.
    »Suizidversuch durch Kohlenmonoxid« war die Einsatzmeldung. Auch für uns Retter bedeutete dies eine große gesundheitliche Gefahr. Kohlenmonoxid entsteht, wenn Materialien ungenügend verbrennen. Das farb- und geruchlose Atemgift verdrängt die Sauerstoffmoleküle von den roten Blutkörperchen und führt bei entsprechend hoher Konzentration zum Tod durch Ersticken, da der Körper nicht mehr mit Sauerstoff versorgt werden kann. Vorher wird das Opfer bewusstlos. Die Methode, durch Kohlenmonoxid zu sterben, hat in den letzten Jahren an Popularität gewonnen, da es sich hierbei um eine relativ sanfte Sterbemethode handelt. Der Lebensmüde schläft nämlich schmerzfrei ein.
    Doch für uns bedeutet das ein großes Problem: Wenn ein Raum nämlich mit Kohlenmonoxid geflutet ist, bildet das Atemgift dort einen Kohlenmonoxidsee, und es genügen bereits wenige Atemzüge, um ebenfalls bewusstlos zu werden. Das bedeutet also akute Lebensgefahr für Helfer und Rettungskräfte, die mit so einer Szenerie konfrontiert werden.
    Lenny und ich eilten durch

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