Sie sehen aber gar nicht gut aus!
aber unangenehmer ist und dem beauftragenden Herrn Dr. med. Y die Abrechnungsmodalitäten mit den Taxiunternehmen zu blöd sind, ruft er einfach uns. Weshalb denn auch den ganzen Kram ausfüllen? Wir sind schließlich schnell da, transportieren fast immer und hinterfragen viel zu wenig. Häufig fehlt eine Ein- oder Überweisung oder der Transportschein. Letzterer stellt aber die Fahrkarte für einen Transport mittels eines Kranken- oder Rettungswagens dar. Meistens fehlt sogar alles zusammen. Selten finden wir überhaupt irgendwelche Informationen vor. Aber welchen Nutzen hätte auch kryptisches Ärztegekritzel auf einem Stück Klopapier?
Wenn die Transportfrage geklärt ist, kommen wir zu dem Punkt, wie schnell das Fahrzeug kommen soll. Egal, ob Hausarzt, ein Angehöriger oder sonst wer – alle vertreten den gleichen Standpunkt: Zwei Stunden kann ein Patient mit Grippe auf gar keinen Fall warten. Die finale Waffe daher: Der Krankentransport wird zum Notfalleinsatz erklärt.
Gelegentlich begegnen wir tatsächlich kranken Menschen. Oft aber auch Menschen, die sich irgendwelche Krankheiten einbilden. Noch häufiger treffen wir auf neurotische Angehörige, die Teile ihrer Verwandtschaft gerne im Krankenhaus sehen würden. Vor allem ist dies vor Feiertagen wie Weihnachten oder Pfingsten eine außerordentlich willkommene Abwechslung für die Angehörigen. Im Krankenhaus gibt es schließlich eine praktische Rundumversorgung mit Urinkellner- und Zimmerservice für den lästigen, am Feiertag störenden Pflegefall.
Für den Erfolg dieses Plans ist ein bestimmtes Kriterium entscheidend – der richtige Zeitpunkt der Einweisung. Nein, tagsüber schiebt man selbstverständlich keine Patienten in ein Krankenhaus ab. Auch nicht vormittags. Denn da besteht grundsätzlich die Gefahr, dass der Patient nach zwei Stunden zurück in die Obhut der Angehörigen entlassen wird. Und zwar geschieht dies, nachdem er nach allen Regeln der ärztlichen Kunst durch die Mangel gedreht wurde und der Arzt nur eines festgestellt hat: nichts. Der perfekte Zeitpunkt für dieses perfide Unterfangen ist halb drei Uhr morgens. Dann, wenn alles schläft und kein Arzt der Welt einen neuen Rekord in Sachen Schnelligkeit aufstellen möchte, wenn es der Patient nicht zwingend benötigt. Und so war es auch in der Nacht auf den siebten Dezember.
Das Telefon, das eine Standleitung zur Leitstelle bereitstellte, holte Lenny und mich aus dem Traumland in die Realität zurück. Auf der anderen Seite: ein gewohnt ahnungsloser Disponent mit einem Spezialauftrag. Eine Patientin war angeblich unklar erkrankt. Heutzutage sind die Disponenten aus irgendeinem Grund nicht mehr gewillt, differenzierte Meldebilder an uns Retter abzuliefern. »Die Angehörigen wünschen einen Krankenwagen«, hieß es noch. Auf meine Frage an den Disponenten, weshalb denn kein ärztlicher Bereitschaftsdienst hingeschickt worden sei, kam als Antwort: »Weil wir das so entschieden haben.« Die Entscheidungsfreudigkeit einiger Disponenten endet öfter im Nirwana, als der Central Park Tower in Tokio Schrauben verbaut hat. Glauben Sie mir: Auf 167 Meter Höhe und 46 Stockwerken kann man eine Menge davon unterbringen. Die Notrufleitung – Ihr klassisches Wunschkonzert. 112 – wir sind für jeden Spaß zu haben.
Um 2.45 Uhr rollten wir vor das Ziel und schalteten das von der Leitstelle gewünschte Blaulicht ab. Die Patientin war eine 80-jährige rüstige Rentnerin, der unser Einsatz gehörig gegen den Strich zu gehen schien.
»Das ist meine Mutter. Vorhin war ihr schlecht.« Wie eine englische Adelige sah uns die Tochter über den Rand ihrer goldenen Brille an. Die Haare streng im Dutt, die Arme verschränkt. Die Mundwinkel nach unten gezogen. Um diese Uhrzeit war mir allerdings ebenfalls nicht nach Lächeln zumute.
»Einmal oder mehrfach?« Ich packte das Stethoskop und untersuchte die alte Dame.
»Nur einmal. Außerdem schmerzt ihre Arthrose.«
Ein EKG wie das einer 20-Jährigen. Die Lunge frei von Geräuschen, Puls regelmäßig. Darmgeräusche wohlklingend. Aussehen: genervt, sonst unauffällig. Weniger Vorerkrankungen als der durchschnittliche Mitarbeiter im Rettungsdienst. Und jetzt?
»Haben Sie es denn schon beim Hausarzt Ihrer Mutter oder dem ärztlichen Bereitschaftsdienst versucht?« Ich blickte zu Lenny, der den Telefonhörer bereits in der Hand hielt, um den Hausarzt zu informieren.
»Nein, meine Mutter muss ins Krankenhaus. Morgen ist doch Feiertag.« Und am Feiertag wollte
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