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Titel: Sie sehen dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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gerufen und sich gedacht, na ja, schließlich arbeitet sie da die ganze Zeit als Freiwillige, und dafür könnte ihr die Kirche ja wenigstens die Taxifahrt bezahlen. Sie fragt auch gar nicht erst, sondern sie nimmt sich die fünf Dollar aus der Kasse. Nicht mehr. Aber die fünf Dollar hat sie schließlich mehr als verdient. So fängt so was an. Das geht ganz langsam und Schritt für Schritt. Im Fernsehen sieht man nur, wie anständige Menschen festgenommen werden, weil sie Gelder von Schulen, Kirchen oder Wohltätigkeitsorganisationen unterschlagen haben. Dabei hat es bei fast allen ganz klein angefangen und sich dann langsam entwickelt. Das ist so, als ob man den kleinen Zeiger einer Uhr anguckt  – da sieht man gar nicht, dass sich was bewegt. Diese Leute merken gar nicht, dass sie etwas Falsches tun.«
    »Und so ist das im Club Jaguar auch gelaufen?«
    »Ich hab immer gedacht, dass die Teenager einfach zusammen feiern wollen. Aber das ging dann wie beim Mitternachtsbasketball. Natürlich wollen sie feiern, klar, aber dabei wollen sie auch Drogen und Alkohol konsumieren. Man kann keinen Ort schaffen, wo sie rebellieren können. Man kann einen solchen Ort nicht sicher und drogenfrei machen, weil genau das der Sinn der Sache ist  – sie wollen keinen sicheren Ort.«
    »Ihr Konzept ist gescheitert«, sagte Mike.

    »Es kam keiner  – und wenn sich doch mal ein paar hierherverlaufen hatten, sind sie schnell wieder gegangen. Wir galten einfach als lahm. Die Kids haben uns mit diesen christlichen Gruppen in einen Topf geworfen, bei denen man sich zur Jungfräulichkeit bis zur Ehe verpflichtet.«
    »Ich kann mir vorstellen, was dann passiert ist. Sie haben den Kids erlaubt, sich ihre eigenen Drogen mitzubringen.«
    »Das nicht, aber sie haben es einfach gemacht. Am Anfang hab ich das überhaupt nicht mitgekriegt, aber irgendwo war es schon logisch. Es ging ganz langsam, Schritt für Schritt, erinnern Sie sich? Ein oder zwei Jugendliche haben ein paar verschreibungspflichtige Medikamente von zu Hause mitgebracht. Keine wirklich harten Sachen. Und wir reden hier schließlich nicht von Kokain oder Heroin. Das sind zugelassene Medikamente.«
    »Quatsch«, sagte Mike.
    »Was?«
    »Das sind Drogen. In vielen Fällen sogar harte Drogen. Die sind nicht einfach so zum Spaß rezeptpflichtig.«
    Sie schnalzte höhnisch. »Tja, ein Arzt muss das wohl sagen. Wenn Sie nicht als Herr und Gebieter darüber wachen würden, wer welches Medikament bekommt, wäre Ihre Branche bald erledigt  – und Sie haben schon viel Geld an Medicare und Medicaid verloren, und durch den Druck der Krankenversicherungen ist der Kuchen noch kleiner geworden.«
    »Das ist Blödsinn.«
    »In Ihrem Fall vielleicht schon. Allerdings sind nicht alle Ärzte so anständig wie Sie.«
    »Sie rechtfertigen Verbrechen.«
    Rosemary zuckte die Achseln. »Da haben Sie vielleicht Recht. Auf jeden Fall hat es so angefangen. Ein paar Teenager haben Pillen von zu Hause mitgebracht. Medizin, wenn man es so will. Verschrieben und legal. Als ich zum ersten Mal davon gehört habe, war ich erschüttert, aber dann hab ich gesehen, wie viele Jugendliche
wir damit angezogen haben. Sie hätten es sowieso gemacht, und ich habe ihnen einen sicheren Ort dafür gegeben. Ich habe sogar eine Ärztin eingestellt. Sie hat hier im Club gearbeitet, für den Fall, dass doch mal etwas schiefging. Verstehen Sie das? Ich habe die Kids von der Straße hier reingeholt. Hier waren sie besser aufgehoben als irgendwo anders. Ich habe auch noch weitere Hilfsangebote gemacht  – Gruppen, in denen sie über ihre Probleme reden können. Die Aushänge haben Sie ja gesehen. Ein paar von den Kids haben da auch mitgemacht. Wir haben viel mehr Gutes getan, als Schaden angerichtet.«
    Mike sagte: »Schritt für Schritt.«
    »Genau.«
    »Aber dabei mussten Sie natürlich immer noch Geld verdienen«, sagte er. »Also haben Sie mal nachgeguckt, wie hoch der Straßenpreis für die Drogen ist. Und Sie haben einen Anteil daran genommen.«
    »Für den Club. Zur Deckung der Unkosten. Ich musste ja zum Beispiel die Ärztin bezahlen.«
    »Genau wie die Kirchenlady, die ihr Geld fürs Taxi brauchte.«
    Rosemary lächelte freudlos. »Ja.«
    »Und dann ist Adam zur Tür hereingekommen. Ein Arztsohn.«
    Es war genauso, wie die Cops es ihm erzählt hatten. Unternehmerisches Denken. Allerdings interessierte er sich nicht für ihre Gründe. Vielleicht war das alles nur Show, vielleicht auch nicht, aber das spielte

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