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Titel: Sie sehen dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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haben ihm nichts getan.«
    Adam sah zwischen den Bäumen hindurch den Hügel hinab. Der Fußballplatz war leer, aber auf der Laufbahn joggten ein paar Leute. Er drehte den Kopf etwas nach links und suchte auf dem Schuldach nach der Stelle, wo Spencer gefunden worden war, aber der Turm verdeckte ihm die Sicht. DJ trat vor und stellte sich neben ihn.
    »Mein Dad hat hier oben abgehangen«, sagte DJ. »Als er auf der Highschool war. Er war auch einer von den Hängern. Er hat Dope geraucht und Bier getrunken. Und ist dauernd in irgendwelche Schlägereien geraten.«
    »Was willst du damit sagen?«
    »Mir geht’s darum, dass man damals noch so viel Scheiß bauen und hinterher trotzdem noch was werden konnte. Die Leute haben nicht so genau hingeguckt. Das hat bei Jugendlichen einfach dazugehört, dass sie mal auf die Kacke hauen. Als er in unserem Alter war, hat mein Vater sogar mal ein Auto geklaut. Sie haben ihn erwischt, die Sache dann aber irgendwie unter der Hand geklärt. Und jetzt ist mein alter Herr einer der gesetzestreuesten Bürger in der Stadt. Wenn er heutzutage aufwachsen und den gleichen Scheiß abziehen würde wie in seiner Jugend, wäre er voll am Arsch. Das ist doch voll krass. Jetzt können die dich in den Knast stecken, weil du in der Schule einem Mädel nachpfeifst. Und wenn du im Flur mal unglücklich in jemanden reinrennst, musst
du damit rechnen, dass die dich wegen irgendwas anklagen. Ein Fehler, und du bist raus. Mein Dad findet das idiotisch. Er meint, wir können ja gar nicht lernen, unseren eigenen Weg zu gehen.«
    »Das ist aber kein Freifahrtschein.«
    »Adam, in ein paar Jahren sind wir auf der Uni. Dann liegt das alles hinter uns. Wir sind keine Verbrecher. Wir können uns davon doch nicht das Leben versauen lassen.«
    »Spencers hat’s versaut.«
    »Das ist nicht unsere Schuld.«
    »Die Arschlöcher hätten beinah meinen Vater umgebracht. Er ist im Krankenhaus gelandet.«
    »Ich weiß. Und ich weiß auch, wie ich mich fühlen würde, wenn das mein Vater gewesen wäre. Aber deshalb kannst du doch nicht die Wand hochgeh’n. Du musst erst mal runterkommen und dann in Ruhe darüber nachdenken. Ich hab mit Carson gesprochen. Wir sollen hinkommen und mit ihm reden.«
    Adam runzelte die Stirn. »Klar.«
    »Nein, das ist mein Ernst.«
    »Carson ist durchgeknallt, DJ. Das weißt du selbst. Du hast es doch grad selbst gesagt  – er dachte, dass ich ihn auffliegen lassen will.«
    Adam versuchte, dass Ganze im Kopf zu sortieren, aber er war so verdammt müde. Er war die ganze Nacht wach gewesen. Er hatte Schmerzen, war erschöpft und verwirrt. Obwohl er die ganze Nacht gegrübelt hatte, wusste er nicht, was er machen sollte.
    Er hätte seinen Eltern die Wahrheit sagen müssen.
    Aber das konnte er nicht. Er hatte Mist gebaut und sich zu oft den Kopf zugezogen, und irgendwann glaubte man dann, dass die Menschen auf der Welt, die einen bedingungslos liebten, die einzigen Menschen, die einen immer lieben würden, ganz egal wie viel Mist man baute, irgendwie die Gegner waren.
    Aber sie hatten ihm nachspioniert.
    Das wusste er. Seine Eltern hatten ihm nicht vertraut. Das hatte
ihn wütend gemacht, aber andererseits, wenn er richtig darüber nachdachte, hatte er ihr Vertrauen denn eigentlich verdient?
    Und so war er nach den Ereignissen gestern Abend in Panik geraten. Er war abgehauen und hatte sich versteckt. Er hatte einfach Zeit zum Nachdenken gebraucht.
    »Ich muss mit meinen Eltern reden«, sagte er.
    »Du hattest schon bessere Ideen.«
    Adam sah ihn an. »Gib mir dein Handy.«
    DJ schüttelte den Kopf. Adam trat einen Schritt auf ihn zu und ballte die Faust.
    »Zwing mich nicht, es dir abzunehmen.«
    DJs Augen waren feucht. Er hob eine Hand, zog sein Handy aus der Tasche und gab es Adam. Adam rief zu Hause an. Da meldete sich keiner. Er versuchte es auf dem Handy seines Vaters. Dann auf dem seiner Mutter. Das Gleiche.
    DJ sagte: »Adam?«
    Er überlegte, ob er den nächsten Anruf machen sollte. Das hatte er schon einmal gemacht und kurz gesagt, dass es ihm gut ging, und dann hatte er sie schwören lassen, dass sie ihren Eltern nichts davon erzählte.
    Er wählte Jills Handynummer.
    »Hallo?«
    »Ich bin’s.«
    »Adam? Wo bist du. Komm nach Hause. Ich hab solche Angst.«
    »Weißt du wo Mom und Dad sind?«
    »Mom ist gerade mit dem Wagen unterwegs und holt mich bei Yasmin ab. Dad ist auch unterwegs und sucht dich.«
    »Weißt du, wo?«
    »Ich glaub, in der Bronx. Mom hat so was gesagt. Über einen

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