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Titel: Sie sehen dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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nicht
durch Disziplin in Schach halten. Das konnten nur die äußeren Umstände. Genau das hatte Pietra bei den Soldaten nicht verstanden. Sie waren nicht durch die äußeren Umstände gezwungen, sich an der Brutalität aufzugeilen.
    Die äußeren Umstände hatten ihnen nur die Gelegenheit dazu gegeben.
    Also war das geklärt. Er würde sie alle umbringen, sich die Computer schnappen und verschwinden. Und wenn die Polizei dann kam, war die erst einmal mit dem Blutbad beschäftigt. Die Polizisten würden vermuten, dass sie es mit einem Serienmörder zu tun hatten. Niemand würde auf die Idee kommen, irgendwelche Fragen nach einem Video zu stellen, mit der eine Frau das Leben eines anständigen Mannes und guten Lehrers zerstören wollte. Wenn alles halbwegs ordentlich lief, war Joe damit wohl aus dem Schneider. Aber eins nach dem anderen. Fessle die Mutter.
    »Mädchen«, sagte Nash.
    Er verstärkte den Druck auf den Hals, so dass sie ihn ansahen.
    »Wenn ihr hier abhaut, bring ich Mommy und Daddy um. Habt ihr verstanden?«
    Beide nickten. Trotzdem führte er sie ein paar Stufen die Kellertreppe hinunter. Er ließ sie los  – und in dem Moment stieß Yasmin den durchdringendsten Schrei aus, den er je gehört hatte. Sie rannte zu ihrem Vater. Nash beugte sich vor, um sie festzuhalten.
    Wie sich herausstellen sollte, war das ein Fehler.
    Das andere Mädchen rannte sofort die Treppe hinauf.
    Nash fuhr herum und wollte ihr folgen, aber sie war schnell.
    Die Frau rief: »Lauf, Jill!«
    Nash sprang mit ausgestrecktem Arm zur Treppe und griff nach ihrem Fußgelenk. Er kam zwar heran, konnte sie aber nicht festhalten. Als Nash wieder aufstehen wollte, lag etwas auf ihm.
    Die Mutter.
    Sie war ihm auf den Rücken gesprungen. Sie biss ihn ins Bein. Nash heulte auf und trat nach ihr.

    »Jill!«, rief Nash. »Deine Mommy wird sterben, wenn du nicht sofort wieder herkommst.«
    Die Frau rollte sich von ihm herunter. »Lauf, Jill! Hör nicht auf ihn!«
    Nash stand auf und zog sein Messer. Zum ersten Mal wusste er nicht recht, was er tun sollte. Der Hauptanschluss fürs Telefon war gegenüber, aber wahrscheinlich hatte das Mädchen ein Handy.
    Er hatte nicht mehr viel Zeit.
    Er brauchte die Computer. Das war das Wichtigste. Also würde er sie umbringen, sich die Computer schnappen und verschwinden. Er würde dafür sorgen, dass die Festplatten hinüber waren.
    Nash sah Yasmin an. Sie versteckte sich hinter ihrem Vater. Guy Novak versuchte, sich umzudrehen und aufzusetzen, er wollte unbedingt eine Art Schutzwall für seine Tochter bilden. Das hatte schon fast etwas Komisches, wie er da mit zusammengebundenen Händen und Füßen herumrobbte.
    Auch die Frau stand auf. Sie ging zu dem Mädchen. Dabei war das nicht einmal ihre Tochter. Tapfer. Aber jetzt waren sie alle auf einem Haufen. Gut. So konnte er sie schnell erledigen. Das dauerte nicht lange.
    »Jill!«, rief Nash noch einmal. »Das ist deine letzte Chance!«
    Wieder kreischte Yasmin. Nash ging mit erhobenem Messer auf sie zu, aber dann hörte er eine Stimme.
    »Tun Sie bitte meiner Mommy nichts.«
    Die Stimme kam von hinten. Er hörte sie schluchzen.
    Jill war zurückgekommen.
    Nash sah die Mutter an und lächelte. Ihre Gesichtszüge entgleisten vor Angst.
    »Nein!«, schrie sie. »Nein, Jill! Lauf!«
    »Mommy?«
    »Flieh! Mein Gott, Schatz, mach, dass du hier wegkommst!«

    Aber ihre Tochter hörte nicht auf sie. Sie kam die Treppe herunter. Nash drehte sich zu ihr um, und da erkannte er, dass er einen Fehler gemacht hatte. Einen Moment lang fragte er sich, ob er Jill absichtlich hatte entkommen lassen. Er hatte sie immerhin losgelassen, oder? War er nur unvorsichtig gewesen oder hatte noch mehr dahintergesteckt? Er überlegte, ob er irgendwie von jemandem gesteuert worden war, der genug gesehen hatte und ihn jetzt in Frieden ruhen sehen wollte.
    Er dachte, er sähe sie neben dem Mädchen stehen.
    »Cassandra«, sagte er laut.

    Vor ein oder zwei Minuten hatte Jill gespürt, wie die Hand des Mannes ihr den Hals zudrückte.
    Der Mann war stark. Es schien ihm überhaupt keine Mühe zu machen. Blitzschnell hatten seine Finger einen Punkt gefunden, an dem es richtig weh tat. Dann sah sie ihre Mom und Mr Novak, der gefesselt auf dem Boden lag. Jill hatte entsetzliche Angst.
    Ihre Mom sagte: »Lassen Sie sie gehen.«
    Die Art, wie sie es sagte, beruhigte Jill ein bisschen. Die Situation war furchtbar und unheimlich, aber ihre Mutter war bei ihr. Sie würde alles tun, um Jill zu

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