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Titel: Sie sehen dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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was.«
    »Was sagen Sie?«
    »Acht-eins-eins-fünf.«
    »Wie bitte?«
    Für Erklärungen war keine Zeit. Mo tippte 8115 in den Ziffernblock. Das rote Licht wurde grün, und die Tür war entriegelt.
    Anthony riss sie auf, und die Männer stürzten hinein.

    Carson hatte ihn genau im Visier.
    Er hatte die Pistole oben auf Mikes Kopf gerichtet. Carson stellte überrascht fest, dass er ganz ruhig war. Er hatte befürchtet, in Panik zu geraten, aber seine Hand war ganz ruhig. Beim ersten Schuss hatte er ein angenehmes Gefühl gehabt. Beim zweiten würde es noch besser werden. Er war jetzt wie in einem Rausch. Er würde ihn nicht verfehlen. Niemals.
    Carson spannte den Zeigefinger an.
    Und dann war die Pistole weg.
    Eine riesige Hand war von hinten gekommen und hatte ihm die Pistole weggenommen. Einfach so. Gerade war sie noch da, im nächsten Moment verschwunden. Carson drehte sich um und stand vor dem großen, schwarzen Rausschmeißer aus der Bar um die Ecke. Er hielt die Pistole in der Hand und sah ihn lächelnd an.
    Aber diese Überraschung hielt nicht lange an. Dann traf ihn etwas Schweres unten im Rücken. Noch ein anderer Mann. Der Schmerz erfasste seinen ganzen Körper. Er schrie auf und fiel nach vorne, wo er dem auf ihn zukommenden Mike Baye gegen die Schulter knallte. Carsons Körper zerbrach fast bei diesen Zusammenstößen. Er fiel zu Boden, als ob ihn jemand aus großer Höhe fallen gelassen hätte. Er bekam keine Luft mehr. Er hatte das Gefühl, sein ganzer Brustkorb wäre zerdrückt.
    Mike stellte sich vor ihn und sagte: »Es ist vorbei.« Dann drehte er sich zu Rosemary um und fügte hinzu: »Und zwischen uns gibt’s keine Abmachung.«

39
    Nash hielt die beiden Mädchen am Hals fest.
    Er hatte die Finger auf den empfindlichen Nervenknoten, daher brauchte er gar nicht besonders fest zudrücken. Er sah, wie Yasmin, die den ganzen Ärger mit ihrem vorlauten Gerede in Joes Klasse angefangen hatte, Grimassen zog. Das andere Mädchen  – die Tochter von der Frau, die hier gerade reingestolpert war  – zitterte wie Espenlaub.
    Die Frau sagte: »Lassen Sie sie gehen.«
    Nash schüttelte den Kopf. Sein ganzer Körper kribbelte. Der Wahn floss durch seinen Körper wie Strom durch ein Kabel. Sämtliche Nervenzellen arbeiteten mit voller Kraft. Ein Mädchen fing an zu weinen. Er wusste, dass das bei ihm Wirkung zeigen sollte, dass menschliche Tränen ihn irgendwie berühren müssten.
    Aber er wurde dadurch nur noch euphorischer.
    War es auch dann noch Wahn, wenn man wusste, dass es Wahn war?
    »Bitte«, sagte die Frau. »Das sind doch nur Kinder.«

    Dann hörte sie auf zu reden. Vielleicht hatte sie es erkannt. Ihre Worte kamen bei ihm nicht an. Schlimmer noch, sie schienen ihn anzustacheln. Er bewunderte die Frau. Auch bei ihr überlegte er, ob sie immer so energiegeladen und mutig war, oder ob sie sich gerade in eine Bärenmutter verwandelt hatte, die ihr Junges beschützte.
    Er musste die Mutter zuerst töten.
    Sie würde den meisten Ärger machen. Da war er sicher. Sie konnte nicht einfach untätig herumstehen, während er den Mädchen Schmerzen zufügte.
    Aber dann kam ihm ein neuer, aufregender Gedanke. Wenn dies jetzt sein letzter, großer Kampf war, gab es dann etwas Größeres, als die Eltern zum Zusehen zu zwingen?
    Oh, er wusste natürlich, dass das krank war. Aber nachdem er diesen Gedanken in seinem Kopf einmal formuliert hatte, wurde er ihn nicht wieder los. Er konnte einfach nicht aus seiner Haut. Nash hatte im Gefängnis ein paar Pädophile kennen gelernt, und die hatten sich immer sehr viel Mühe gegeben, sich selbst davon zu überzeugen, dass das, was sie taten, nicht pervers war. Sie erzählten von den frühen Zivilisationen von der Antike und anderen Zeitaltern, in denen die Mädchen schon mit zwölf Jahren heirateten, und Nash hatte sich damals immer gefragt, was das sollte. Dabei war es doch so viel einfacher. Man hatte einfach diesen Fehler im System. Es juckte einen. Man hatte das Bedürfnis, etwas zu tun, das andere abscheulich fanden.
    So hatte Gott einen geschaffen. Wer war hier also der wahre Schuldige?
    Diese ganzen frömmlerischen Freaks mussten doch irgendwann begreifen, dass sie, wenn man es bis zum Ende durchdachte, Gottes Werk kritisierten, indem sie solche Männer verteufelten. Oh, natürlich würden sie etwas von Versuchung erzählen, aber das war mehr als nur Versuchung. Und das wussten sie selbst auch. Weil es jeden irgendwo juckte. Und dieses Jucken konnte man

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