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Titel: Sie sehen dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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kommen.
    Er beschloss, hinzufahren und nachzusehen, was da los war.
    Mike schnappte den Laptop mit dem eingebauten WLAN. Wenn Adam nicht mehr da sein sollte, wollte er herumfahren, bis er über ein offenes WLAN-Netz ins Internet kam, so dass er Adams aktuellen Aufenthaltsort über die GPS-Website feststellen konnte.
    Zwei Minuten später stieg Mike in seinen Wagen und fuhr los.

15
    Mike bog ganz in der Nähe des Punkts, den das GPS ihm als Adams Standort angezeigt hatte, in die Tower Street ein. Er hielt Ausschau nach seinem Sohn, Gesichtern oder Autos, die ihm bekannt vorkamen. Hatten Mikes Freunde schon Führerscheine? Olivia Burchell, dachte er. War die nicht letztens siebzehn geworden? Er war sich nicht sicher. Er wollte die GPS-Website aufrufen und nachgucken, ob Adam noch hier war. Er hielt am Straßenrand und stellte seinen Laptop an. Keine WLAN-Verbindung.
    Auf den Gehwegen waren viele junge Leute in schwarzen Klamotten mit blass geschminkten Gesichtern, schwarzem Lippenstift und ebensolchem Lidschatten unterwegs. Sie trugen Ketten, hatten seltsame Piercings im Gesicht, am Körper vermutlich auch, und stellten darüber hinaus die unvermeidlichen Tätowierungen zur Schau, denn schließlich konnte man doch am einfachsten zeigen, wie unabhängig und aufregend man war, indem
man sich anpasste und genau das Gleiche machte, wie all seine unabhängigen und aufregenden Freunde. Dabei fühlte sich keiner wohl in seiner Haut. Die armen Kids wollten reich aussehen und kauften sich teure Turnschuhe, Schmuck und wer weiß was. Die Reichen wollten arm wirken, gangsta-hart ihre Weichlichkeit überspielen und sich für die vermeintliche Extravaganz ihrer Eltern entschuldigen, der sie zweifelsohne eines nicht allzu fernen Tages nacheifern würden. Oder war das alles viel banaler? War das Gras auf der anderen Seite der Straße einfach grüner und saftiger? Mike wusste es nicht.
    Auf jeden Fall war er froh darüber, dass Adam sich bis jetzt mit den schwarzen Klamotten zufriedengegeben hatte. Bis jetzt hatte er keine Piercings oder Tätowierungen, und er trug auch kein Make-up. Bis jetzt.
    Die »Emos« dominierten das Straßenbild  – laut Jill wurden sie nicht mehr Gruftis genannt, und ihre Freundin Yasmin hatte sogar darauf bestanden, dass das vollkommen unterschiedliche Typen wären, was zu einer längeren Debatte geführt hatte. Sie schlichen mit offenen Mündern und leeren Blicken gebeugt herum. Manche standen an der Ecke vor einem Club Schlange, andere verschwanden in der einen oder anderen Bar. Ein Nachtclub warb mit »Nonstop 24 Stunden Go-go«, und Mike ertappte sich bei der Überlegung, ob das stimmte, ob da wirklich jeden Tag rund um die Uhr eine Go-go-Tänzerin auf der Bühne stand, also auch um vier Uhr nachts oder mittags um zwei. Was war am Vormittag des ersten Weihnachtstags oder am Unabhängigkeitstag? Und wer waren die traurigen Gestalten, die zu der Zeit in einem solchen Schuppen arbeiteten oder ihn besuchten?
    War Adam da drin?
    Er konnte es nicht sagen. In der Straße waren jede Menge solcher Clubs. Kräftige Türsteher mit Ohrhörern, wie man sie normalerweise vom Geheimdienst oder den Verkäufern in Old-Navy-Läden kannte, standen Wache. Früher hatten nur wenige
Clubs Türsteher gehabt. Jetzt standen vor jedem zwei muskulöse Typen in engen, schwarzen T-Shirts, die ihre aufgeblähten Bizepse betonten, und mit kahlrasiertem Kopf  – als wären Haare ein Zeichen von Schwäche.
    Adam war erst sechzehn. Eigentlich durfte man erst mit einundzwanzig in solche Läden. Kaum anzunehmen, dass Adam da reinkam, selbst wenn er sich falsche Papiere besorgt hätte. Sicher war Mike aber nicht. Vielleicht waren ein paar von den Clubs hier dafür bekannt, dass sie es mit dem Jugendschutz nicht so genau nahmen. Das würde auch erklären, warum Adam und seine Freunde so weit fuhren. Satin Dolls, der berüchtigte »Gentlemen’s Club«, der als Bada Bing in der Fernsehserie Die Sopranos zu sehen war, lag nur ein paar Kilometer von ihrem Haus entfernt. Aber da kam Adam nicht rein.
    Wahrscheinlich fuhren sie wirklich deshalb den ganzen Weg hierher.
    Mike ließ den Laptop auf dem Beifahrersitz stehen und fuhr die Straße entlang. An der nächsten Ecke hielt er an und klickte auf den Button »Drahtlosnetzwerke anzeigen«. Das Programm fand zwei, die aber verschlüsselt waren, so dass er keinen Zugang bekam. Mike fuhr hundert Meter weiter und versuchte es noch einmal. Beim dritten Versuch hatte er Glück. Das

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