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Titel: Sie sehen dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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zwischen den beiden ein. Der riesige Türsteher klickte die Samtkordel aus  – die in diesem Fall etwa drei Meter lang war  – und ließ sie sofort hinein.
    Mike rannte zum Eingang. Der Türsteher  – ein großer Schwarzer, dessen Arme an hundertjährige Redwood-Bäume erinnerten  – musterte Mike wie ein lebloses Objekt. Wie einen Stuhl vielleicht. Oder einen Einwegrasierer.
    »Ich muss da rein«, sagte Mike.
    »Name?«
    »Ich steh auf keiner Liste.«
    Der Türsteher sah ihn einfach weiter gelangweilt an.
    »Ich glaube, mein Sohn ist da drin. Er ist minderjährig.«
    Der Türsteher sagte nichts.

    »Hören Sie«, sagte Mike. »Ich will keinen Ärger machen …«
    »Dann stellen Sie sich hinten an. Obwohl ich nicht glaube, dass Sie überhaupt reinkommen.«
    »Das ist eine Art Notfall. Sein Freund ist vor zwei Sekunden oder so reingekommen. Er heißt DJ Huff.«
    Der Türsteher trat einen Schritt näher an ihn heran. Erst kam die Brust, die man als Wand eines Squash-Courts hätte verwenden können, dann der Rest von ihm. »Ich muss Sie jetzt bitten zu gehen.«
    »Mein Sohn ist minderjährig.«
    »Das sagten Sie schon.«
    »Ich muss ihn da rausholen, sonst gibt es richtig Ärger.«
    Der Türsteher strich sich mit dem Catcher-Handschuh über die glattrasierte schwarze Kuppel. »Richtig Ärger, sagen Sie?«
    »Ja.«
    »Also, jetzt bin ich aber echt besorgt.«
    Mike griff in die Tasche und zog einen Dollarschein heraus.
    »Geben Sie sich keine Mühe«, sagte der Türsteher. »Sie kommen hier nicht rein.«
    »Sie verstehen das nicht.«
    Der Türsteher kam noch einen Schritt auf ihn zu. Jetzt hatte Mike die Brust fast im Gesicht. Er schloss die Augen, wich aber nicht zurück. Alte Eishockeyschule  – man wich nicht zurück. Er öffnete die Augen wieder und starrte den großen Mann an.
    »Treten Sie zurück«, sagte Mike.
    »Sie werden uns jetzt verlassen.«
    »Ich hab gesagt, Sie sollen zurücktreten.«
    »Ich tret hier nirgends hin.«
    »Ich suche meinen Sohn.«
    »Hier ist kein Minderjähriger drin.«
    »Ich will da rein.«
    »Dann stellen Sie sich hinten an.«
    Mike starrte dem großen Mann weiter in die Augen. Beide bewegten
sich nicht. Sie sahen aus wie Profiboxer im Ring, die noch letzte Instruktionen von ihren Trainern bekamen. Ein Knistern lag in der Luft. Mike spürte das Kribbeln in seinen Gliedmaßen. Er konnte kämpfen. Man kam im Eishockey nicht weit, wenn man nicht wusste, wie man seine Fäuste einsetzte. Er überlegte, ob sein Gegenüber echt war, oder ob die Muskeln nur Show waren.
    »Ich geh da jetzt rein«, sagte Mike.
    »Ist das Ihr Ernst?«
    »Ich hab Freunde bei der Polizei«, sagte Mike, was ein absoluter Bluff war. »Die führen hier eine Razzia durch. Und wenn da Minderjährige drin sind, ist der Laden ratzfatz dicht.«
    »Ach je. Jetzt krieg ich schon wieder Angst.«
    »Gehen Sie mir aus dem Weg.«
    Mike trat einen Schritt nach rechts. Der große Türsteher folgte seiner Bewegung und blockierte ihm weiter den Weg.
    »Ihnen ist schon klar«, sagte der große Türsteher, »dass Sie sich gleich eine einfangen.«
    Mike kannte die Grundregel: Man durfte nie Angst zeigen. »Ja.«
    »Echt knallharter Bursche, was?«
    »Legen wir los?«
    Der Türsteher lächelte. Seine fantastischen Zähne strahlten weiß im schwarzen Gesicht. »Nein. Und soll ich Ihnen sagen, wieso? Selbst wenn Sie härter sind, als ich glaube, was ich allerdings auch bezweifle, hab ich noch Reggie und Tyrone als Backup.« Er deutete mit dem Daumen auf zwei weitere schwarz gekleidete große Männer hinter sich. »Wir sind nicht hier, weil wir unsere Männlichkeit unter Beweis stellen wollen, indem wir uns mit irgendwelchen Idioten anlegen. Ich muss also auch keinen fairen Kampf führen. Wenn wir beide ›loslegen‹«, sagte er sarkastisch, »sind die beiden von Anfang an dabei. Und Reggie hat einen Elektroschocker, wie ihn auch die Polizei benutzt. Alles klar?«

    Als der Türsteher die Arme vor der Brust verschränkte, sah Mike die Tätowierung. Er hatte ein grünes D auf dem Unterarm.
    »Wie heißen Sie?«, fragte Mike.
    »Was?«
    »Ihr Name«, sagte Mike zum Türsteher.
    »Anthony.«
    »Und mit Nachnamen?«
    »Was geht Sie das an?«
    Mike deutete auf den Arm. »Das D da.«
    »Das hat nichts mit meinem Namen zu tun.«
    »Dartmouth?«
    Anthony, der Türsteher, starrte ihn an. Dann nickte er langsam. »Sie auch?«
    »Vox clamentis in deserto«, zitierte Mike das Motto der Universität.
    Anthony übersetzte. »Eine Stimme,

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