Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sie sehen dich

Sie sehen dich

Titel: Sie sehen dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
Vom Netzwerk:
Unfall gegeben, und sie vergaß öfter mal, ihr Handy zu laden, also hat er sich zwar Sorgen gemacht, ist aber nicht in Panik geraten, weil er sie nicht erreicht hat. Als es dann immer später wurde, ist seine Besorgnis immer größer geworden.«
    Muse überlegte. »Wenn Mrs Cordova aber mit einem Liebhaber im Hotel war, hat sie vielleicht einfach vergessen, die Tochter abzuholen.«
    »Das hab ich auch erst gedacht, aber da ist noch was. Cordova hat sich im Internet die Kreditkartenabrechnung seiner Frau angeguckt. Sie war nachmittags in der Palisades Mall und hat bei
Target eingekauft. Sie hat siebenundvierzig Dollar und achtzehn Cents bezahlt.«
    »Hmm.« Muse forderte Clarence mit einer Handbewegung auf, sich zu setzen, was der dann auch tat. »Sie fährt also den ganzen Weg zur Palisades Mall raus, kommt wieder zurück, um sich mit ihrem Liebhaber zu treffen, und vergisst dabei ihre Tochter, die in der Nähe der Mall Schlittschuh läuft.« Sie sah Clarence an. »Das klingt schon ein bisschen komisch.«
    »Sie hätten seine Stimme hören müssen, Boss. Die vom Ehemann, mein ich. Er war völlig außer sich.«
    »Vielleicht sollten Sie mal beim Ramada anfragen, ob sie da jemand erkennt.«
    »Hab ich schon. Ich hab ihren Mann gebeten, ein Foto einzuscannen und es mir zu mailen. Im Hotel erinnert sich keiner an sie.«
    »Das hat noch nicht viel zu sagen. Wahrscheinlich haben da jetzt andere Leute Dienst, oder sie hat sich reingeschlichen, nachdem ihr Liebhaber das Zimmer genommen hat. Steht ihr Wagen denn immer noch da?«
    »Ja. Und das ist doch auch seltsam, oder? Dass sie den Wagen da stehen lässt. Man hat ein Stelldichein, steigt in den Wagen und fährt nach Hause oder sonst wohin. Also müssen wir jetzt davon ausgehen, dass da irgendwas passiert ist, ob sie nun eine Affäre hatte oder nicht. Vielleicht hat ihr Liebhaber sie entführt oder geschlagen?«
    »Oder sie ist einfach mit ihm abgehauen.«
    »Das kann natürlich auch sein. Aber das ist ein ziemlich schicker Wagen. Ein gerade erst vier Monate alter Acura MDX. Würden Sie den nicht mitnehmen?«
    Muse überlegte kurz und zuckte dann die Achseln.
    Clarence sagte: »Ist es okay, wenn ich mir das genauer angucke?«
    »Nur zu.« Sie überlegte noch einen Moment lang. »Dann tun
Sie mir einen Gefallen. Prüfen Sie, ob noch andere Frauen in Livingston oder der Umgebung vermisst gemeldet wurden. Selbst wenn sie irgendwann wieder aufgetaucht sind und die Polizei das gar nicht richtig ernst genommen hat.«
    »Das hab ich schon.«
    »Und?«
    »Nichts. Ach, aber eine Frau hat angerufen und ihren Mann und ihren Sohn vermisst gemeldet.« Er sah auf seinen Notizblock. »Eine Tia Baye. Ihr Mann heißt Mike, der Sohn Adam.«
    »Ist die örtliche Polizei schon an der Sache dran?«
    »Ich glaub schon, bin aber nicht sicher.«
    »Wenn der Junge nicht auch vermisst werden würde«, sagte Muse, »könnte man vermuten, dass dieser Baye mit Mrs Cordova abgehauen ist.«
    »Soll ich gucken, ob es da eine Verbindung gibt?«
    »Wenn Sie wollen. Aber dann wäre es natürlich keine Straftat. Schließlich dürfen zwei Erwachsene eine Weile gemeinsam verschwinden, solange das beide freiwillig tun.«
    »Schon klar. Außerdem … Boss?«
    Muse gefiel es, dass er sie so ansprach. Boss. »Ja?«
    »Ich hab den Eindruck, dass noch mehr dahintersteckt.«
    »Dann gucken Sie sich das an, Clarence. Und halten Sie mich auf dem Laufenden.«

17
    In einem Traum würde man erst einen Piepton und dann die Worte: »Es tut mir ja so leid, Dad …« hören.
    In der Realität hörte Mike jemanden in der Dunkelheit Spanisch sprechen.
    Er konnte ein bisschen Spanisch  – man konnte nicht in einem
Krankenhaus an der 168th Street arbeiten ohne einen Grundwortschatz medizinischer Begriffe auf Spanisch zu beherrschen  – daher verstand er, dass die Frau inbrünstig betete. Mike wollte sie angucken, konnte aber den Kopf nicht bewegen. Doch das spielte keine Rolle. Um ihn herum war alles schwarz. Das Pochen in den Schläfen wurde immer stärker, als die Frau ihr Gebet ein ums andere Mal wiederholte.
    Mike hatte unterdessen sein eigenes Mantra begonnen:
    Adam. Wo ist Adam?
    Langsam wurde Mike klar, dass er die Augen geschlossen hatte. Er versuchte, sie zu öffnen. Das gelang ihm nicht auf Anhieb. Er lauschte dem Gebet noch ein bisschen, dann konzentrierte er sich ganz auf die Augenlider und die schlichte Aufgabe, sie zu öffnen. Es dauerte einen Moment lang, aber schließlich bekam er sie auseinander. Das

Weitere Kostenlose Bücher