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Titel: Sie sehen dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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auszugehen, dass sie jemand getragen hatte  –, hatten sie eine gute Chance, dass das Fahrzeug auf dem Video zu sehen war. Natürlich war es dann eine Heidenarbeit festzustellen, um welches Fahrzeug es sich handelte. Auf dem Video waren vermutlich hunderte von Fahrzeugen, und Loren ging nicht davon aus, dass auf einem »Leiche im Kofferraum« stand.
    Mit ein paar Klicks stellte sie fest, dass das Video heruntergeladen war. Und da im Büro nicht viel los war, konnte sie es auch sofort ansehen. Sie wollte gerade auf den PLAY-Button klicken, als jemand leicht gegen die Tür klopfte.
    »Hätten Sie einen Moment Zeit, Boss?«
    Clarence Morrow stand im Flur und steckte den Kopf durch die Tür. Der knapp sechzigjährige Schwarze mit borstigem, weiß-grauem Schnurrbart, dessen Gesicht immer leicht angeschwollen aussah, als ob er vor Kurzem in eine Schlägerei geraten wäre, strahlte eine gewisse Ruhe und Sanftheit aus. Außerdem trank und fluchte er nie, im Gegensatz zu allen anderen in der Abteilung.
    »Natürlich, Clarence, was gibt’s?«
    »Fast hätte ich Sie gestern Nacht noch zu Hause angerufen.«
    »Ach?«
    »Ich glaube, ich hab den Namen von Ihrer Unbekannten.«
    Loren richtete sich auf. »Aber?«
    »Die Polizei aus Livingston hat wegen eines Mr Neil Cordova angerufen. Der lebt da und besitzt eine kleine Friseursalonkette. Verheiratet, zwei Kinder, keine Vorstrafen. Jedenfalls hat der gestern seine Frau als vermisst gemeldet, und seine Beschreibung passt ziemlich gut auf Ihre Unbekannte.«
    »Aber?«, wiederholte Muse.

    »Aber sie ist erst gestern verschwunden. Nachdem wir die Leiche gefunden haben.«
    »Sind Sie sicher?«
    »Hundertprozentig. Der Ehemann sagt, er hat sie morgens, bevor er zur Arbeit gegangen ist, noch gesehen.«
    »Vielleicht lügt er.«
    »Das halte ich für unwahrscheinlich.«
    »Hat sich da jemand die Sache näher angeguckt?«
    »Zu Anfang nicht. Aber jetzt kommt’s. Cordova kennt da jemanden bei der Polizei in Livingston. Sie wissen ja, wie das da ist. Da kennt jeder jeden. Und die haben dann den Wagen gefunden. Er stand auf dem Parkplatz vom Ramada in East Hanover.«
    »Aha«, sagte Muse. »Ein Hotelparkplatz.«
    »Genau.«
    »Also wurde Mrs Cordova gar nicht vermisst?«
    »Na ja«, sagte Clarence und strich sich übers Kinn, »das ist ja das Komische an der Sache.«
    »Was?«
    »Der Cop in Livingston hat natürlich das Gleiche gedacht wie Sie. Dass Mrs Cordova sich da mit einem Liebhaber getroffen hat und es dann zu spät geworden ist, um noch nach Hause zu fahren, oder so. Und darum hat er mich dann auch angerufen  – der Cop aus Livingston, meine ich. Weil er seinem Freund, dem Ehemann, die Sache von seiner Frau nicht erzählen wollte. Er wollte mich überreden, dass ich das mache. Er hat noch was gut bei mir.«
    »Und weiter?«
    »Na ja, was sollte ich machen  – ich hab Cordova dann angerufen. Ich erzähl ihm, dass wir den Wagen seiner Frau auf einem Hotelparkplatz gefunden haben. Er sagt, das ist unmöglich. Ich erzähl ihm, dass wir ihn hierhaben, und er ihn sich ansehen kann.« Er brach ab. »Mist.«
    »Was ist?«
    »Durfte ich ihm das überhaupt sagen? Also, wenn ich jetzt darüber
nachdenke, könnte man das als Eingriff in ihre Privatsphäre sehen, dass ich ihm das erzählt hab. Was wäre passiert, wenn er da dann mit ’ner Knarre aufgetaucht wäre oder so? Mann, da hatte ich echt nicht richtig drüber nachgedacht.« Clarence sah Loren stirnrunzelnd an. »Hätte ich das von dem Wagen lieber nicht erzählen sollen, Boss?«
    »Machen Sie sich darüber keine Sorgen.«
    »Okay, lässt sich auch nicht mehr ändern. Auf jeden Fall glaubt dieser Cordova kein Wort von dem, was ich ihm erzähl.«
    »Wie die meisten Männer in so einer Situation.«
    »Schon klar, aber dann hat er was Interessantes gesagt. Er meinte, zum ersten Mal hätte er sich Sorgen gemacht, als seine Frau ihre neunjährige Tochter nicht vom Eiskunstlaufen in Airmont abgeholt hat. Das wäre überhaupt nicht ihre Art. Sie wollte auf dem Weg noch bei der Palisades Mall in Nyack vorbeifahren, bei Target ein paar Kindersachen kaufen und hinterher das Mädchen abholen.«
    »Aber da ist die Mutter nie aufgetaucht.«
    »Genau. Die Eisbahn hat dann den Vater auf dem Handy angerufen, als sie die Mutter nicht erreicht haben. Worauf Cordova hingefahren ist und die Tochter abgeholt hat. Er hat gedacht, dass seine Frau vielleicht im Stau stecken geblieben ist oder so was. Ein paar Stunden vorher hatte es auf der 287 einen

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