Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sie sehen dich

Sie sehen dich

Titel: Sie sehen dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
Vom Netzwerk:
Polizisten begegnet, der wegen einer anderen Angelegenheit hier war«, sagte sie. »Wollen Sie ihn sprechen?«
    »Ja, danke. Aber könnten Sie trotzdem das Telefon freischalten lassen?«
    »Das sollte jeden Moment passiert sein.«
    Der Polizeibeamte kam herein. Er war ein kleiner Lateinamerikaner
mit einem schmalen Schnurrbart. Mike schätzte ihn auf Mitte dreißig. Er stellte sich als Officer Guttierez vor.
    »Wollen Sie wirklich Anzeige erstatten?«, fragte er.
    »Selbstverständlich.«
    Auch er runzelte die Stirn.
    »Was ist?«
    »Ich habe Sie hierhergebracht.«
    »Danke.«
    »Keine Ursache. Wissen Sie, wo wir Sie gefunden haben?«
    Mike überlegte einen Moment lang. »Wahrscheinlich in der Gasse bei diesem Club. Den Straßennamen hab ich vergessen.«
    »Genau.«
    Er sah Mike an und wartete. Endlich begriff Mike.
    »Das war nicht so, wie Sie glauben«, sagte Mike.
    »Was glaube ich denn?«
    »Dass ich von einer Hure reingelegt worden bin.«
    »Reingelegt?«
    Mike versuchte, mit den Schultern zu zucken. »Ich guck halt viel fern.«
    »Na ja, ich bin nicht der Typ, der voreilige Schlüsse zieht, aber ich erzähl Ihnen mal, was ich weiß: Sie wurden in einer Gasse gefunden, in der Prostituierte ihrem Geschäft nachgehen. Sie sind gut zwanzig, wenn nicht dreißig Jahre älter als der übliche Clubbesucher in der Gegend. Sie sind verheiratet. Sie wurden überfallen und ausgeraubt und genauso zusammengeschlagen, wie es Freiern häufig passiert, die …«, er malte Anführungszeichen in die Luft, »… von einer Hure oder ihrem Zuhälter reingelegt worden sind.«
    »Ich wollte keinen Sex kaufen«, sagte Mike.
    »Mhm, selbstverständlich nicht. Wahrscheinlich wollten Sie da in der Gasse nur die Aussicht genießen. Ist mal ganz was Neues. Und die tolle Luft da, der Duft von tausend Blüten. Mann, mir brauchen Sie das nicht zu erklären. Ich kenne den Reiz dieser Gasse.«

    »Ich habe meinen Sohn gesucht.«
    »In der Gasse?«
    »Ja. Ich habe einen Freund von ihm gesehen …« Der Schmerz kehrte zurück. Er wusste, wie das jetzt weiterging. Es würde eine ganze Weile dauern, bis er das alles erklärt hatte. Und was dann? Wie sollte ihm dieser Cop helfen?
    Er musste Tia erreichen.
    »Ich hab gerade furchtbare Schmerzen«, sagte Mike.
    Guttierez nickte. »Verstehe. Hier, nehmen Sie meine Karte. Rufen Sie mich an, wenn Sie weiter darüber reden oder Anzeige erstatten wollen, okay.«
    Guttierez legte seine Visitenkarte auf den Nachttisch und ging. Mike beachtete das nicht. Er kämpfte gegen die Schmerzen an, griff nach dem Telefon und wählte Tias Handynummer.

18
    Loren Muse sah sich das Überwachungsvideo aus der Nähe des Fundorts der Unbekannten an. Ihr sprang nichts ins Auge, aber was hatte sie auch erwartet? Da fuhren am Tag knapp hundert Autos pro Stunde vorbei. Und man konnte praktisch keins davon ausschließen. Die Leiche passte in den Kofferraum jedes noch so kleinen Wagens.
    Trotzdem hoffte und guckte sie weiter, und als das Video zu Ende war, hatte ihr die Arbeit absolut nichts gebracht.
    Wieder klopfte Clarence und steckte den Kopf in ihr Büro. »Sie werden’s nicht glauben, Boss.«
    »Ich höre?«
    »Als Erstes einmal können Sie den vermissten Mann, diesen Baye, vergessen. Raten Sie mal, wo er war.«
    »Wo?«

    »Lag im Krankenhaus in der Bronx. Seine Frau geht auf eine Geschäftsreise, und der Typ hat nichts Besseres zu tun, als loszuziehen und sich von einer Prostituierten ausrauben zu lassen.«
    Muse verzog das Gesicht. »Ein Arzt aus Livingston geht in diese Gegend und sucht sich da eine Prostituierte?«
    »Was soll ich dazu sagen  – manche Leute fühlen sich fast magisch zu den Slums hingezogen. Aber deshalb bin ich auch nicht hier.« Clarence setzte sich, ohne dass sie ihn dazu aufgefordert hatte, was eigentlich nicht seine Art war. Er hatte die Hemdsärmel aufgekrempelt, und durch die fleischigen Gesichtszüge war der Anflug eines Lächelns zu erkennen.
    »Der Acura von den Cordovas steht immer noch auf dem Hotelparkplatz«, sagte er. »Die örtliche Polizei hat da an die Zimmertüren geklopft, aber sie war nicht da. Also bin ich weiter zurückgegangen.«
    »Zurück?«
    »Zurück zum letzten Ort, von dem wir wissen, dass sie da war. Zur Palisades Mall . Das ist ein riesiges Einkaufszentrum, und die haben da ein ziemlich ausgefeiltes Sicherheitssystem. Also hab ich bei denen angerufen.«
    »Beim hauseigenen Sicherheitsdienst?«
    »Genau, und jetzt kommt’s: Da ist gestern gegen fünf Uhr nachmittags

Weitere Kostenlose Bücher