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Sie und Allan

Sie und Allan

Titel: Sie und Allan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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die auf unser aller Füße wartet, und an deren Pforte wir Tag für Tag klopfen, besonders die von uns, die vom Krieg leben, wie du und ich es tun, Macumazahn?« fragte er mit einer stillen Würde, die mich beschämte.
    »Ja, weshalb«, sagte ich, fügte jedoch im stillen hinzu, daß ich mich lieber auf einer anderen Straße befinden würde.
    Dann brachen wir auf, ohne weitere Worte zu wechseln, wobei ich mich mit der Vorstellung aufrechterhielt, daß diese ganze Sache barer Unsinn war und ich nichts zu fürchten hatte.
    Nur zu bald passierten wir den zerfallenen Torbogen und wurden auf die gewohnte Weise in die Gegenwart Ayeshas geführt. Während Billali, der die Vorhänge hinter uns zuzog und wie gewohnt draußen blieb, stellte ich zu meiner Verwunderung fest, daß Hans hinter mir hineingeschlichen war und sich in der Nähe des Zulus niedergehockt hatte, offensichtlich in der Hoffnung, übersehen zu werden. Es hatte den Anschein, wie ich irgendwie erriet, oder wie es mir im Verlauf unseres Besuches klar wurde, daß seine brennende Neugier seine Furcht vor der ›Weißen Hexe‹ überflügelt hatte. Oder vielleicht hoffte er herauszufinden, ob ihr verschleiertes Gesicht wirklich so häßlich war, wie er es annahm. Auf jeden Fall, dort hockte er in der Ecke, und falls Ayesha ihn bemerkt haben sollte, was ich glaube, da ich durch eine Bewegung ihres Kopfes bemerkte, daß sie in seine Richtung blickte, erwähnte sie es mit keinem Wort.
    Eine Weile saß sie schweigend auf ihrem Thron und blickte Umslopogaas und mich an.
    »Wie kommt es, daß Ihr so spät kommt?« fragte sie dann. »Solche, die ihre Geliebten suchen, sollten auf eilenden Füßen laufen, doch die Euren schleifen Euch hintennach.«
    Ich murmelte irgendeine Entschuldigung, auf die sie sich nicht die Mühe machte, zu antworten, denn sie sprach sofort weiter.
    »Ich vermute, Allan, daß Eure Sandalen, die geflügelt sein sollten wie die des römischen Gottes Merkur, vom grauen Blei der Furcht beschwert sind. Nun, das ist nicht verwunderlich, da Ihr hergekommen seid, um die Pforte des Todes zu durchschreiten, die von allen gefürchtet wird, selbst von Ayesha, denn wer kann wissen, was man hinter ihr finden mag? Fragt den Axt-Träger, ob er sich fürchtet.«
    Ich tat es und übersetzte alles, was sie gesagt hatte, in die Zulu-Sprache.
    »Sage der Königin«, antwortete Umslopogaas, als er es verstanden hatte, »daß ich nichts anderes fürchte als die scharfen Zungen von Frauen. Ich bin bereit, die Pforte des Todes zu durchschreiten und nicht zurückzukehren, wenn sich das als notwendig erweisen sollte. Bei den Weißen ist das anders, wie ich erfahren habe; wegen gewisser düsterer Lehren, auf die sie hören, sprechen sie von zukünftigem Entsetzen, das wir, die wir schwarz sind, nicht fürchten. Wir glauben jedoch, daß es Geister gibt, und daß die Geister unserer Väter weiterleben, und wenn es möglich ist, so möchte ich erfahren, ob dem wirklich so ist, und vor allem möchte ich einen bestimmten Geist sehen, denn nur dafür bin ich in dieses weit entfernte Land gereist. Sage all dies der weißen Königin, Macumazahn, und sag ihr auch, daß ich, falls sie mich zu einem Ort schicken sollte, von dem es keine Wiederkehr gibt, ihr keine allzugroßen Vorwürfe machen werde, obwohl ich es vorziehen würde, im Kampf zu sterben. Ich habe gesprochen.«
    Ich gab all dies an Ayesha weiter, und sie antwortete:
    »Dieser schwarze Häuptling hat einen Geist, der so tapfer ist wie sein Körper, doch wie steht es mit Eurem Geist, Allan? Seid auch Ihr bereit, so viel zu riskieren? Wisset, daß ich Euch nichts versprechen kann, nur dieses: wenn ich die Bande Eurer Sterblichkeit löse und Eure Seele durch die tiefen Täler des Todes wandern lasse, was mir, wie ich glaube, möglich ist, obwohl ich mir selbst dessen nicht ganz sicher bin, müßt Ihr durch eine Pforte des Schreckens gehen, die hinter Euch durch einen Arm, der stärker ist als der meine, geschlossen werden mag. Was ihr hinter ihr finden werdet, weiß ich nicht, denn seid versichert, daß jeder von uns seinen eigenen Himmel hat, oder seine eigene Hölle, oder beides, wohin er früher oder später gehen muß. Also: wollt Ihr nun vorwärts gehen oder zurück? Trefft Eure Wahl, so lange noch Zeit dazu ist!«
    Bei all diesen Worten fühlte ich das Herz in meiner Brust schrumpfen wie eine vertrocknete Walnuß, wenn ich diesen Vergleich verwenden darf, und mein Blut die Konsistenz und Temperatur von Eiskrem annehmen.

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