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Sie und Allan

Sie und Allan

Titel: Sie und Allan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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ihrem Herzen, sah ich Ayesha und die vor ihr aufgereihten Männer stehen, so wie der große König die Jünglinge in dem siebenfach erhitzten Feuerofen stehen sah. Nur daß diese Männer nicht im Feuer einherwandelten; nein, sie taumelten zurück und stürzten zu Boden, und Ayesha allein blieb auf den Füßen, reglos, und die Hand noch immer ausgestreckt. Als nächstes kam wieder völlige Dunkelheit, und darin ein pausenloses Krachen von Donnerschlägen, unter denen die Erde erzitterte, während sie von den Klippen des Berges zurückgeworfen wurden. Nie zuvor in meinen Leben hatte ich einen so gewaltigen Donner gehört. Er versetzte die Zulus in eine solche Angst, daß sie sich auf den Boden warfen, mit Ausnahme von Umslopogaas und Goroko, deren Stolz sie auf den Beinen hielt, den letzteren vor allem, da er seinen Ruf als ›Himmels-Hirte‹ oder Herr der Stürme aufrechtzuerhalten hatte.
    Ich muß gestehen, daß ich gern dem Beispiel der Zulus gefolgt wäre, da ich wirklich Angst hatte, von einem Blitzschlag getroffen zu werden. Doch – ich tat es nicht.
    Endlich verstummte der Donner, und auf eine geheimnisvolle Weise erstarb gleichzeitig auch der Wind, so plötzlich wie ein Sturm auf einer Theaterbühne. Kein Tropfen Regen fiel, was schon an sich überraschend und äußerst ungewöhnlich war, doch an seiner Stelle senkte sich ein Schleier tiefster Stille auf die Erde herab. Allmählich hob sich das Dunkel wieder, und die am westlichen Horizont stehende Sonne trat hervor. Ihre Strahlen fielen auf die Stelle, an der die aufmarschierten Blöcke der Amahagger-Krieger gestanden hatten, doch jetzt war nicht ein einziger von ihnen mehr zu sehen.
    Sie waren alle verschwunden, und Ayesha mit ihnen. So spurlos waren sie verschwunden, daß ich geglaubt haben würde, einer Illusion zum Opfer gefallen zu sein, wäre es nicht um die Reihe toter Männer gewesen, die dort sehr einsam wirkend auf dem Veld lagen, verloren und wie Punkte aus dieser Entfernung.
    Wir starrten einander an, und dann sie, und dann sagte Goroko, daß er sich diese Toten gerne ansehen würde, weil er wissen wolle, ob der Blitz Menschen in Kôr genauso töte wie anderenorts, und auch, ob er sie mit einem Schlag getötet oder von einem zum anderen gesprungen sei, was er, als beruflicher Himmels-Hirte, von den Spuren an diesen Unglücklichen ablesen könne, wie er behauptete.
    Da ich darauf ebenfalls neugierig war und einige Beobachtungen anstellen wollte, erklärte ich mich bereit, sie zu begleiten, und wir alle, mit Ausnahme der Verwundeten, die ich zurückhielt, da ich nicht wollte, daß sie sich überanstrengten, kletterten über die Trümmer der zerfallenen Mauer hinab und gingen über die Ebene zum Schauplatz der Tragödie, ohne eine Menschenseele zu sehen.
    Dort lagen die Toten, elf Leichen, genauso in einer Reihe ausgerichtet, so wie sie vor Ayesha gestanden hatten. Sie lagen alle auf dem Rücken, mit weit aufgerissenen Augen und einem Ausdruck namenloser Angst auf ihren Gesichtern. Einige von ihnen erkannte ich wieder, wie Umslopogaas und Hans sie auch erkannten. Es waren Krieger und Häuptlinge, die unter meinem Kommando den Angriff auf Rezu mitgemacht hatten, und von denen ich keinen mehr gesehen hatte, als wir den Grat erreichten, auf dem dann die Schlacht stattfand.
    »Baas«, sagte Hans, »ich glaube, daß dies die Verräter sind, die sich weggeschlichen und Rezu von unseren Plänen berichtet haben, worauf er uns auf dem Grat angriff, bevor wir ihn auf der Ebene überfallen konnten, wie wir es so schön vorbereitet hatten. Auf jeden Fall war keiner von ihnen bei der Schlacht dabei, und ich habe gehört, wie die Amahagger von einigen von ihnen sprachen.«
    Ich bemerkte, daß die Blitze, wenn dem so war, wirklich recht wählerisch gewesen sein mußten.
    Währenddessen hatte Goroko die Toten einen nach dem anderen untersucht und rief: »Diese Verdammten sind nicht durch Blitzschlag getötet worden, sondern durch Hexerei. Es ist nicht eine Brandwunde in ihrem Fleisch, und auch ihre Kleidung ist nicht versengt.«
    Ich überprüfte sie und stellte fest, daß alles zutraf, was er gesagt hatte. Die Leichen wirkten äußerlich völlig unversehrt. Von ihrem entsetzten Gesichtsausdruck abgesehen mochten sie im Schlaf eines natürlichen Todes gestorben sein.
    »Hinterläßt ein Blitz immer Brandwunden?« fragte ich Goroko.
    »Immer, Macumazahn«, antwortete er, »das heißt, wenn der, den er getroffen hat, tot ist, wie es diese sind, und nicht nur

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