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Sie und Allan

Sie und Allan

Titel: Sie und Allan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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erwies. Hier waren Thomaso und ein paar seiner Leute dabei, mit Eingeborenen aus den Sambesi-Sümpfen zu handeln, Menschen einer Art, wie ich sie noch nie gesehen hatte, doch auf eine gewisse Art zivilisierter als viele, die weiter südlich lebten. Ich blieb nicht stehen, um zu sehen, was sie kauften oder verkauften, doch bemerkte ich, daß das Lagerhaus mit allen möglichen Dingen angefüllt war, darunter größeren Mengen von Elfenbein, das, wie ich vermutete, vom Inland zum Fluß gebracht worden war.
    Wir gingen weiter zu den bestellten Feldern, wo wir weite Flächen von Mais sahen, und auch Tabak und anderes. Dahinter befanden sich Rinderkraals, und in der Ferne sahen wir eine große Herde von Rindern und Ziegen weiden.
    »Dieser rotbärtige Baas muß sehr reich sein«, bemerkte der immer aufmerksame Hans, als wir unseren Rundgang beendet hatten.
    »Ja«, antwortete ich, »reich und doch arm.«
    »Wie kann ein Mensch zugleich reich und arm sein, Baas?« fragte Hans.
    In diesem Augenblick liefen ein paar der Mischlingskinder, die ich bereits erwähnte, an uns vorbei, halbnackt und schreiend wie kleine Wilde.
    Hans blickte sie ernst an und sagte dann: »Ich glaube, jetzt verstehe ich, was du meinst, Baas. Ein Mann mag reich sein an Dingen, die er liebt und dennoch nicht haben will, und die ihn auf andere Weise sehr arm machen.«
    »Ja«, sagte ich, »so arm, wie du es bist, wenn du zu viel getrunken hast.«
    In diesem Augenblick begegneten wir Miß Inez, die vom Lagerhaus kam und einen Korb mit verschiedenen Dingen am Arm trug, darunter Seife und ein Paket Tee, wie ich mich zu erinnern glaube. Ich befahl Hans, ihr den Korb abzunehmen und zum Haus zu tragen. Er ging damit fort, und während wir ihm langsamer folgten, kamen wir ins Gespräch.
    »Ihr Vater scheint hier sehr erfolgreich zu sein«, sagte ich und deutete mit einem Kopfnicken auf das Lagerhaus, vor dem sich eine große Menge von Eingeborenen drängte.
    »Ja«, antwortete sie, »er verdient viel Geld, das er zur Bank an der Küste schickt, denn das Leben hier kostet uns nichts, und es liegt eine hohe Gewinnspanne in den Sachen, die er kauft und verkauft, und er verdient auch gut mit dem Getreide und dem Tabak, die er anbaut, und mit den Rindern. Aber ...«, setzte sie niedergeschlagen hinzu, »was nützt einem schon Geld an einem Ort wie diesem?«
    »Man kann sich etwas dafür kaufen«, antwortete ich vage.
    »Genau das sagt mein Vater auch immer. Aber was kauft er schon? Alkohol für sich; Kleider für diese Frauen dort hinten, und manchmal Perlen, Juwelen und andere Dinge die ich nicht haben will, für mich. Ich habe einen Haufen davon, Steine, in häßliches Gold gefaßt, oder ungefaßt, die ich nicht tragen kann, und wenn ich sie tragen würde, wer ist denn da, um sie zu sehen? Dieser schlaue, halbblütige Thomaso – er ist wirklich schlau auf seine Art, und treu – oder die Frauen dort hinten – niemand sonst.«
    »Sie scheinen hier nicht glücklich zu sein, Miß Inez.«
    »Nein. Ich kann nicht sagen, wie unglücklich andere sein mögen, da ich niemanden kenne, doch manchmal glaube ich, daß ich die unglücklichste Frau auf der ganzen Welt bin.«
    »O nein«, antwortete ich aufmunternd, »es gibt viele, denen es weit schlechter geht.«
    »Dann, Mr. Quatermain, muß es daran liegen, daß sie kein Gefühl haben. Hatten Sie einen Vater, den Sie liebten?«
    »Ja, Miß Inez. Er ist tot, doch er war ein sehr guter Mann, fast ein Heiliger. Fragen Sie meinen Diener Hans, den kleinen Hottentotten, er wird Ihnen von ihm erzählen.«
    »Ah! Ein sehr guter Mann. Nun, wie Sie vielleicht bereits erraten haben, ist mein Vater das nicht, obwohl er viele gute Seiten hat: ein großes Herz und einen scharfen Verstand. Aber der Alkohol und die Frauen dort hinten ruinieren ihn.« Sie rang die Hände.
    »Warum gehen Sie nicht fort?« fuhr es mir heraus.
    »Weil es meine Pflicht ist, hierzubleiben. Das ist es, was meine Religion mich lehrte, obwohl ich nur wenig davon weiß, und nur aus Büchern, da ich seit Jahren keinen Priester gesehen habe, außer einmal einen Missionar, ein Baptist war er, glaube ich, und der sagte mir, daß mein Glaube falsch sei und mich in die Hölle bringen würde. Ja, da er nicht wußte, wie ich lebe, sagte er das, weil er nicht erkannte, daß das hier bereits die Hölle ist. Nein, ich kann nicht fortgehen, da ich immer noch glaube, daß Gott und die Heiligen mir einen Weg zeigen werden, um meinen Vater zu retten, und sei es mit meinem Blut.

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