Sie und Allan
Strathmuir gegen Sonnenuntergang, zu spät, um noch an diesem Tag die Verfolgung aufzunehmen. Während unseres Trecks hatte ich darüber gründlich nachgedacht und war zu dem Schluß gekommen, daß es sinnlos war. Wir mußten uns ausruhen und die nötigen Vorbereitungen treffen. Außerdem bestand keinerlei Hoffnung, diese Wilden, die einen zwölfstündigen Vorsprung hatten, durch einen Spurt einzuholen. Sie mußten mit Geduld und Umsicht verfolgt werden, indem wir uns auf ihre Spur setzten, falls wir sie überhaupt aufspüren konnten, bevor sie in den unendlichen Weiten des unbekannten Innern Afrikas verschwanden. Das einzige, was wir an diesem Abend tun konnten, war, die nötigen Vorbereitungen zu treffen.
Captain Robertson schlief noch immer, als wir an dem Dorf vorbeikamen, und darüber war ich sehr froh, da die Reste einer Kannibalen-Mahlzeit beileibe kein erquicklicher Anblick sind, besonders wenn es sich um Reste der eigenen Kinder ... Ich beschloß, diese Spuren auf der Stelle zu beseitigen, sprang zusammen mit Hans und ein paar der Boys vom Wagen – denn keiner der Zulus würde sich dazu erniedrigen, menschliche Überreste zu berühren. Wir fachten zwei der glimmenden Feuer an, die der Voorlooper am nächtlichen Himmel bemerkt hatte, und warfen die menschlichen Reste in die Flammen. Dann befahl ich den Eingeborenen von der Farm, eine große Grube auszuheben, die anderen Leichen darin zu begraben und alle sonstigen Spuren des Mordes zu beseitigen.
Dann ging ich ins Haus, und ich kam gerade im rechten Augenblick. Nachdem Thomaso, der die Ankunft der Wagen beobachtet und sich versichert hatte, daß die Amahagger verschwunden waren, kamen er und die anderen Feiglinge aus ihren Verstecken hervorgekrochen und kehrten zurück. Unglücklicherweise war der erste Mensch, auf den sie stießen, Umslopogaas, der den fetten Mischling scharf abzukanzeln begann, ihn einen Hund und einen Feigling nannte, und was der passenden Worte mehr sind, wie Verräter an Frauen und Kindern und so weiter – die alle von jemandem übersetzt wurden.
Thomaso, ein frecher Bursche, versuchte sich herauszureden, indem er behauptete, er sei nur fortgelaufen, um Hilfe zu holen. Wütend über diese unverschämte Lüge stürzte Umslopogaas sich mit einem wilden Schrei auf Thomaso, und bei seiner ungeheuren Körperkraft sprang er mit ihm um wie ein Löwe mit einer Antilope. Er riß ihn hoch und schmetterte ihn zu Boden, und als Thomaso versuchte aufzuspringen und fortzulaufen, riß er ihn abermals empor und wollte ihm gerade das Rückgrat über dem Knie brechen, als ich eintraf.
»Laß den Mann los!« schrie ich. »Hat es hier nicht schon genug Tod gegeben?«
»Ja«, antwortete Umslopogaas. »Es ist genug. Und es ist besser, wenn dieser Schakal am Leben bleibt und seine eigene Schande fressen muß.« Damit warf er Thomaso zu Boden, der stöhnend liegenblieb.
Robertson, der noch immer schlafend auf dem Wagen gelegen hatte, erwachte von dem Lärm und stieg herab; er wirkte ziemlich benommen. Ich brachte ihn ins Haus, und wir gingen dabei an den Leichen der beiden Zulus vorbei, und an denen der sechs Männer, die sie getötet hatten, und an der Leiche des Mannes, den Inez erschossen hatte. Die beiden Zulus hatten tapfer gekämpft, denn ihre Körper waren mit Wunden übersät, und keine der Wunden befand sich auf dem Rücken, stellte ich später fest.
Nachdem ich Robertson geholfen hatte, sich auf sein Bett zu legen, sah ich mir die toten Amahagger gründlich an. Es waren prächtige Männer, alle sieben, hochgewachsen, schlank, mit klarem Gesichtsschnitt und krausem Haar. Aus diesen Charakteristika, sowie der relativen Helligkeit ihrer Haut schloß ich, daß sie einem semitischen oder arabischen Typus angehörten, und daß die Beimischung von Bantu-Blut nur gering sein konnte, falls es überhaupt eine gab. Ihre Speere, von denen einer durch einen Axthieb der Zulus zerbrochen worden war, waren lang und wiesen eine breite Stahlspitze auf, etwa wie die der Massai, doch von feinerer Ausführung.
Inzwischen stand die Sonne dicht über dem Horizont, und ziemlich müde von allem, was ich an diesem Tage durchgemacht hatte, ging ich ins Haus, um etwas zu essen. Als ich mich an den Tisch setzte, gesellte sich Robertson zu mir, und ich überredete ihn, ebenfalls etwas zu sich zu nehmen. Sein erster Impuls war, zum Schrank zu gehen und die Ginflasche herauszuholen; er erhob sich sogar, um das zu tun.
»Hans macht Kaffee«, sagte ich warnend.
»Danke«,
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