Sie und Allan
antwortete er. »Ich hatte es völlig vergessen. Die Macht der Gewohnheit, wissen Sie.«
An dieser Stelle möchte ich feststellen, daß ich ihn von da an keinen Tropfen mehr habe trinken sehen, nicht einmal dann, wenn ich mein kleines Glas Gin in seiner Gegenwart trank. Sein Sieg über die Versuchung war herrlich und absolut, besonders, da das Fehlen der gewohnten Alkoholmenge ihn für einige Zeit krank werden und in Depression versinken ließ, die sich nach einiger Zeit deutlich bemerkbar machte.
Tatsächlich veränderte sich dieser Mann völlig. Er wurde zwar düster, jedoch geistig reger und einfallsreich, und entwickelte eine große Geduld. Er war von einer einzigen Idee besessen: seine Tochter zu retten und die Ermordung seiner Leute zu rächen, er dachte an nichts anderes und zeigte an nichts Interesse. Seiner eisernen Konstitution gelang es, alle Spuren vergangener Sünden zu überwinden, und er wurde so kräftig, daß ich, der ich damals recht zäh war, manchmal eher ermüdete als er.
Aber zurück zum Thema: ich begann ein Gespräch mit ihm und stellte mit seiner Hilfe eine Liste aller Dinge auf, die wir auf unserem Rachefeldzug benötigen würden, was dazu diente, ihn von seinem Leid abzulenken. Dann schickte ich ihn zu Bett und versprach, ihn am kommenden Morgen vor Anbruch der Dämmerung zu wecken, nachdem ich zuvor eine Dosis Bromid in seine dritte Tasse Kaffee getan hatte. Danach zog auch ich mich zurück, und trotz der noch verbliebenen Spuren des Kannibalen-Schmauses und der Toten vor meinem Fenster schlief ich wie ein Bär.
Tatsächlich war es der Captain, der mich weckte, und nicht ich ihn, und er sagte mir, daß es kurz vor Tagesanbruch sei und wir aufbrechen müßten. Also gingen wir zum Lagerhaus, und ich war dankbar, als ich sah, daß inzwischen alles gereinigt und aufgeräumt war, wie ich es angeordnet hatte.
Auf dem Weg dorthin fragte Robertson mich, was mit den Überresten der Menschen geschehen sei, worauf ich schweigend auf die schwelende Asche eines der großen Feuer deutete. Er trat zu dem Aschehaufen, kniete nieder und sprach in breitem Schottisch ein Gebet, das er wahrscheinlich auf den Knien seiner Mutter sitzend gelernt hatte. Dann nahm er eine Handvoll Asche vom Rand des Haufens und warf sie in die Glut, in der, wie er wußte, all das lag, was von denen, die er gezeugt hatte, übriggeblieben war. Dann warf er noch einige Handvoll Asche in die Luft, eine Geste, die ich nicht begriff und nach deren Bedeutung ich ihn auch nie gefragt habe. Wahrscheinlich war es ein Ritus der Sühne oder ein Racheversprechen, die er von den Wilden gelernt hatte, unter denen er seit so langer Zeit lebte.
Anschließend gingen wir ins Lagerhaus und wählten unter Mithilfe einiger Eingeborener und der Mischlinge, die uns auf der Seekuhjagd begleitet hatten, all die Dinge aus, die wir benötigten, und ließen sie zum Haus schaffen.
Als wir dorthin zurückkamen, waren Umslopogaas und seine Männer dabei, ihre beiden getöteten Gefährten mit dem üblichen Zulu-Zeremoniell in eine Grube zu legen, die sie in den Sand gegraben hatten. Ich bemerkte jedoch, daß sie nicht ihre Kriegsäxte und ihre Speere mit ihnen begruben, wie es sonst üblich war, wahrscheinlich, weil sie glaubten, daß die noch gebraucht werden würden. Statt dessen legten sie neben die Toten kleine Nachbildungen davon, grob aus Holz geschnitzt, die sie vorher ›töteten‹, indem sie sie in der Mitte auseinanderbrachen.
Ich blieb stehen, um dem Begräbnis zuzusehen und hörte, wie Goroko, der Medizinmann, eine kleine Ansprache hielt.
»O Vater und Häuptling der Axt«, sagte er, an Umslopogaas gewandt, der schweigend auf seine Waffe gelehnt dastand und alles beobachtete, eine mächtige Gestalt im Morgennebel. »O Vater, o Sohn der Himmel (dies war ein Hinweis auf das königliche Blut Umslopogaas', dessen Geheimnis wohl bekannt war, obwohl in Zululand nie darüber gesprochen wurde), o Schlächter (Bulalio), o Specht, der die Herzen von Männern pickt, o Königstöter, o Besieger der Halakazi, o Sieger in hundert Kämpfen, o Pflücker der Lilie, die in der Hand verwelkte, o Wolf-Mann, Herrscher über die Wölfe, o Töter von Faku, o Großer, dem es gefällt, klein zu erscheinen, weil er seinen Weg bis zu dem ihm vorbestimmten Ende gehen muß ...«
Dies war die Eröffnung der Ansprache, das Bonga oder Preisen des Angesprochenen mit erhabenen Titeln, von denen ich nur einige wiedergegeben habe, denn es waren viel, viel mehr – ich habe
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