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Sie und Allan

Sie und Allan

Titel: Sie und Allan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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würden.
    Schließlich zeigte mir die Tatsache, daß Ayesha unsere Hilfe in einem kriegerischen Unternehmen brauchte, klar und deutlich, daß alle ihre Vorspiegelungen über das Vorhandensein übernatürlicher Kräfte reiner Unsinn waren. Wäre es anders gewesen, wozu hätte sie dann unsere Hilfe bei einem Stammeskrieg gebraucht, ganz abgesehen von dem Unsinn, den sie über den Häuptling Rezu erzählte, der nach ihrer Darstellung einem der sagenhaften Trolle gleichkommen mußte, diesen halb menschlichen, halb tierischen, geisterhaften, bösen Kreaturen, über die ich in nordischen Sagen oft gelesen hatte, die nur von ganz bestimmten Helden mit ganz bestimmten Waffen erschlagen werden konnten.
    Mit solchen Gedanken beschäftigt schlief ich schließlich ein und erwachte erst, als die Sonne sank. Ich stellte fest, daß Hans ebenfalls schlief, zu meinen Füßen zusammengerollt wie ein treuer Hund. Ich weckte ihn auf, und gemeinsam gingen wir zum Haus zurück, das wir erreichten, als mit der in den Tropen üblichen Plötzlichkeit die Nacht hereinbrach, und natürlich besonders rasch an einem Ort, der ringsum von hohen bergen umgeben ist.
    Als ich Robertson nicht im Hause antraf, nahm ich an, daß er irgendwo draußen wäre, vielleicht auf eigene Faust einen kleinen Erkundungsgang unternähme, und sagte Hans, er solle für uns beide das Abendessen kochen. Während er das tat, im Licht der Amahagger-Lampen, trat plötzlich Umslopogaas in den Lichtkreis und sah sich suchend um.
    »Wo ist der Rotbart, Macumazahn?« fragte er.
    Ich sagte ihm, daß ich es nicht wüßte, und wartete ab, da ich spürte, daß er mir etwas zu sagen hatte.
    »Ich denke, du solltest den Rotbart nicht aus den Augen lassen, Macumazahn«, fuhr er fort. »Heute nachmittag, als du von deinem Besuch bei der Medizinfrau zurückgekommen bist, gegessen und dich in den Schatten der Wand zurückgezogen hattest, um zu schlafen, sah ich den Rotbart aus dem Haus kommen, mit einem Gewehr und einem Beutel mit Patronen. Er rollte wild mit den Augen, wandte sich zuerst hierhin, dann dorthin, zog die Luft in die Nase wie eine Antilope, die Gefahr wittert. Dann begann er laut in seiner Sprache zu sprechen, und da ich sah, daß er mit seinem Geist sprach, wie es jene tun, die vom Wahnsinn befallen sind, ging ich fort und ließ ihn allein.«
    »Warum?« fragte ich.
    »Weil es ein Gesetz bei uns Zulus ist, wie du weißt, Macumazahn, niemals jemanden zu stören, der wahnsinnig ist und mit seinem Geist spricht. Außerdem hätte er vielleicht auf mich geschossen, wenn ich es getan hätte, und ich hätte mich nicht einmal darüber beklagen dürfen, da ich in etwas eingedrungen wäre, wo zu sein ich kein Recht hatte.«
    »Warum bist du dann nicht sofort zu mir gekommen, Umslopogaas?«
    »Weil er dann vielleicht auf dich geschossen hätte, denn, wie ich schon seit einiger Zeit erkannt habe, ist er vom Himmel inspiriert und weiß nicht, was er hier auf der Erde tut, und seine Gedanken sind ständig bei der Lady Traurige Augen, die man ihm gestohlen hat, was nur natürlich ist. Also habe ich ihn verlassen und bin auf und ab gegangen, und als ich wenig später zurückkehrte, um nach ihm zu sehen, war er fort. Als Hans mir nun eben sagte, daß er nicht hier ist, bin ich zu dir gekommen, um mit dir über ihn zu sprechen.«
    »Nein, hier ist er bestimmt nicht«, sagte ich, ging ins Schlafzimmer und trat zu dem Bett, auf dem Robertson schlief, um zu sehen, ob er es heute abend benutzt hatte.
    Erst jetzt bemerkte ich den Zettel, der aus einem Notizbuch herausgerissen und an mich adressiert war. Ich nahm ihn und las. Er hatte folgenden Wortlaut:
     
    Der gnadenreiche Herr hat mir eine Vision von Inez gesandt und mir gezeigt, wo sie sich befindet, jenseits des Klippenrandes an der Westseite, und auch den Weg, der dorthin führt. Sie sagt mir, daß sie sich in großer Gefahr befinde – daß man sie in Kürze mit irgendeinem dieser Kannibalen verheiraten wolle – und rief mir zu, sofort zu ihr zu kommen und sie zu retten, ja, und allein zu kommen, ohne irgend jemandem etwas davon zu sagen. Also werde ich sofort aufbrechen. Haben Sie keine Angst oder Sorge um mich. Alles wird gut werden, alles wird gut werden. Ich werde Ihnen alles berichten, wenn wir uns wiedersehen.
    J. Robertson
     
    Von Entsetzen ergriffen übersetzte ich die wahnsinnige Mitteilung für Umslopogaas und Hans. Ersterer nickte ernst.
    »Habe ich dir nicht gesagt, daß er mit seinem Geist gesprochen hat, Macumazahn?«

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