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Titel: Sie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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aufrecht sitzen, und es tut mir um das Geld kein bisschen leid. Selbstverständlich können Sie nicht im Liegen tippen, oder?«

    »Nein …«
    »Ich habe ein Brett … auf die richtige Größe zugesägt … und Papier … warten Sie!«
    Sie stürmte wie ein junges Mädchen aus dem Zimmer und ließ Paul und die Schreibmaschine miteinander allein. Sein Grinsen verschwand in dem Augenblick, als sie ihm den Rücken zudrehte. Das der Royal freilich blieb gleich. Er vermutete später, dass er ganz genau gewusst hatte, worauf das alles hinauslaufen würde, so wie er gewusst hatte, wie sich die Schreibmaschine anhören würde, wie sie mit ihrem grinsenden Maul klappern würde wie diese alte Trickfilmfigur Ducky Daddles.
    Sie kam mit einer Packung Corrasable-Bond-Papier und einem etwa neunzig Zentimeter breiten und einen Meter zwanzig langen Brett zurück.
    »Sehen Sie!« Sie legte das Brett auf die Armlehnen des Rollstuhls, der wie ein feierlicher skelettartiger Besucher neben dem Bett stand. Er konnte schon den Geist seiner selbst hinter diesem Brett sehen, eingepfercht wie ein Gefangener.
    Sie stellte die Schreibmaschine so auf das Brett, dass sie dem Geist zugewendet war, und legte die Packung Corrasable Bond - das Schreibmaschinenpapier, welches er am meisten auf der Welt hasste, weil die Buchstaben immer so verschmierten, wenn man die Seiten zusammenschob - daneben. Nun hatte sie eine Art Arbeitszimmer für einen Krüppel eingerichtet.
    »Was meinen Sie?«
    »Sieht gut aus«, sagte er und sprach die größte Lüge in seinem Leben ohne jede Schwierigkeit aus, dann stellte er die Frage, deren Antwort er bereits kannte. »Und was, glauben Sie, werde ich dort schreiben?«

    »Oh, aber Paul!«, sagte sie, drehte sich zu ihm um, ihre Augen tanzten lebhaft in ihrem geröteten Gesicht. »Ich glaube nicht, ich weiß es! Sie werden mit dieser Schreibmaschine einen neuen Roman schreiben! Ihren besten! Miserys Rückkehr! «

24
    Miserys Rückkehr. Er empfand überhaupt nichts. Er vermutete, ein Mann, der sich gerade mit einer Motorsäge die Hand abgesägt hatte, mochte dieselbe Art von Nichts verspüren, während er mit benommener Überraschung den blutenden Stumpf betrachtete.
    »Ja!« Ihr Gesicht strahlte wie ein Scheinwerfer. Ihre kräftigen Hände waren zwischen ihren Brüsten ineinander verschränkt. »Ein Buch nur für mich, Paul! Meine Bezahlung dafür, dass ich Sie wieder gesund pflege! Das einzige Exemplar des neuesten Misery -Buchs! Ich werde etwas haben, was niemand sonst auf der Welt hat, so sehr sie es sich auch wünschen mögen! Stellen Sie sich das einmal vor!«
    »Annie, Misery ist tot.« Aber unglaublicherweise dachte er bereits: Ich könnte sie zurückbringen. Der Gedanke erfüllte ihn mit müdem Widerwillen, aber nicht wirklich mit Überraschung. Ein Mann, der es fertigbrachte, aus einem Putzeimer zu trinken, sollte eigentlich auch in der Lage sein, eine Auftragsarbeit zu schreiben.
    »Nein, ist sie nicht«, antwortete Annie verträumt. »Selbst als ich … als ich so wütend auf Sie war, da wusste ich, dass sie nicht wirklich tot ist. Ich wusste, dass Sie sie nicht wirklich umbringen könnten. Weil Sie gut sind.«

    »Bin ich das?«, sagte er und betrachtete die Schreibmaschine. Sie grinste ihn an. Wir werden schon herausfinden, wie gut du wirklich bist, Kumpel, flüsterte sie.
    »Ja!«
    »Annie, ich weiß nicht, ob ich in diesem Rollstuhl sitzen kann. Beim letzten Mal...«
    »Beim letzten Mal hatten Sie Schmerzen. Das kann ich mir denken. Und beim nächsten Mal werden Sie wieder Schmerzen haben. Vielleicht sogar noch ein wenig schlimmere. Aber der Tag wird kommen - und das wird nicht mehr lange dauern, auch wenn es Ihnen vielleicht länger erscheinen mag, als es ist -, da werden die Schmerzen ein bisschen weniger. Und ein bisschen weniger. Und ein bisschen weniger.«
    »Annie, verraten Sie mir eines?«
    »Natürlich, mein Lieber!«
    »Wenn ich diese Geschichte für Sie schreibe …«
    » Roman! Einen schön dicken, wie die anderen - vielleicht sogar noch dicker!«
    Er schloss die Augen einen Moment, dann öffnete er sie wieder. »Okay - wenn ich diesen Roman für Sie schreibe, werden Sie mich dann gehen lassen, wenn ich fertig bin?«
    Einen Augenblick umwölkte Unbehagen ihr Gesicht, dann sah sie ihn vorsichtig und kalkulierend an. »Das hört sich an, als würde ich Sie hier gefangen halten, Paul.«
    Er sagte nichts, sah sie nur an.
    »Ich glaube, wenn Sie damit fertig sind, werden Sie … werden Sie der

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