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Sieben

Sieben

Titel: Sieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Frost
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lumpigen Taten entwickelt - da haben Sie das Rätsel -, verlangt, daß sich die Machthaber im Laufe der Zeit ebenfalls ändern. Wir sitzen jetzt am großen Tisch, Jungs, und spielen mit völlig neuen Karten: Schwerindustrie, Massenproduktion, internationale Konzerne; Waffen, von denen keiner je geträumt hat. Moralpredigten und weicher Käse, der von der Kanzel herunter an die spirituellen Tugenden appelliert, machen aber den Kohl nun mal nicht fett. Die Christen haben, wie man in Kentucky so sagt, einfach eine beschissene Pechsträhne. Verzeihen Sie meine direkte Sprache.«
    Als die Sonne hinter dem Horizont versank, tauchten ihre ersterbenden Strahlen Chandros und die Sandsteinmauer hinter ihm in einen feurig-roten Glanz.
    »Schauen Sie nach unten, Doktor«, sagte Chandros und deutete auf ein Gehege an der Außenmauer. »Was sehen Sie dort?« Eine Gruppe von Männern in identischen, grau gestreiften Hosen und Jacken aus grobem, knotigem Material passierte soeben ein Tor zu dem Gelände, das zur Biskuitfabrik führte. Ihr Haar war millimeterkurz geschoren. Bewaffnete Wächter beobachteten jede ihrer Bewegungen und bellten Befehle in ihre Richtung. Die Männer formierten sich und reagierten mit rhythmischen Gesängen, die den Balkon schwach erreichten.
    »Arbeiter«, sagte Doyle. »Fabrikarbeiter.« Chandros schüttelte den Kopf, beugte sich vor und tippte Doyle mit Nachdruck auf die Brust. »Die
Antwort«,
sagte er. »Die Männer, die Sie dort unten sehen, repräsentierten bis vor kurzem die niedrigste Form menschlichen Abschaums, die man sich vorstellen kann. Sträflinge: tückisch, boshaft, sture Unverbesserliche. Rekrutiert aufgrund eben dieser Eigenschaften. Die Schlimmsten von ihnen, zusammengezogen aus den übelsten Gefängnissen und Straflagern des Landes und der Welt. Hierhergebracht und glauben Sie mir, die Gefängnisse sind überglücklich, sie los zu sein -, um an einem Programm teilzunehmen, das unsere Erlösung von der blinden Sklaverei hin zur menschlichen Kernnatur beweisen wird. Schauen Sie sie an.«
    Die Bewegungen der Gruppe auf dem Hof wirkten bestens einstudiert und diszipliniert, doch nicht enthusiastisch und beinahe schwerfällig, obwohl niemand unter irgendeiner Art von Zwang zu handeln schien.
    »Vor nicht allzulanger Zeit waren diese Männer kaum imstande, einen gemeinsamen Lebensraum mit anderen Menschen zu teilen, ohne sinnlose Gewaltakte zu verüben. Das Problem des Verbrechens. Das Problem der Intoleranz. Das Problem der Gewalt. Verstehen Sie? Sie stammen alle aus der gleichen Urquelle. Hier und jetzt, zum ersten Mal überhaupt, sind sie vollständig rehabilitiert. Sie werden versorgt und sind bereit, einem ehrlichen Tagewerk nachzugehen.«
    So also ist es zur Entlassung von Bodger Nuggins gekommen, dachte Doyle. Die Motive erschienen durchaus anerkennenswert sie unterschieden sich in ihrem Grundgedanken kaum von dem, was Jack Sparks mit den Männern aus der Londoner Unterwelt zu erreichen versuchte, wenn auch in kleinerem Maßstab. Doch nach welcher Methode ging man hier vor?
    »Wie?« fragte Doyle. »Wie machen Sie es?«
    »Durch direkten Eingriff«, sagte Chandros.
    »Was meinen Sie damit?«
    »Einer unserer Kollegen hat das Problem lange Jahre studiert. Er ist zu dem Schluß gekommen, daß die grundlegenden Aspekte einer Persönlichkeit ihren Anfang im Gehirn nehmen. Das Gehirn ist ein Organ wie die Lunge oder die Leber, und man kann es auf eine Weise umerziehen, die wir eben erst zu verstehen beginnen. Sie sind Arzt. Wir glauben, daß diese menschliche Unterschicht - wollen wir sie so nennen? warum nicht? - lediglich ein medizinisches Problem darstellt; eine Krankheit wie Cholera oder Meningitis. Diese Schicht muß wie ein rein physischer Defekt betrachtet und dementsprechend behandelt werden.«
    »Auf welche Weise behandelt?«
    »Ich bin mit der exakten Fachterminologie nicht vertraut. Der Professor wird sich freuen, Ihnen die genaue ...«
    »Chirurgische Behandlung?«
    »Mich interessieren Ergebnisse, Doktor. Sie sehen hier die mehr als ermutigenden Resultate, die wir mit diesem Programm zu erreichen begonnen haben. Doch nicht nur die Fabrikarbeiter, auch das gesamte Haushaltspersonal Ravenscars profitiert von unseren erfolgreichen Bemühungen - sie sind, wenn Sie so wollen, unsere Graduierten. Ich möchte Ihnen eins versichern: Geben Sie dem Menschen eine zweite Chance zum Leben, und er wird wie ein dankbarer Hund zu Ihren Füßen liegen.«
    Eine zweite Chance zum Leben. Doyle

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