Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sieben

Sieben

Titel: Sieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Frost
Vom Netzwerk:
ICH aber wirklich in der Klemme, dachte Doyle: Die Blavatsky bestätigt zwar, daß an meinen Fersen Meuchelmörder kleben - was nicht gerade beruhigend ist -, aber praktische Hilfe kann sie nicht leisten, weil sie eindeutig mehr daran interessiert ist, ihren rätselhaften und unbedingt erforderlichen Terminplan einzuhalten. Wer hätte gedacht, daß man nach all den überstandenen Gefahren so weit unten in der Hierarchie ihrer spirituellen Fürsorge steht?
    Aber was habe ich denn auch erwartet? Daß sie sofort alles stehen und liegenläßt und mir zu Hilfe eilt? Selbst wenn sie es getan hätte: Welche Hilfe hätte sie schon leisten können? Eine dickliche Frau in den mittleren Jahren mit normalen persönlichen Gewohnheiten und einem Kader von kraftlosen intellektuellen Bücherwürmern? Ich beneide die armen Tröpfe wirklich nicht, die sie an meiner Stelle zu retten bemüht ist; nein, wirklich nicht. Ein ernstes Gespräch und eine Flasche Wodka sind wirklich nicht das, was ich jetzt brauche. Nein, Sir. Ich brauche eine schwerbewaffnete Kompanie beinharter Dragoner, die mit gezücktem Säbel eine Kette bilden und bereit sind, ihr Leben einzusetzen.
    Er ging wieder durch die Bürgerviertel zur King's Parade.
Meine Wohnung ruiniert, die Petrovitch ermordet. Was denkt wohl Leboux, wenn die Leiche gefunden wird? Eine Prostituierte, wie ein Hundefrühstück auf der Straße zerlegt; ein entführtes Kind, dessen Mutter vor meinen Augen umgebracht wird, während Hexenmeister über mich herfallen und ein Hochstapler mich rettet. Eine Verfolgungsjagd, bei der ich in die Irre geführt werde und beinahe als Futter für irgendwelche Steinbasilisken ende. Ich habe Cambridge nie ausstehen können, diese Brutstätte der Hochnäsigkeit der herrschenden Klasse, die das ganze verrottete System in alle Ewigkeit festschreibt ... Immer mit der Ruhe, Doyle: Wir wollen doch nicht die komplette Litanei deiner Beschwerden an die Gesellschaft herunterbeten. Immer schön eine Katastrophe nach der anderen, alter Knabe.
    Das Wichtigste zuerst: Unterkunft für die Nacht. Er hatte nicht mehr viel Geld und niemanden, den er um Hilfe bitten konnte. In dieser Hinsicht war die Blavatsky seine größte Hoffnung gewesen. Ihre verdammten Bücher wogen in seiner Reisetasche so schwer wie ein Anker. Die weibliche Eitelkeit: Bitte um Hilfe, doch sie überschüttet dich mit ihren gesammelten Werken und verläßt das Land.
    Aber immerhin hatte er einen Plan: Topping. Doch was sollte er ihrem Gatten sagen? »Ich bin erfreut, Sie kennenzulernen, Lord Nicholson. Ja, das Wetter ist in der Tat äußerst ungewöhnlich für diese Jahreszeit. Ihre Forsythien gedeihen ja wirklich prächtiger, als man sich vorzustellen wagt. Wußten Sie übrigens, daß man Ihrer Gattin Caroline und Ihrem Schwager in einem heruntergekommenen Londoner Mietshaus kürzlich die Kehle durchgeschnitten beziehungsweise den Schädel eingeschlagen hat? Nein? Tja, tut mir wirklich leid. Rein zufällig war ich im gleichen Raum zugegen ...«
    Na schön, er hatte Zeit genug, um zu überdenken, wie er vorgehen wollte, wenn er erst einmal dort war. Das dringendere Problem bestand darin, die nächste Nacht lebend zu überstehen.
    Eine Herberge. Gut. Immerhin ein Anfang.
    Auch wenn Doyle sich so sicher fühlte, um seinen Mantel auf dem Bett zurückzulassen, beschloß er, die Reisetasche mitzunehmen. Er nahm in der Gaststube am Kamin Platz und blieb mit der Tasche in ständigen Fußkontakt. Ein halbes Dutzend anderer Gäste bevölkerte das gemütliche Stübchen: zwei ältere, lehrerhaft wirkende Herren, ein jungverheiratetes Paar und zwei Einzelreisende, von denen keiner in irgendeiner Hinsicht eine Bedrohung darzustellen schien.
    Doyle genehmigte sich einen Grog und musterte das eiserne Auge. Er dachte an den Ratschlag der Blavatsky. Vielleicht sollte ich einen Anhänger daraus machen; was kann es schon schaden? Dann fing sein Blick etwas ein: Schon wieder die Inderin, sie ging die Treppe hinauf. Bleibt wohl auch über Nacht. Ist nur zum Vortrag angereist. Kehrt wahrscheinlich morgen wieder nach London zurück.
    Der falsche Sacker fiel ihm ein. Er hatte sich zwar als rettender Freund dargestellt, doch wenn er wirklich ein solcher gewesen war, warum hatte er dann einen falschen Namen angegeben? Und warum gerade diesen? Bestand nicht auch die Möglichkeit, daß er mit den Schurken unter einer Decke steckte, daß er sich aus irgendeinem finsteren Zweck in sein Vertrauen einschleichen wollte? Woher sollte Doyle

Weitere Kostenlose Bücher