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Sieben

Sieben

Titel: Sieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Frost
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wissen, ob er während der Fahrt mit der Kutsche dem Großmeister der Bruderschaft nicht direkt gegenübergesessen hatte?
    Aufkommender Wind klatschte Äste gegen das Fenster. Eine Bö erfaßte das Feuer und riß Doyle aus seinen Träumen. Der Becher in seiner Hand war leer. Draußen hörte er das nervöse Wiehern von Pferden. Mit einiger Überraschung stellte er fest, daß er allein im Raum war. Wieviel Zeit war vergangen? Halb zwölf.
    Er hatte fast eine ganze Stunde hier verbracht.
    Mit dem Heulen des Windes flog die Eingangstür auf. Die Gasflammen neigten sich unter dem Ansturm der Luft, der Raum verfinsterte sich, und eine hochgewachsene, schwarzgekleidete Gestalt trat ein, deren Gesicht von einem Umhang mit Stehkragen und einem Dreispitz verborgen wurde. Der Mann schlug ungeduldig auf den Empfangstisch und schaute sich um. Doyle gehorchte einem Impuls; er duckte sich hinter einen Sessel und wich dem Blick des Eindringlings aus, obwohl er nun sein Gesicht nicht zu sehen bekam. Als er einen zweiten Blick riskierte, sah er, daß der Inhaber aus einem Hinterzimmer kam. Das Lächeln auf dem Gesicht des Wirtes erstarb sofort. Obwohl Doyle nicht verstehen konnte, was der Fremde sagte, war sein wetternder, kehliger Tonfall eindeutig bedrohlich.
    Doyle hob seine Reisetasche auf, ging diskret zur Hintertreppe und sorgte dafür, daß der Mann am Empfang ihn nicht sah. Als er hinaufging, waren die einzigen deutlichen Worte, die er vernahm, die nachdrücklich geäußerte Frageffeinen Blick ins Gästebuch zu tun - und da wußte Doyle intuitiv, daß der Mann nach ihm suchte.
    »Na schön«, murmelte er vor sich hin, als er durch den Korridor schlich und den Schlüssel ins Schloß steckte. »Dann will ich mal meinen Mantel holen und mich auf den Weg machen.« Gönn dir eine kleine Pause, Doyle; wenn sie schon wieder deinetwegen gekommen sind, erscheinen sie zumindest diesmal eindeutig in menschlicher Gestalt.
    Er trat ein und sah, daß das Fenster an der Wand gegenüber offen stand. Der Regen setzte gerade ein und benetzte die Fensterbank. Doyle trat heran, um es zu schließen, doch als er zum Griff hinauslangte, lief es ihm angesichts des Bildes, das sich unten auf der Straße bot, eiskalt über den Rücken.
    Vor dem Eingang der Herberge stand die gleiche pechschwarze Kutsche, die Sacker und er in der Nacht der Seance gesehen hatten. Eine Gestalt mit einer schwarzen Kapuze hielt die Zügel vier schwarzer Rösser. Doyle zog das Fenster zu. Die Gestalt schaute im gleichen Moment hoch. Die Kapuze rutschte nach hinten, und Doyle sah, daß das Gesicht von einer grauen Vermummung bedeckt war. Die Gestalt deutete in seine Richtung und stieß ein ohrenbetäubend schrilles Winseln aus.
    Doyle knallte das Fenster zu, griff in der Reisetasche nach der Pistole und eilte zur Tür. Als er durch den Flur schritt, hörte er von unten Schmerzensschreie. Sie mißhandelten den armen Wirt. Schweinehunde, ich werde euch mit Blei vollpumpen! Er wollte gerade die Treppe hinuntereilen, um sich ihrer anzunehmen, als er sich nähernde Schritte vernahm. Dann ein anderes Geräusch ...
    »Pssst.« Wo kam das her?
    »Pssst.« Am Ende des Korridors stand die Inderin in der halb geöffneten Tür und winkte Doyle mit einem Finger heran. Doyle zögerte.
    »Beeilung, Doyle, um Gottes willen«, sagte die Frau. Mit der Stimme eines Mannes.
    Doyle eilte zu ihrer Tür und trat ein, als die Angreifer hinter ihm das Stockwerk erreichten und zu seinem am Ende des Flurs liegenden Zimmer eilten. Sein Gegenüber nahm den langen Schleier ab, und Doyle sah zum ersten Mal sein Gesicht. »Sie ...«
    »Helfen Sie mir aus den Kleidern«, sagte der Mann, der sich ihm in London als Professor Armond Sacker vorgestellt hatte. Doyle starrte ihn mit offenem Mund an. Auf dem Korridor ertönte das Geräusch schwerer Schläge und splitternden Holzes. »Seien Sie nicht affig, Doyle die haben gerade gemerkt, daß Sie nicht in Ihrem Zimmer sind.«
    Doyle half dem Mann beim Ablegen des ausgepolsterten Saris. Darunter enthüllte er die gleichen schwarzen Kleider, die er in der Nacht ihrer Begegnung getragen hatte. Er griff nach einem Handtuch und wischte sich hastig die braune Schminke aus dem Gesicht.
    »Sie sind mir gefolgt«, war alles, was Doyle herausbrachte.
    »Mari hat Sie schneller gefunden, als ich erwartet habe«, sagte der Mann. »Es ist ganz allein meine Schuld.« Er warf das Handtuch beiseite. »Ist Ihre Pistole geladen?«
    Doyle überprüfte die Trommel. »Nein, ich habe es

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