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Sieben

Sieben

Titel: Sieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Frost
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sind Sie auch zum Dinner hier, meine Herren?«
    »Wir sind etwas früher als geplant eingetroffen«, sagte Sparks, der ihn nicht erschrecken wollte.
    »Dann sind Sie ja die ersten!« sagte Ruskin und unternahm einen Versuch, seine Fettmassen vom Hocker zu erheben. »Willkommen, willkommen! O je, meine Herren, bitte verzeihen Sie, daß ich Ihnen nicht angeboten habe, Ihnen das Gepäck abzunehmen.«
    »Geht schon in Ordnung, Ruskin«, sagte Sparks, »unser Kutscher hat sich schon um alles gekümmert.«
    »Sind Sie sicher? Vielleicht sollte ich Ihre Kutsche in den Stall fahren ...«
    »Danke, Ruskin, aber auch das ist schon erledigt.«
    »Vielen Dank, Sir.« Ruskin nahm wieder auf seinem Schemel Platz, wobei er sichtlich in sich zusammensackte; seine Haut nahm einen noch dunkleren Grauton an.
    »Fühlen Sie sich nicht wohl?« fragte Doyle.
    »Ich bin etwas müde, Sir«, sagte Ruskin kurzatmig, wischte sich mit dem Lumpen reichlich Schweiß von der Stirn und beschmierte seine Brauen mit metallischem Schwarz. »Um die Wahrheit zu sagen, ich könnte schon ein Schläfchen vertragen, bevor die Festivitäten beginnen. Ein paar Minütchen würden mir genügen, aber wie Sie sehen, ist noch so viel zu tun.«
    »Erwarten Sie denn viele Gäste zum Silvesterabend, Ruskin?« fragte Sparks.
    »Ja, Sir, an die fünfzig. Es wird ein großes Fest. In diesem Jahr übertrifft der Herr sich selbst.«
    »Der Herr ist im Hause, Ruskin?«
    »Ja, Sir«, sagte Ruskin mit einem erschöpften Seufzer, wobei ein Anflug von Feuchtigkeit in seinen Augenwinkeln sichtbar wurde. »Er ist außer sich. Und wie! Will seine Räume nicht verlassen. Schreit mich durch die Tür an. Will sein Frühstück nicht essen.«
    »Könnten Sie uns den Weg zu ihm zeigen?« fragte Sparks.
    »Ich glaube nicht, daß der Herr in diesem Augenblick gestört werden will, Sir bei allem gebotenen Respekt. Er fühlt sich in letzter Zeit nicht wohl. Er fühlt sich gar nicht wohl.«
    »Ich verstehe Ihre Besorgnis, Ruskin. Vielleicht würde es Sie beruhigen, wenn unser Dr. Doyle ihn kurz untersucht?«
    »Oh, Sie sind Arzt, Sir?« sagte Ruskin. Er schaute auf, sein Gesicht erhellte sich und erinnerte nun an einen aufgehenden Vollmond.
    »Jawohl«, sagte Doyle und hob zum Beweis die Reisetasche in die Höhe.
    »Wenn Sie uns den Weg zu den Räumen Ihres Herrn zeigen könnten«, sagte Sparks, »stören wir Sie auch nicht mehr bei der Arbeit.« Als Ruskin einen neuen schwerfälligen Versuch unternahm aufzustehen, fügte er hinzu: »Es ist nicht nötig, daß Sie uns anmelden, Ruskin, ich bin sicher, daß wir ihn schon finden. Sind seine Räume in diesem Stockwerk?«
    »Ganz am Ende des Korridors. Die letzte Tür rechts. Bitte, klopfen Sie vorher an.«
    »Vielen Dank, Ruskin. Das Silber sieht prächtig aus.«
    »Glauben Sie wirklich, Sir?« sagte Ruskin, dessen Augen in mitleiderregender Dankbarkeit leuchteten.
    »Ich bin sicher, das Dinner wird ein großer Erfolg«, sagte Sparks. Er bedeutete Doyle, ihm zu folgen und wies auf den Korridor. Doyle blieb stehen.
    »Wozu dient der Wall, Ruskin?« fragte Doyle.
    Ruskin schaute ihn an, sein Gesicht war ein einziges Fragezeichen. »Welcher Wall, Sir?«
    »Der Wall draußen.«
    »Ich weiß nicht im geringsten, was Sie meinen, Sir«, sagte Ruskin mit verdutztem, aber aufmerksamem Interesse.
    Sparks signalisierte Doyle, das Thema nicht weiter zu verfolgen. Doyle nickte und schritt vorsichtig über das Silberfeld hinweg. Als er Ruskin näherkam, sah er, daß die Lippen des Mannes völlig ausgedörrt und blasig und seine Augen rot entzündet waren. Er legte eine Hand auf Ruskins bleiche Stirn; sie war fieberheiß. Ruskin starrte mit der blinden Verehrung eines geliebten, sterbenden Hundes zu ihm auf.
    »Sie fühlen sich nicht sehr wohl, Rusfin, wie?« sagte Doyle leise.
    »Nein, Sir. Nicht sehr wohl, Sir.«
    Doyle zückte sein Taschentuch, tauchte es in die Wasserschüssel und wischte vorsichtig den Schmutz von Ruskins Stirn. Wasserperlen liefen über sein breites Gesicht, die er gierig mit der Zunge aufleckte.
    »Ich würde es für eine gute Idee halten«, sagte Doyle, »wenn Sie auf Ihre Kammer gingen und sich ein wenig ausruhten.«
    »Aber die Vorbereitungen, Sir ...«
    »Machen Sie sich keine Sorgen. Ich werde mit Ihrem Herrn sprechen. Und ich bin sicher, auch er ist der Meinung, daß das Dinner viel besser ausfallen wird, wenn Sie sich ordentlich erfrischt haben.«
    »Ich bin so schrecklich müde, Sir«, sagte Ruskin. Er war unendlich dankbar

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