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Sieben auf einen Streich

Sieben auf einen Streich

Titel: Sieben auf einen Streich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amei Müller
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Kampf mit Ungeziefer, denn sie hatte in
Polen mit dergleichen umzugehen gelernt, bereits an der Arbeit. Sie nahm die
Betten im Kinderzimmer auseinander, schüttelte Kissen und Decken zum Fenster
hinaus und unterzog die Matratzen einer genauen Musterung...«
    »Hat sie die Flöhe gefunden, Tante
Amei?«
    »Eine Zeitlang schien es so. Dann
allerdings gewannen wir den Eindruck, daß ein einziger übriggeblieben war, ein
besonders blutgieriger Bursche, der von einem Familienmitglied zum anderen
hüpfte, einen Rüssel voll Blut kostete, um sich sogleich nach besserem
umzusehen. Selbst vor unserem Vater schreckte das böse Tier nicht zurück, und
nicht vor Talar und Kanzel. Denn als Vater, nachdem er gerade zum stillen Gebet
auf der Kanzel niedergekniet, mit unfeierlicher Heftigkeit wieder hochschnellte
und auch im weiteren Verlauf der Predigt Unruhe zeigte, als er das ›Amen‹
früher als gewohnt hervorstieß und fluchtartig die Kanzel verließ, da wußten
die Gemeindemitglieder nicht, was sie davon halten sollten, ob der Geist über
ihn gekommen oder der Teufel.
    Wir aber in der Pfarrbank wußten genau,
wer da am Werke war. Mutti und Else warfen sich einen Blick zu, und damit war
der Untergang des Flohs beschlossen. Am nächsten Tag schon gingen sie zum
Angriff über, brachen mit einem so fürchterlichen Großputz über uns herein, daß
das ganze Haus in Seifenlauge schwamm und wir beinahe ertranken. Vermutlich hat
es ihn bei dieser Gelegenheit auch erwischt, den Floh, denn seitdem stach und
hüpfte er nie wieder. Ich muß allerdings hinzufügen, daß mein Vater vor dem
Großputz unter Protest das Haus verließ, um Besuche zu machen. Es könnte
möglich sein, daß der Floh ihn begleitete und als Geschenk des Pfarrers in
einem neuen Wirkungsfeld tätig wurde.«
    »Schade, daß ihr ihn nicht mehr habt«,
sagte Jette. »Flöhe kann man dressieren. Ihr hättet einen Haufen Geld mit ihm
verdienen können. Und wie war’s mit den Läusen?«
    »Bei Fränzchen hatten sie sich im Zopf
einquartiert. Ich kann dir versichern, es war ein Drama! Mutti brach fast
zusammen ob dieser Schande. Läuse im Pfarrhaus!
    Aber Else wußte auch hier Rat. Sie nahm
Fränzchen zwischen die Knie, rieb ihren Kopf mit fürchterlich stinkendem Öl
ein, band ein Handtuch über die ganze Schande und gebot dem kleinen
Schmutzfink, still im Haus zu bleiben und sich nirgends sehen zu lassen.
    Fränzchen streifte stinkend durch das
Haus, betrachtete ihren Turbankopf im Spiegel und fand Wohlgefallen daran. Es
dünkte sie jammerschade, daß niemand diese Pracht bewundern und die
interessanten Umstände erfahren sollte, in denen sie sich gerade befand. Also
stellte sie sich ans Fenster und sah draußen auf der Straße die größte
Klatschbase des Dorfes vorübergehen. Dieser Versuchung konnte sie nicht
widerstehen. Sie riß das Fenster auf, beugte sich weit hinaus und schrie mit
lauter und freudiger Stimme: ›Frau Ladenbusch, ich hab’ Läus!!‹«
    Henriette lachte. Seit sie der Kindheit
entwachsen, geschah dies nur noch selten, aus Spott etwa oder um ihre
Verachtung kundzutun, scharf dann und hart. Nun aber lachte sie wie früher, den
Kopf zurückgeworfen, herzhaft und schallend.
    Vater Florian, der vor uns dem Rathaus
zustrebte, blieb stehen, hob ungläubig horchend den Kopf und drehte ihn dann in
unsere Richtung, um seine Tochter lachen zu sehen.
    »Ja Jettchen«, stammelte er
fassungslos, »lachst du etwa?«
    Da legte sie schnell beide Hände vors
Gesicht, als schäme sie sich, gluckste noch ein paarmal und lief hinter Gitti
her, um von ihr weitere interessante Neuigkeiten aus der Vergangenheit zu
erfahren.

Wubbels Heldentat
und Christophs Niederlage
     
     
    In der Diele des Rathauses standen noch
andere Besichtigungswillige. Auch Fränzchen wartete dort, Hand in Hand mit dem
Harztiger. Kaum hattedie Familie das Pärchen entdeckt,
so schwappte eine Welle der Empörung zu den beiden hinüber, ausgesandt in
Sonderheit von den Männern der Familie, den Brüdern: Michael, Stefan und
Christoph, und den Schwägern: Florian, Klaus-Peter und Manfred. In ihren Augen
stand geschrieben, was ihre Lippen bei dem Überholmanöver gesprochen hatten.
    Aber siehe, die Mauer des Hasses begann
zu bröckeln, zwei Steine fielen, zwei Abtrünnige bahnten sich den Weg durch die
Menge der Besucher und strebten, wie von Magneten gezogen, in die Nähe der
beiden Liebenden. Henriette war es und Mathias.
    Henriette sah Fränzchen mit anderen
Augen, sah statt der ärgerlichen

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