Sieben in einem Auto
über der Tür, dem Bauernkalender an der Wand und dem Tellerbord über der Sitzbank viel interessanter. Und auch die alte Frau, die nur sprechen konnte, nachdem sie tief Luft geholt und auf den Knopf an ihrem Hals gedrückt hatte, nötigte ihr mehr Aufmerksamkeit ab. Zu gern hätte sie sie gefragt, warum das Knopfdrücken und das tiefe Einatmen nötig waren, ob vielleicht eine Krankheit die Ursache sei. Aber sie fand nicht den Mut zu dieser Frage. So blickte sie Frau Pfister nur jedesmal, wenn sie sprach, verstohlen auf Mund und Hals. Die alte Frau, sicherlich längst daran gewöhnt, daß Fremde sich über ihr behindertes Sprechen verwunderten, merkte, was in Conny vorging, und gab die Antwort ungefragt.
„Bittschön“, sagte sie, „bei mir dauert’s Sprechen a bißl länger seit der dritten Kehlkopfoperation, ich muß allweil das Knopf] drücken, und nur beim Ausatmen krieg ich einen Ton heraus. Ich hab mich dran gewöhnt, mich störts wenig. Es gibt Leut, die schlimmer dran sind.“
Christine, die ein Herz hatte für alle Kreaturen, von denen sie annahm, daß sie ein schweres Leben führten, einerlei, ob Mensch oder Tier, lächelte Frau Pfister fortwährend an, um ihr damit ihre Anteilnahme und Zuneigung zu zeigen und sie ein wenig wegen ihres dreimal operierten Kehlkopfes zu trösten.
„Du bist aber mal ein sehr freundliches Maderl“, sagte Frau Pfister, die das natürlich merkte, „und gesund schaust aus, wie heißt denn du?“
„Ich heiße Christine“, sagte Christine. „Und sie heißt Conny. Der kleine Pöks da bei der Mama ist der Stefan. Draußen die beiden, das sind Sascha und Jan.“
„Woll, woll“, staunte die alte Dame, „solche Namen sind bei uns gar nicht bekannt. Hier heißen die Leut alle Rosa und Toni und Alois und Traudl und Steffi.“
Herr Heger klopfte sich aufs Knie.
„Jetzt möchte ich gerne mit dem Auspacken beginnen“, sagte er. „Wenn Sie mir bitte den Hausschlüssel geben würden!“
„Woll, woll“, antwortete Frau Pfister, indem sie aufstand und den großen Schlüssel aus der Schrankschublade herausnahm. „Sie kennen sich im Haus ja schon aus. Am besten fahren ‘S mit dem Wagen direkt vor die Haustür, dann brauchen ‘S nicht den Hang hochzuhatschen.“
Herr Heger nickte, zu seiner Frau sagte er: „Bleib du nur noch hier sitzen mit dem Kleinen, ich schaffe es allein, die Großen helfen ja mit. Kommt, Christine und Conny, ihr wollt euch doch bestimmt eure Zimmer allein aussuchen.“ Draußen standen Sascha und Jan sich an dem Wassertrog gegenüber und führten eine erbitterte Schlacht. Beide waren durch und durch naß. Das Haar hing ihnen strähnig ins Gesicht, und das Wasser lief aus ihren kurzen Hosenbeinen heraus.
„Was ist euch denn?“ rief Herr Heger. „Hättet ihr dazu nicht besser eure Badehosen anziehen sollen?“
„Warn keine da“, antwortete Jan, „sind alle noch im Auto. Macht auch so Spaß.“
„Das glaub ich“, sagte Herr Heger, „aber jetzt ist Schluß mit der Wasserpatscherei, jetzt brauch ich die Hilfe starker Männerfäuste! Lauft schon den Hang hinauf, ihr müßt beim Einräumen helfen!“ Damit stieg er ins Auto und fuhr im Rückwärtsgang die schräge Zuwegung, die von der Straße zum Hof führte, wieder hinauf. Dreißig Meter Vorwärts-Fahrt, und er stand vor der Eingangstür des kleinen Holzhäuschens, genau unter einem alten Birnbaum, der seine Äste schattenspendend über alle hielt, die das Haus betraten.
„Ich wohn oben!“ rief Jan, kaum daß er die zwei Stufen zur Tür hochgestürmt war.
„Mir egal“, sagte Herr Heger, „einigt euch nur. Wenn ihr wollt, könnt ihr auch alle oben wohnen, es sind ja zwei Zimmer da.“
„Nee“, sagte Conny, „ich bleib lieber unten. Das Zimmer ist größer und der Balkon auch.“
„Den kannst du gerne haben“, sagte Sascha grinsend, „und den Gestank vom Lokus noch dazu, der wird dir frei Haus geliefert.“
„Spinner!“ rief Conny. „Der Lokus stinkt überhaupt nicht. Riechst du etwa was?“
„Jetzt natürlich nicht“, sagte Sascha grienend, „aber wenn einer draufsitzt, wirst du bestimmt aufs feinste parfümiert.“
„Keine Sorge“, sagte Herr Heger. „Ich wette, daß man hier im Haus nichts vom Klo riecht. Also habt ihr euch entschieden?“
„Ich bleibe unten“, rief Conny. „Nicht, Christine, du willst doch auch bestimmt lieber mit mir in dem großen Zimmer schlafen?“
Christine nickte.
„Na dann“, rief Herr Heger, „auf geht’s! Ihr nehmt die
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